Die rote Schildkröte

Studio Ghibli. Mit diesem Namen verbindet man phantastische Animationsfilme, die überwiegend ohne Computertricks entstanden sind. Die Rote Schildkröte, der neueste Film aus der japanischen Trickfilm-Schmiede, setzt diese Tradition eindrucksvoll fort.

9-10Die rote Schildkröte (La tortue rouge)
Zeichentrickfilm Frankreich, Belgien, Japan 2016. 80 Minuten. Kinostart: 16. März 2017. Regie: Michael Dudok de Wit. Drehbuch: Michael Dudok de Wit und Pascale Ferran. Musik: Laurent Perez del Mar.

Die rote Schildkroete_Poster

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Turtle Of Life

Ein Mann erleidet Schiffbruch und strandet auf einer einsamen Insel. Nachdem er sich mit Wasser und Nahrung versorgen konnte, baut er ein Floß, um von dem Eiland wegzukommen. Doch eine große rote Schildkröte hindert ihn an seinem Vorhaben. Der Mann attackiert die Schildkröte voller Wut und sie bleibt leblos am Strand liegen. Nach einigen Tagen verwandelt sie sich über Nacht in eine rothaarige Frau. Der Mann und die Frau nähern sich einander an und werden ein Paar. Gemeinsam ziehen sie ihren Sohn groß, der mit Meeresschildkröten um die Wette schwimmt…

Die rote Schildkroete_SchildkroeteNachdem ich bereits 2015 und 2016 gute Erfahrungen in der Sparte machen konnte, war ich erfreut zu lesen, dass auch beim diesjährigen Internationalen Filmwochenende in Würzburg ein Animationsfilm gezeigt wird, und nicht irgendeiner. Die rote Schildkröte gehört nicht nur zu den aktuellen nominierten Oscar-Filmen in der Kategorie „Animated Feature“, sondern ist auch in allen Belangen ein bemerkenswertes Werk.

Die 1985 gegründete Trickfilm-Schmiede Studio Ghibli erarbeite sich in den letzten 30 Jahren mit preisgekrönten Werken wie Mein Nachbar Totoro (1986), Die letzten Glühwürmchen (1988), Prinzessin Mononoke (1997), Chihiros Reise ins Zauberland (2001) oder Das wandelnde Schloss (2004) großes internationales Ansehen. Der Erfolg des Studios ist eng mit Hayao Miyazaki, dem Mitgründer und häufigen Regisseur/Autor der Leinwand-Animes, verbunden. 2013 ging Miyazaki in den Ruhestand. Für den neuesten Film, Die rote Schildkröte, arbeite Studio Ghibli mit französischen und belgischen Animationsstudios zusammen. Regie führte der in London lebende Niederländer Michael Dudok de Wit, 2001 für seinen animierten Kurzfilm Father And Daughter mit einem Goldjungen ausgezeichnet. Bei der bevorstehenden Oscar-Verleihung am 26. Februar 2017 wird wie so oft eines der Werke der Hollywood-Animationsgiganten ausgezeichnet werden. Auch wenn es Die rote Schildkröte mehr als verdienen würde. Denn dieses 80minütige Meisterwerk der minimalistischen Trickfilmkunst ist einfach wunderschön.

Die Geschichte ist denkbar einfach strukturiert und kommt ohne Dialoge aus. Man könnte auch treffender sagen, dass der Inhalt auf das wesentliche reduziert ist. Das Gesamtwerk wirkt auch deshalb so stimmig weil Zeichenstil und Story zwar vordergründig minimalistisch sind, auf den zweiten Blick jedoch mehr Detailreichtum und Tiefe zu bieten haben. Das Geschehen driftet zwar immer etwas ins Märchenhaft-Träumerische ab, die flüssigen Bewegungen der Figuren und die realistische Farbgebung erden das Filmerlebnis. Manch anderem Zuschauer mag es vielleicht etwas kitischig vorkommen, aber mich haben einige Szenen durch das ergreifende Zusammenspiel der Bilder mit der Musik von Laurent Perez Del Mar (aufgenommen vom Macedonian Radio Symphonic Orchestra und Sopranistin Julia Wischniewski) tief bewegt.

Die rote Schildkröte startet am 16. März 2017 in den deutschen Kinos.

Fazit: Franko-Belgische Zeichenschule trifft auf japanische Animationsfilm-Tradition. Bewegende und wunderschöne, magisch-realistische Fabel über den Kreislauf des Lebens. 9 von 10 Punkten.


Die rote Schildkroete_Bambuswald

Die rote Schildkroete_Familie

 

Marius Joa, 31. Januar 2017. Bilder: Universum Film.


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