Dunkirk

Nach Traumwelt (Inception) und Weltraum (Interstellar) taucht Regisseur Christopher Nolan mit seinem neuen Film Dunkirk mitten in eine bestenfalls schwierige Rettungsoperation des Zweiten Weltkrieges ein…

Dunkirk
Kriegsdrama UK/USA/Frankreich/Niederlande 2017. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 106 Minuten. Kinostart: 27. Juli 2017.
Mit: Fionn Whitehead, Tom Glynn-Carney, Jack Lowden, Harry Styles, Aneurin Barnard, James D’Arcy, Barry Keoghan, Kenneth Branagh, Cillian Murphy, Mark Rylance, Tom Hardy u.v.a. Drehbuch und Regie: Christopher Nolan.

 

 

 

Das Ticken der Todesfee

Juni 1940. In der nordfranzösischen Küstenstadt Dünkirchen sind die britischen und französischen Truppen von der Wehrmacht eingekesselt. Verzweifelt versuchen Hunderttausende Soldaten auf ein Schiff zu kommen, um die fast sichtbare Heimat zu erreichen. Während deutsche U-Boote und Kampfflieger die britischen Schriffe und Rettungsboote attackieren und somit die Evakuierung fast aussichtslos erscheinen lassen, versuchen Flieger der Royal Air Force die Bedrohung aus der Luft auszuschalten. Die Royal Navy hat unterdessen eine Flotte von zivilen Seeleuten mit ihren Booten zur Rettung der Soldaten angeheuert…

 Warten auf die Rettung

Nach seinen Meisterwerken Memento (2000) und Prestige (2006) drehte der britisch-amerikanische Filmemacher Christopher Nolan (geb. 1970) die (vor allem beim grandiosen Mittelteil) umjubelte Dark Knight-Trilogie. Es folgte der abgründige Traumthriller Inception (2010) und das eigenwillige, stärker in der Kritik stehende Raumfahrt-Drama Interstellar (2014). Für seine neunte Regie-Arbeit wagte sich Nolan wieder einem ganze anderen Thema zu. In gut 100 durchgehend intensiven Film-Minuten lässt Dunkirk den Zuschauer die Evakuierung der im französischen Dünkirchen (Dunkerque) eingekesselten britischen Soldaten im Juni 1940 hautnah miterleben.

Um die aussichtslose Lage auf die Leinwand zu übertragen baute man auf drei entscheidende Säulen. Kameramann Hoyte van Hoytema (Interstellar, Spectre) und sein Team verwendeten für den Dreharbeiten sowohl IMAX-Kameras als auch 65-mm-Film für große Panorama-Bilder. Ein Teil der Aufnahmen fanden am Originalschauplatz in Dünkirchen statt. Doch für ein intensives Kinoerlebnis genügt eine tolle Optik nicht allein. Daher gibt Dunkirk auch akustisch alles, sowohl beim Sounddesign von Oscar-Gewinner Richard King (The Dark Knight, Inception) als auch in musikalischer Hinsicht. Der aus Deutschland stammende Filmkomponist Hans Zimmer mag bei seiner Ausbeute von bis zu zehn Scores pro Jahr eher selten wirklich eindrucksvolle Werke abliefern und mit seinem in den DC-Comicverfilmungen Man Of Steel und Batman V Superman: Dawn Of Justice auf die Spitze getriebenen, unerträglichen Bombast-Getöse die Zuschauer eher nerven, für Nolans neuesten Film trifft der 59jährige genau die richtigen Töne. Mit verzerrten Streichern lässt Zimmer die Todesfee heulen und das durchgehende Ticken verdeutlich, dass die Lebenszeit vieler Soldaten schon aufgebraucht ist oder nur noch an einem seidenen Faden hängt.

Vor allem dank dieser visuell-akustischen Mittel hinterlässt Dunkirk beim Zuschauer seine Wirkung. Die Stimmung ist fast durchgehend beklemmend und auch wenn die einzelnen Personen im Film absichtlich wenig bis keine Hintergrundgeschichte besitzen, so fiebert man doch mit ihnen mit, hofft auf ihre Rettung. Die freilich nicht bei jedem gelingt. Angenehmerweise wird hier auf unsäglichen Patriotismus und übermäßige Heldenverehrung verzichtet, wenngleich man Regisseur Nolan vorwerfen kann, dass er die französische Sichtweise der Ereignisse im Grunde völlig außen vor lässt.

Fazit: Mit seinem Film über die aussichtslose Evakuierung britischer Truppen aus Dünkirchen 1940 liefert Christopher Nolan eine etwas andere Form von Überwältigungskino mit bewusster inhaltlicher Reduzierung und fast synästhetischer Betonung der Zerstörungskraft des Krieges. 8 von 10 Punkten.


Commander Bolton versucht, die Evakuierung zu koordinieren

 

Mr. Dawson gehört zu den zivilen Seeleuten

 

Unter Deck, aber nicht sicher

Marius Joa, 13. August 2017. Bilder: Warner.


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