Mit Smaugs Einöde geht die Reise von Hobbit Bilbo und den dreizehn Zwergen weiter. Das Ziel, der Einsame Berg, liegt zum Greifen nah. Doch unterwegs lauern allerlei Hindernisse, Gefahren und vor allem Nebenhandlungsstränge.
Der Hobbit: Smaugs Einöde (The Hobbit: The Desolation Of Smaug)
Fantasy-Abenteuer Neuseeland/USA 2013. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 161 Minuten. Kinostart: 12. Dezember 2013.
Mit: Martin Freeman, Ian McKellen, Richard Armitage, James Nesbitt, Ken Stott, Benedict Cumberbatch, Evangeline Lilly, Lee Pace, Orlando Bloom, Luke Evans, Graham McTavish, William Kircher, Stephen Hunter, Dean O’Gorman, Aidan Turner, John Callen, Peter Hambleton, Jed Brophy, Mark Hadlow, Adam Brown u.v.a. Regie: Peter Jackson. Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson, Guillermo del Toro. Nach dem Roman von J. R. R. Tolkien.
Der Hobbit: Jacksons Abwege
Nach der Sichtung von Eine unerwartete Reise erschien es irgendwie einleuchtend, warum Regisseur/Co-Autor und Produzent Peter Jackson seine Verfilmung von Tolkiens Roman Der Hobbit auf drei Filme ausgewalzt hat. Denn der erste Teil war über weite Strecken eine zu ausführliche und daher eher zähe Adaption. Doch in Teil zwei gibt es einen neuen Ansatz! Anstatt sich die Zeit für eine weiterhin ausführliche Ausarbeitung der Handlung aus dem Roman zu nehmen, versumpft der Film in Nebensächlichkeiten und Albernheiten.
Gerade noch konnten Hobbit Bilbo (Martin Freeman), Zauberer Gandalf (Ian McKellen) und die dreizehn Zwerge um Thorin Eichenschild (Richard Armitage) den Orkhorden entkommen. Die finsteren Diener des Bösen sind ihnen aber weiterhin dicht auf den Fersen. Gestaltwandler Beorn (Mikael Persbrandt) gewährt ihnen vorübergehend Unterschlupf. Um ihrem Ziel, dem Einsamen Berg, näher zu kommen, muss die kunterbunte Reisegruppe durch den Düsterwald gelangen, wo allerlei Gefahren lauern. Auf die Hilfe Gandalfs können Bilbo und die Zwerge nicht bauen. Denn der Zauberer hat eigene dringliche Pläne…
Das Ziel vor Augen
Smaugs Einöde beginnt ohne große Umschweife. Auf der Flucht vor den Orks kommen die Helden kurz bei Gestaltwandler Beorn, gespielt vom Schweden Mikael Persbrandt (Agent Hamilton), unter. Dann geht es sogleich in den gruseligen Düsterwald. Nach einem Kampf mit sprechenden Riesenspinnen werden Bilbo und die Zwerge von einer Gruppe Waldelben um Prinz Legolas (Orlando Bloom in seiner Paraderolle) und Elbenkriegerin Tauriel (Evangeline Lilly) gefangen genommen. Das alles und weitere werkgetreue Sequenzen folgen und das in einer Geschwindigkeit als wolle Peter Jackson nach dem behäbigen Vorgänger den Film in knapp zwei Stunden abarbeiten. Doch leider kommt Teil 2 irgendwann vom Weg ab und verliert sich in Nebenhandlungsstränge, die für den weiteren Verlauf unwesentlich oder gar überflüssig sind.
Als erstes beginnt mit der Zeit das unheimlich konstruierte und unnötige „Liebesdreieck“ zwischen Legolas, Tauriel und dem recht bartlosen Zwerg Kili (Aidan Turner) zu nerven. Kili wird auf der Flucht der Zwerge aus dem Düsterwald verwundet und so folgt ihm Tauriel, die wiederum „Begleitschutz“ vom Elbenprinzen erhält. War in der Herr der Ringe-Trilogie die epische Romanze zwischen Thronerbe Aragorn und Elbenfürstin Arwen noch sinnvoll (auch weil sie aus den Anhängen adaptiert und erweitert wurde) so wirkt die Story um die für die Verfilmung hinzuerfundene Elbin Tauriel äußerst bemüht und im Grunde albern.
