Sie wollen sich Zurücklehnen, die Bilder auf sich wirken lassen und einen wirklich schönen und ruhigen Film genießen? Dann ist „Ein gutes Jahr“ von Starregisseur Ridley Scott genau das Richtige. Johannes Michel war im Kino und schreibt, warum das Gespann Russell Crowe / Ridley Scott nicht nur für den typischen Blockbuster gut zusammen passt.
Drama/Komödie, USA 2006. FSK: Ohne Altersbeschränkung. 118 Minuten.
Mit: Russell Crowe, Marion Cotillard, Albert Finney, Abbie Cornish, Valeria-Bruni Tedeschi, Isabelle Candelier u.v.a. Regie: Ridley Scott.
Von Kindheitserinnerungen und gutem Wein
Max Skinner (Russell Crowe) lebt als kaltblütiger Finanzmakler in der Börsenmetropole London. Dort kennt er kein anderes Ziel, als möglichst schnell zu Geld zu kommen. Zeit für Urlaub, für eine Freundin oder gar zum Entspannen bleibt dem Workaholic dabei nicht. Mitten in diesem schnelllebigen Dasein trifft die Nachricht vom Tod seines geliebten Onkels Henry (Albert Finney) ein, auf dessen Weingut in der französischen Provence Max viele glückliche Stunden seiner Kindheit verbracht hat. Im ersten Moment kann Max nichts damit anfangen, dass Onkel Henry ihm das Weingut hinterlassen hat – er möchte es schnellstmöglich für viel Geld verkaufen. Als er aber erst einmal in Frankreich eingetroffen ist, verläuft alles ganz anders. Zuerst taucht eine uneheliche Tochter seines Onkels auf, die ebenfalls Anspruch auf das Erbe hat. Und schließlich verliebt sich Max in die Cafébesitzerin Fanny (Marion Cotillard). Das (Gefühls-)Chaos ist somit perfekt.
Verleben eine gute Zeit: Onkel Henry mit seinem Neffen Max.
Wer von Regisseur Ridley Scott („Gladiator“) Action am laufenden Band erwartet, wird von „Ein gutes Jahr“ mit Sicherheit enttäuscht sein. Denn dieses nette Filmchen plätschert langsam aber sicher dahin. Wer hinter dieser Formulierung jetzt etwas Negatives vermutet, liegt allerdings falsch.
Der Film basiert auf einem Roman des britischen Schriftstellers Peter Mayle („Mein Jahr in der Provence“). Regisseur Scott setzt vollkommen zu Recht auf prachtvolle Naturaufnahmen, meist sind es aufgrund der Location Bilder von Weinbergen. Grandios gestaltet ist auch der kleine Weinkeller, in dem zuerst Onkel Henry seinem Neffen Max viele Dinge über Weine beibringt und später Max sich zurückerinnert. Insgesamt lebt „Ein gutes Jahr“ von unzähligen Rückblenden, die zeigen sollen, wie sehr Max an seinem Onkel Henry hing und wie gut ihm diese Zeit seiner Kindheit getan hat. Dass er sich dennoch zum kaltblütigen Börsenmakler entwickelt hat, will in dieses Konzept nicht passen, was natürlich sehr schnell nahe legt, dass Max sich am Ende des Films in der Provence niederlassen muss und sein voriges Leben in London zu den Akten legen wird. Bis dahin ist es aber ein langer und beschwerlicher Weg, denn nicht immer läuft alles so, wie sich Max das vorstellt.
Ridley Scott gelingt es äußerst ansprechend, das Provinzielle in Südfrankreich einzufangen und den Zuschauer in eine noch heile Welt mitzunehmen. Langweilig wird es im Kinosessel daher keineswegs, auch wenn der Film in seinen knapp zwei Stunden auch einige Längen aufweist. Scott ist damit sicherlich kein neues Meisterwerk gelungen. Es bleibt ein schöner, langsamer und das Herz erwärmender Film, der sich im kommenden Jahr sicher für einen verregneten DVD-Abend auf der Couch empfiehlt.
Fazit: Genauso wie man den Schauspielerin die Freude im Film förmlich ansieht, geht es auch dem Zuschauer. Trotz einiger Längen und einer nicht sehr kreativen Story 8 von 10 Punkten.
Kommt Max in die Quere: Cousine Christie.
Zieht Max in ihren Bann: Cafébesitzerin Fanny.
Johannes Michel, 14. November 2006. Bilder: Fox.
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