Allein der Titel „Der Teufel trägt Prada“ schürt Erwartungen beim Kinopublikum. Schließlich fragt sich jeder sofort, warum das italienische Modeunternehmen diesen Titel nicht zu verhindern wusste. Vielleicht, weil nicht viel dahinter steckt? Johannes Michel war im Kino und beantwortet diese und andere Fragen.
Drama/Komödie, USA 2006. FSK: ohne Altersbeschränkung. 109 Minuten.
Mit: Meryl Streep, Anne Hathaway, Stanley Tucci, Emily Blunt, Simon Baker, Adrian Grenier, Tracie Thoms u.a. Regie: David Frankel.
Prada(s) könnte(n) auch teuflischer sein
Andy Sachs (Anne Hathaway), die mit der Modewelt nun so gar nichts am Hut hat, kommt zu einem Job in dieser wie die Jungfrau zum Kind. Sie bewirbt sich, ohne zu ahnen, worauf sie sich da einlässt, bei Amerikas größter Modezeitschrift „Runway“. Kaum hat sie das Verlagsgebäude betreten und steht der Assistentin der Chefredakteurin Miranda Priestly (Meryl Streep), Emily (Emily Blunt), gegenüber, ist dem Zuschauer schon bewusst, dass Andy in keinster Weise in diese Welt passt.
Dennoch bekommt sie den Job, da die überheblich wirkende Chefredakteurin mit ihren letzten zweiten Assistentinnen stets negative Erfahrungen machen musste, vielleicht gerade deswegen, weil sie den Job nur als Karrieresprungbrett nutzen wollten. In den folgenden Wochen und Monaten gelingt es ihr, sich nach oben zu arbeiten – allerdings erst, als sie beginnt, sich der ihr fremden Welt anzupassen und selbst ebenfalls Gucci, Prada und Lagerfeld trägt, ob als Kleid, Handtasche, Rock, Sonnenbrille oder Schuh.
Als ihr Privatleben aber mehr und mehr darunter leidet und sie ihren langjährigen Freund Nate (Adrian Grenier) verliert, findet sie kurz vor dem großen Durchbruch doch auf ihren alten Weg zurück und beginnt, sich von der Glamourwelt abzunabeln.
Gespann an der Spitze der „Runway“: Nigel (Stanley Tucci) und Miranda Priestly.
Entwicklungsstufen: „Hässliches Entlein“, stolzer Schwan, hässliches Entlein. Nach diesem Muster operiert „Der Teufel trägt Prada“. Der Film basiert auf einer Romanvorlage von Lauren Weisberger aus dem Jahr 2003, der sich sechs Monate am Stück in der Bestsellerliste der New York Times hielt. Die Autorin arbeitete einige Jahre bei der Modezeitschrift „Vogue“. Vielleicht aus diesem Grund sehen viele Experten in der Rolle der Miranda Priestly die Vogue-Chefredakteurin Anna Wintour. Als Meisterwerk wurde der Roman damals nicht gefeiert, er schwamm eher auf der Erfolgswelle von Fernsehserien wie „Sex And The City“ oder „Desperates Housewives“.
Mit der Besetzung der Runway-Chefredakteurin mit Meryl Streep steht und fällt „Der Teufel trägt Prada“. Die Rolle des Emporkömmlings Andy Sachs, die solide von Anne Hathaway verkörpert wird, ist im Endeffekt eher Nebensache. Meryl Streep verleiht Miranda Priestly einen zunächst derart unsympathischen Touch, dass jedem Kinobesucher der eigene Chef handzahm erscheint. Ab einem gewissen Zeitpunkt empfindet der Zuschauer aber in gewisser Weise Mitleid mit ihr, da ihr ebenfalls das Privatleben aus dem Ruder läuft und sie nur noch für ihren Job lebt – dies aber gerne. Als Chefin wirkt sie wie eine Betonmauer, die selbst ein Tornado nicht umwehen kann: Morgens knallt sie ihren Assistentinnen die Jacke auf den Schreibtisch, bestellt Kaffee oder Essen, das sie dann aufgrund anderer Termine oder einfach aus Unlust stehen lässt. Nach Arbeitsschluss nimmt sie keine Rücksicht auf ihre Angestellten – da klingelt auch gerne mitten in der Nacht noch mal das Handy. Meryl Streep passt optimal in diese Rolle, ohne sie würde „Der Teufel trägt Prada“ schlicht und einfach scheitern.
Bleibt die Frage: Ist dieser Film ein reiner Frauenfilm? In den ersten 90 Minuten nicht. Da wird die Entwicklung einer „braven“ jungen Frau zum Modepüppchen und Hingucker für Männer gezeigt. Allerdings müsste es dann auch dabei bleiben, Andy müsste sich in dieser Welt durchzusetzen versuchen und ihrer Chefin Konkurrenz machen. Leider geschieht genau das nicht, der Film endet, wie zu erwarten: Andy besinnt sich, kehrt in ihr altes Leben zurück und steht der Modewelt äußerst skeptisch gegenüber, obwohl diese ihr in den vergangenen Monaten durchaus auch Vorteile gebracht hat. Viel spannender wäre hier die Antithese gewesen.
Fazit: Nettes Filmchen mit einer überzeugenden Meryl Streep, der zu wenig aus seinen, durchaus vorhandenen, Möglichkeiten macht. Der vielversprechende Titel kann die Erwartungen nicht erfüllen. 4 von 10 Punkten.
Noch ein „hässliches Entlein“: Andy (Anne Hathaway).
Entwicklung durchgemacht: Andy nach dem Umstylen.
Myriam E. Michel und Johannes Michel, 15. Oktober 2006. Bilder: Fox.
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