Seit 2013 scheint sich ein neuer Trend im Kinoherbst zu etablieren. Denn nach Gravity (2013) und Interstellar (2014) läuft auch 2015 mit Der Marsianer ein Weltraumfilm in den Lichtspielhäusern.
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Der Marsianer – Rettet Mark Watney (The Martian)
Science-Fiction-Drama USA 2015. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 141 Minuten. Kinostart: 8. Oktober 2015.
Mit: Matt Damon, Jessica Chastain, Chiwetel Ejiofor, Jeff Daniels, Sean Bean, Kristen Wiig, Michael Peña, Kate Mara, Aksel Hennie, Sebastian Stan, Mackenzie Davis, Benedict Wong, Donald Glover u.a. Regie: Ridley Scott. Drehbuch: Drew Goddard. Nach dem Roman von Andy Weir.
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Mark Watney of Mars
Um 2030 reisen sechs Astronauten im Rahmen der Ares III-Mission auf den Planeten Mars. Die geplante zweimonatige Mission auf dem roten Planeten findet jedoch nach 18 Tagen ein jähes Ende als ein gewaltiger Sturm die Basis bedroht. Botaniker Mark Watney (Matt Damon) wird von Trümmerteilen getroffen und bleibt verschollen. Um die übrige Crew nicht weiter zu gefährden entschließt sich Kommandantin Lewis (Jessica Chastain) schweren Herzens, die Heimreise anzutreten. Watney hält man für tot. Als sich der Sturm gelegt hat, erwacht er doch und kann sich in die zurückgelassene Basis retten, obwohl sein Raumanzug nicht mehr ganz intakt ist. Nach Versorgung seiner Verletzungen analysiert Watney seine Überlebenschancen. Mit Nahrung für 300 Tage und keiner Möglichkeit, die NASA auf der Erde zu kontaktieren, muss er mindestens drei Jahre auf eine mögliche Rettung warten. Dank seiner wissenschaftlichen Fähigkeiten, gelingt es ihm in der Mars-Basis Kartoffeln anzubauen und so seinen Essensvorrat zu vergrößern.
Auf der Erde sind alle von Marks Tod überzeugt, bis die Mission-Control-Mitarbeiterin Mindy Park (Mackenzie David) plötzlich Bewegungen auf den Mars-Satellitenbildern erkennt. Eine Kommunikationsmöglichkeit mit Watney wird installiert. Das Team um NASA-Direktor Teddy Sanders (Jeff Daniels), Flugdirektor Mitch Henderson (Sean Bean) sowie Bruce Ng (Benedict Wong), dem Chef des Jet Propulsion Laboratory, arbeiten fieberhaft an einer neuen Rakete, um Watney weitere Versorgungsgüter zu schicken. Nach einiger Zeit erfährt auch die sich immer noch auf der Heimreise befindliche Ares III-Crew vom Überleben des Kollegen…
Seit seinen frühen Science-Fiction-Erfolgen mit Alien (1979) und der Philip K. Dick-Adaption Blade Runner (1982) drehte der britische Star-Regisseur Ridley Scott (77) größtenteils (teilweise halbgare) Historienfilme (z.B. 1492: Die Eroberung des Paradieses, Gladiator, Königreich der Himmel, Robin Hood) oder gelegentlich auch harte Gangsterdramen (American Gangster, The Counselor). Nach dem eher zwiespältig aufgenommenen „Alien“-Prequel Prometheus (2012) sollte Scott mit der Roman-Verfilmung Der Marsianer wieder zu alter Stärke zurückfinden, und das ohne großen Effekte-Overkill.
Auch wenn die oben genannten Weltraumfilme in punkto Bildgewalt und epischer Dimensionen beeindrucken konnte, so waren sie vor allem dramaturgisch nach allzu gängigsten Mustern gestrickt, was den besonderen Status etwas schmälerte. Nicht so Der Marsianer. Die Verfilmung des gleichnamigen, 2011 erschienenen, Romans von Andy Weir erzählt kontinuierlich und – fast möchte man sagen – unspektakulär den Überlebenskampf von Astronaut Mark auf dem Mars sowie die Bemühungen auf der Erde und im Weltall, ihn zu retten. Romanvorlage und Drehbuch verzichten auf Hollywood-Klischees wie eine für Blockbuster nur allzu übliche Liebesgeschichte oder einen oft eindimensionalen Gegenspieler des Helden. Lediglich etwas Kompetenzgerangel sorgt für Unruhe bei der NASA was den Direktor der Weltraumbehörde, gespielt von Jeff Daniels, bisweilen in einem weniger guten Licht dastehen lässt.
Ansonsten sitzt bei Scotts 23. Regiearbeit jeder Handgriff. Die eindrucksvollen Bilder von den kargen Marslandschaften entstanden in Wadi Rum (Jordanien). Für die Innenaufnahmen wählte man die Korda Studios in der Nähe von Budapest aufgrund ihrer großen Aufnahmehallen mit einer Gesamtfläche von 15 000 Quadratmetern. Außerdem wurde eine exakte Nachbildung des Mars Rovers gebaut. Die NASA unterstützte die Filmcrew in punkto wissenschaftliche und technische Errungenschaften. Das kongeniale Zusammenwirken der unterschiedlichen Produktionsbereiche macht das ungewöhnliche Raumfahrt-Abenteuer zu einem ausgewogenen Filmerlebnis, welches trotz nicht zu unterschätzender Laufzeit nie langweilig wird.
Bei aller Stimmigkeit fällt beim Marsianer aber auch auf, dass die Situation von Mark Watney zu positiv dargestellt wird. Dank seiner Fachkenntnisse und der ihm zur Verfügung stehenden Ausrüstung kann sich der unfreiwillige Mars-Bewohner sehr lange am Leben halten. Und es gibt auch ein, zwei Rückschläge, die ihn an seiner Rettung zweifeln lassen. Aber eine wirkliche emotionale oder psychologische Krise erlebt er zu keinem Zeitpunkt, was angesichts seiner aussichtslosen Situation unplausibel erscheint. Dadurch wird der recht realistische Ansatz des Films etwas ad absurdum geführt.
Natürlich existieren Parallelen unter den drei Weltall-Streifen der Jahre 2013, 2014 und 2015. Auch in Christopher Nolans Interstellar verkörperte Matt Damon einen Astronauten, der allein auf einem entfernten Planeten gestrandet war und auf Rettung wartet. Die waghalsige Rettungsaktion am Ende von Der Marsianer hätte genauso auch in Gravity ablaufen können. Die zeitlichen und räumlichen Dimensionen, in welchen sich eine mehrere Jahre umfassende Marsmission bewegt, wurde auch schon in bei Interstellar thematisiert und dort noch in viel extremerer Weise. Insgesamt haben alle drei Filme eine leicht unterschiedliche Herangehensweise an das Thema interplanetare bzw. interstellare Reisen und daher auch unterschiedliche Qualitäten. Vielleicht liegt die Zukunft des SciFi-Kinos ja nicht in überbordenden Schlachten à la Star Wars oder Star Trek sondern in Fortschrittszenarien der bemannten Raumfahrt.
Fazit: Der Marsianer dokumentiert auf unaufgeregte Weise den Überlebenskampf seines Protagonisten auf dem unwirtlichen roten Planeten. 8 von 10 Punkten.
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Marks Kollegen sind bereits auf der langen Heimreise
Unfreiwilliger Farmer auf dem Mars
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Marius Joa, 25. Oktober 2015. Bilder: Fox.
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