Neben Sherlock Holmes ist der Vampirfürst Dracula die literarische Figur mit den meisten Verfilmungen. Eine etwas andere Geschichte erzählt Dracula Untold, in welchem ein transsylvanischer Fürst eine folgenschwere Entscheidung trifft…
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Dracula Untold
Fantasy-Drama USA 2014. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 92 Minuten. Kinostart: 2. Oktober 2014.
Mit: Luke Evans, Dominic Cooper, Sarah Gadon, Art Parkinson, Diarmaid Murtaugh, Charles Dance, Paul Kaye, Ronan Vibert u.v.a. Regie: Gary Shore. Drehuch: Matt Sazama und Burk Sharpless.
Dracula Begins
Fast könnte man von einem Fluch des Luke Evans sprechen. Denn der walisische Schauspieler spielte bisher ordentliche oder gar gute Nebenrollen in durchwachsenen bis schwachen Filmen. Etwa die griechischen Götter Apollon und Zeus in Kampf der Titanen (2010) bzw. Krieg der Götter, Aramis in Die drei Musketiere (2011)oder die Rolle des Bard in der Hobbit-Trilogie von Peter Jackson. In Dracula Untold erhält der 35jährige seine erste Hauptrolle in einem großen Blockbuster. Wobei Evans am wenigsten etwas dafür kann dass auch dieser Film nicht wirklich gut geworden ist.
Im 15. Jahrhundert wird Transsylvanien von den Türken besetzt. Deren Sultan Mehmet (Dominic Cooper) verlangt von seinen “Untertanen” regelmäßig Tribut. Doch nicht nur Silbermünzen, sondern auch 1.000 Jünglinge, die für die türkische Armee als Kampfmaschinen ausgebildet werden sollen. Als auch sein eigener Sohn Ingeras (Art Parkinson) dem Feind überlassen werden soll, sieht Fürst Vlad (Luke Evans) nur noch eine Möglichkeit. Er geht einen Bund mit einer finsteren Kreatur (Charles Dance) ein, um als Vampir die türkischem Armeen im Alleingang zu besiegen. Doch droht Vlad auf ewig ein Untoter zu werden, sollte er seinem Blutdurst für drei Tage nicht unterdrücken können…
Vlad möchte seinen Sohn beschützen
Weil Reboots derzeit ja der wirklich allerletzte Schrei sind, plant das große Hollywood-Studio Universal seine seit den 1930ern produzierten klassischen Monsterfilme (mit den Figuren Dracula, Frankenstein, Wolf Man, Mumie usw.) neu aufzulegen. Den Anfang macht nicht wie erwartet das für 2016 geplante Remake von Die Mumie, sondern das Vampir-Prequel Dracula Untold, welches die Anfänge des legendären Vampirfürsten erzählt.
Das Drehbuch kombiniert Motive aus Brams Stokers Romanklassiker Dracula mit historischen Informationen über den rumänischen Fürsten Vlad Draculea (auch bekannt als Vlad der Pfähler), der Stoker einst zu seiner berühmten Titelfigur inspirierte. Gedreht wurde die 100 Millionen Dollar teure Produktion von August bis November 2013 in Nordirland, wo auch seit 2010 jeweils in der zweiten Jahrshälfte die Fantasyserie Game Of Thrones ihre Kameras aufstellt. Daher treten hier auch Darsteller aus der epischen HBO-Show auf, die Drehpausen nutzten, um nebenbei noch in einem Blockbuster mitzuspielen. Neben dem 13jährigen Art Parkinson (Rickon Stark) als Vlads Sohn Ingeras sind das noch der stets furchteinflößende Charles Dance (Tywin Lannister) als Meistervampir sowie Paul Kaye (Thoros von Myr) als Mönch Lucian.
Dracula Untold erfindet die Ursprünge des bekanntesten Blutsaugers der Geschichte auf einfache aber zweckmäßige Weise neu. Der finstere Vampirfürst beginnt seine Karriere als Zwangsrekrut in der türkischen Armee, wird dort zum Supersoldaten ausgebildet und führt die Kriege seines Meisters. Hier wird Vlad “der Pfähler” geboren. Nach dem Ende seines Militärdienstes gelingt ihm der Übergang in das zivile Leben und Vlad nimmt seine grausame Vergangenheit zum Anlass, künftig Konflikte nur noch friedlich zu lösen. Bis er s dazu nicht mehr imstande ist und sich vom namenlosen Meistervampir in eine Art “Batman auf Probe” verwandeln lässt. Von da an fegt Vlad als fliegende Fledermausschar durch türkische Heerscharen, hat aber unter einer bösen Sonnenallergie zu leiden und natürlich dem obligatorischen Durst nach Menschenblut.
Das auffälligste hier ist nicht etwa die beinahe innovative Herangehensweise an eine der bekanntesten Figuren der Weltliteratur, sondern in welcher Kürze die Geschichte abgespult wird. Die Laufzeit beträgt mit Abspann nur knapp über 90 Minuten. Das riecht eher nach einem knackigen Event-Fernsehfilm für die werbefinanzierten Programme. Nur gibt selbst in Hollywood niemand soviel Geld für einen gerade abendfüllenden TV-Streifen aus. Und dass Dracula Untold wirklich für die große Leinwand gemacht ist, merkt man an der ordentlichen Inszenierung, die streckenweise eine unheimliche Atmosphäre erzeugt. Visuell kann der Film auch gut mithalten. Besonders einfallsreich: das Vampir-Infrarot, mit welchem Menschen durch die Wärme ihres Blutes geortet werden können.
Im Grunde hätte das Spielfilm-Debüt des irischen Regisseurs Gary Shore recht gut werden können. Doch leider entschloss man sich im Schneideraum sämtliche Szenen zu kappen, welche die Haupthandlung nicht in Windeseile vorantreiben. Das hat zur Folge, dass alles furchtbar flott abgehandelt wird. Nebenfiguren bleiben nur Gesichter ohne Persönlichkeit. So etwas wie Tiefgang kommt freilich auch kaum auf. Immerhin ist Dracula Untold zu keiner Zeit so dämlich und unfreiwillig komisch wie Van Helsing (2004), mit welchem Universal vor zehn Jahren bereits eine Neuauflage der Monsterfilme versuchte. Und Luke Evans macht als zerrissener (Vampir-)Fürst eine gute Figur, so dass er höchtwahrscheinlich in weiteren Filmen den Dracula spielen darf. So zumindest deutet es die Schlussszene an.
Fazit: Dracula Untold spendiert dem bekanntesten Vampir aller Zeiten eine neue Origin-Story, eilt aber durch die Handlung wie ein aufgescheuchter Fledermausschwarm. 5 von 10 Punkten.
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