Fluch der Karibik 2

Seit der „Matrix“-Trilogie sind wir äußerst skeptisch bei Filmen, die bereits von vorne herein auf mehrere Teile ausgelegt sind. Bei Fluch der Karibik musste nach dem erfolgreichen ersten Film natürlich ein weiterer kommen. Im Mai 2007 erwartet uns aber schon Teil 3. Kann dieses Konzept aufgehen? Unsere Mitarbeiterin Sarah Böhlau war im Kino.

Pirates Of The Caribbean: Fluch der Karibik 2
(Pirates Of The Caribbean: Dead Man’s Chest)
Abenteuerkomödie USA 2006. Regie: Gore Verbinski. Musik: Hans Zimmer. 150 Minuten. FSK ab 12.
Mit Johnny Depp, Orlando Bloom, Keira Knightley, Jack Davenport, Bill Nighy, Jonathan Pryce, Lee Arenberg, Mackenzie Crook, Kevin McNally, Stellan Skarsgård, Tom Hollander, Naomie Harris u.v.a.

Von Sequels und Seelenfängern

„Captain Jack is back“? Nanu, kündigt nicht sonst RTL2 in ganz ähnlicher Weise eine neue Staffel „24“ an? Wie weit ist es mit der Filmindustrie gekommen, wenn sie jetzt schon ihre Filmslogans von drittklassigen Fernsehsendern klauen müssen? Dessen ungeachtet hat es Jerry Bruckheimer geschafft, mit „Pirates Of The Caribbean: Fluch der Karibik 2“ eine gelungene Fortsetzung seines 2003er Erfolges vorzulegen.

Es ist allerdings unbedingt zu raten, sich diesen Film nicht anzusehen, ohne vorher den ersten Teil zu kennen. Denn selten bezog sich ein Sequel in so außergewöhnlichem Umfang auf seinen Vorläufer. Bis in die kleinsten Nebenrollen hinein geben sich die Schauspieler des ersten Teils gegenseitig die Klinke in die Hand: sogar der sprechende Papagei und das untote Äffchen sind wieder mit dabei. Kleine Verweise auf den Teil 1 durchziehen den gesamten Film, wie etwa Jack Sparrows erste Reaktion auf das Wiedersehen mit Elisabeth Swann: „Versteckt den Rum!“

Jack Sparrow (Johnny Depp) auf der Flucht vor Kannibalen.

Die Handlung von „Fluch der Karibik 2“ orientiert sich dafür weniger am Vorgänger, sondern wird bestimmt durch die Bedrohung zweier neu eingeführter Bösewichte. Bösewicht Nr. 1 ist Davy Jones (Bill Nighy), verfluchter Kapitän des Untotenschiffs The Flying Dutchman. Dieser unsympathischen Mischung aus dem Phantom der Oper und einem Tintenfisch hat Captain Jack Sparrow (Jonny Depp) einst seine Seele verpfändet. Nun ist die Zeit abgelaufen und Jack verzweifelt auf der Suche nach der einzigen Möglichkeit, dem Seelenfänger beziehungsweise dem von ihm befehligten Riesenkraken doch noch zu entwischen. Dazu benötigt er eine irgendwo vergrabene Truhe und den dazugehörigen Schlüssel – den dummerweise Davy Jones immer bei sich trägt.
Eine gute Gelegenheit bietet sich Jack, als Will Turner (Orlando Bloom) überraschend auftaucht. Der hat nämlich inzwischen Bekanntschaft mit Bösewicht Nr. 2 gemacht, einem undurchsichtigen Geschäftsmann mit tadellosen Manieren, der ebenfalls Interesse an Davy Jones’ Truhe hat. Um Will zur Kooperation zu zwingen, verhaftet er seine Verlobte Elizabeth Swann (Keira Knightley) und droht mit ihrer Hinrichtung, wenn Will nicht Jack Sparrow ausfindig macht.
Elizabeth bricht unverzüglich aus dem Gefängnis aus und macht sich auf die Suche nach ihrem Verlobten, der währenddessen von Jack auf Kreuz gelegt wird und als „Anzahlung“ für dessen Seele auf der Flying Dutchman landet. Immerhin trifft er dort seinen Vater „Stiefelriemen-Bill“ wieder, der ebenfalls seine Seele an Davy Jones verkauft hat. Um ihn zu retten, muss Will nun auch nach der Truhe suchen.

