Der gute Hirte

Schon zu Beginn des neuen Jahres wurde „Der gute Hirte“ als einer der viel versprechenden Filme des Jahres 2007 angekündigt. Auf der Berlinale wurde er zudem mit dem Silbernen Bär 2007 ausgezeichnet. Johannes Michel war im Kino und äußert sich gespalten.

Der gute Hirte (The Good Shepard)
Spionage-Thriller, USA 2006. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 167 Minuten.
Mit: Matt Damon, Robert De Niro, Angelina Jolie, Alec Baldwin, Tammy Blanchard, Billy Crudup, Keir Dullea, Michael Gambon, Martina Gedeck, William Hurt u.a. Regie: Robert De Niro

Warum steht das Wort CIA ohne Artikel? – Würden Sie vor Gott einen Artikel setzen?!

1939: Edward Wilson (Matt Damon) studiert an der Yale-Universität Lyrik. Dort tritt er in die renommierte Verbindung „Skull And Bones Society“ ein, die als Elite-Gruppierung zählt und schon zahlreiche einflussreiche Männer, unter anderem einen US-Präsidenten, hervorgebracht hat. Bald darauf lernt er Bill Sullivan (Robert De Niro) kennen, der ihn für das Office Of Strategy Service (OSS) rekrutiert, aus dem später der Auslands-Nachrichtendienst CIA werden sollte. Im Zweiten Weltkrieg ist Edward dann in Europa stationiert, während sein Sohn zuhause jahrelang ohne ihn aufwächst. Durch die Arbeit für den CIA wird Edward immer verschlossener und vertraut niemandem mehr, nicht einmal seiner Frau Margaret (Angelina Jolie), die er ohnehin nur geheiratet hat, weil sie ein gemeinsames Kind erwarteten.

Emotionsloses Eheleben: Edward und Margaret.

Ganz im klassischen Stil eines „Citizen Kane“ arrangiert Robert De Niro seine zweite Regiearbeit nach „In den Straßen der Bronx“ (1993). Auch hier muss der Zuschauer verstärkt mitdenken, um der Handlung wenigstens einigermaßen folgen zu können. Verwirrspiele sind an der Tagesordnung, das Leben von Edward Wilson als CIA-Mitarbeiter und Mitbegründer dieser Organisation wird hervorragend dargestellt. Leicht kann sich der Zuschauer daher in dieser Parallelwelt einfühlen, in der die oberste Devise lautet: „Traue niemandem“.

Die Besetzungsliste wartet mit einer besonderen Überraschung auf: Angelina Jolie. Sie mimt diesmal keinen Vamp, sondern spielt Hausmütterchen und Untergebene ihres Ehemanns, auch wenn sie versucht, aus der missratenen Ehe auszubrechen. Die Hauptrolle bleibt aber klar Matt Damon überlassen, der den gesamten Film hindurch seinen Gesichtszug nicht verändert. Er wirkt unnahbar und kalt, sogar, als er seinem Sohn die Nachricht vom Tod seiner Verlobten überbringt. Robert De Niro, Alec Baldwin und William Hurt tauchen nur in kurzen Nebenrollen auf, ebenso die deutsche Schauspielerin Martina Gedeck („Das Leben der Anderen“), die schon nach wenigen Minuten kaltblütig ermordet wird, weil sie auf der falschen Seite „spielt“.

„Der gute Hirte“ kommt insgesamt recht bildgewaltig daher und verschmelzt Film mit Doku. So werden Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg und von der CIA-Invasion an der Schweinebucht (Kuba) eingeblendet. Kameraführung und Regiearbeit überzeugen hierbei völlig. Auch die Ausstattung des Films kann sich sehen lassen. Für die schauspielerische Leistung erhielt der Film auf der Berlinale den 2007 den Silbernen Bären.

Was gibt es zu kritisieren? Ein Film mag noch so gut ausgestattet sein, er kann viele gute Bilder liefern und mit preisgekrönten Schauspielern aufwarten. Dennoch sollte er aber verständlich sein und als „Spionage-Thriller“ ein Mindestmaß an Spannung bieten. Und genau hier scheitert „Der gute Hirte“. Über zweieinhalb Stunden stellt sich der Kinobesucher die Frage: Warum?! Vollständig selbsterklärend muss und sollte ein Film nicht sein, dennoch muss er den Zuschauer mitnehmen können. Dies misslingt Regisseur De Niro aber. Aus diesem Grund werden wohl die meisten nach einer gewissen Zeit das Ende herbeigesehnt haben.

Fazit: Gut gespielter und überzeugend gefilmter Spionage-Film. Aber: gähnend langweilig. 5 von 10 Punkten.


Edward Wilson lernt Bill Sullivan kennen.

Das CIA-Gebäude als Baustelle.

Typischer Agent der Nachkriegszeit: Edward Wilson.
Johannes Michel, 02. März 2007. Bilder: UIP


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