Der zweite Bremsblock des Films ist die Handlung in Seestadt. Hier inszenieren Jackson und seine Co-Autoren ein ausuferndes Gesellschaftsdrama, nur um den Charakter des Bogenschützen Bard einzuführen. Dazwischen bleibt immer wieder massig Zeit für viele Kampfszenen mit den nicht abzuschüttelnden Orks. Die sind zwar teilweise witzig und unterhaltsam (Stichwort „Fässerballett“), aber so viel Actionanteil hätte nicht sein müssen. Diese ganzen Abweichungen haben zur Folge, dass man sich als Zuschauer zwischenzeitlich im falschen Film wähnt. Die fehlende Konzentration auf das Wesentliche lässt kaum eine Charakterentwicklung bei den Hauptfiguren zu.
Freilich ist „Der Hobbit 2“ epischstes Bombastkino mit üppigster Ausstattung und allgegenwärtigen Spezialeffekten. Ihren Höhepunkt erreicht die 3D-Technik bei den Riesenspinnen im Düsterwald, die als eindringliche und gruselige Sequenz gefällt. Ein weiteres eindrucksvolles Highlight des Film ist die Begegnung von Bilbo mit dem Titel gebenden Drachen Smaug, dem der überaus charismatische Benedict Cumberbatch (Sherlock, Star Trek Into Darkness) nicht nur im Original die Stimme leiht, sondern ihn per Motion-Capture-Verfahren auch spielt. In der Synchronfassung gelingt auch Smaugs deutscher Stimme Sascha Rotermund eine überzeugende Performance. Leider wird das intensive Psycho-Duell zwischen Hobbit und Drachen nicht richtig zu Ende geführt. Stattdessen fällt dem Regisseur wieder ein, dass da ja noch Action fehlt. Daher lässt er die Zwerge einfach mal ihre ehemalige Heimstätte zerlegen. Subtilität und Understatement waren noch nie Jacksons Stärke.
So bleibt am Ende als Gesamteindruck, dass Smaugs Einöde fast nur eine Ansammlung lose verknüpfter Episoden ist, von denen manche den Plot vorantreiben, während andere ihn ausbremsen. Irgendwo dazwischen befinden sich die Abenteuer von Zauberer Gandalf, der die Reisegruppe vor dem Düsterwald verlässt, um das Geheimnis des Nekromanten zu lösen, der in der toten Festung Dol Guldur sein Unwesen treiben soll. Schauspielerisch ist das zwar alles recht solide, aber wirklich in Erinnerung bleibt neben dem doppelten Cumberbatch (Smaug und Nekromant) nur Lee Pace (bekannt aus der märchenhaften Serie Pushing Daisies und dem Bilderrausch The Fall) als eigenwilliger, stolzer Waldelbenkönig Thranduil.
In einem Jahr, am 17. Dezember 2014, startet mit Hin und zurück der dritte und letzte Teil der Hobbit-Trilogie. In diesem vermutlich etwa dreistündigen Film werden wir sicherlich auch wieder wichtige Szenen zu sehen bekommen, die nicht aus der Vorlage stammen. Ich denke da z.B. an einen gemeinsamen Friseurbesuch von Thranduil und seinem Sohn Legolas, wo sie auf Galadriel und Gandalf treffen.
Fazit: Der Hobbit: Smaugs Einöde liefert über weite Strecken bombastisches Fantasy-Kino, vernachlässigt aber sträflich die zentrale Geschichte zugunsten von albernen Nebenkriegsschauplätzen. 5 von 10 Punkten.
Thranduil, stolzer König der Waldelben
Marius Joa, 13. Dezember 2013. Bilder: Warner/MGM.
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