Mit Blick auf den ersten Teil wird auf Steigerung gesetzt: Das Meer und die Schatzsuche sind gefährlicher, die optischen Auswirkungen von Flüchen fantasievoller, die Bösen gemeiner, die Nebenfiguren skurriler, die Witze zahlreicher und Jack Sparrow noch tuntiger und verschlagener.

Zwar gehen Bruckheimer und sein Regisseur Verbinski in dem Bemühen, alles noch lauter, bunter und actionreicher umzusetzen, in der einen oder anderen Szene zu weit, aber das tut dem Unterhaltungswert eigentlich keinen Abbruch.

Trotzdem: ein großes Problem von „Fluch der Karibik 2“ ist, dass hier kein abgeschlossener, für sich allein stehender Film vorliegt. Zum einen baut er massiv auf Vorwissen vom ersten Teil auf. Zwar muss man ihn nicht gesehen haben, um der Handlung folgen zu können, allerdings entgehen einem dann die vielen liebevollen Rückbezüge, die einfach Spaß machen. Vor allem aber versteht man ohne Kenntnis des Vorgängerfilms den Cliffhanger, mit dem die letzte Szene endet, nicht. Zudem wird der Film mit einem komplett offenen Ende versehen, der für den nächsten Sommer anlaufenden dritten Teil vorbaut.

Der Vergleich mit „Matrix Reloaded“ bietet sich dementsprechend an. Doch im Gegensatz zu ihm kann „Fluch der Karibik 2“ das Niveau seines ersten Teils durchaus halten – welches zugegebenermaßen niedriger anzusiedeln ist als das von „Matrix„.

Fazit: 8 von 10 Punkten. Im Großen und Ganzen eine gelungene Fortsetzung. Der Film bietet dasselbe wie Fluch der Karibik: anspruchloses, aber ungemein unterhaltsames Popcornkino. Wer mehr erwartet, ist selbst schuld.


Davy Jones (Bill Nighy) sammelt Seelen.

Das Liebespaar: Elizabeth und Will.

Fetter Kajal und Holzperlenohrringe: Captain Jack Sparrow (Jonny Depp).
Sarah Böhlau, 30. Juli 2006. Bilder: Buena Vista.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Eine Antwort zu „Fluch der Karibik 2“

  1. Avatar von Marius Joa
    Marius Joa

    Untote Piraten – Die zweite

    Eigentlich wollten Waffenschmied Will Turner (Orlando Bloom) und Diplomatentochter Elizabeth Swann (Keira Knightley) nach ihrem Abenteuer mit Captain (!) Jack Sparrow (Johnny Depp) heiraten. Doch die geplante Trauung endet im Desaster. Die Verlobten werden von Lord Cutler Beckett (Tom Hollander) festgenommen und sollen wegen Beihilfe zur Piraterie hingerichtet werden. Der schmierige Beckett schlägt Will einen Handel vor. Besorgt dieser ihm den besonderen Kompass von Jack, so will Beckett Gnade walten lassen. Doch auch Jack steckt in Schwierigkeiten, hat er doch dem untoten Piraten Davy Jones (Bill Nighy) seine Seele verkauft und droht nun unter dessen Knechtschaft auf der Flying Dutchman zum schaurigen Seeungeheuer zu werden. Die einzige Möglichkeit, dem vorzubeugen, sieht Jack in der Beschaffung der „Truhe des Todes“. Doch zuerst muss er den Schlüssel finden. Unterdessen bricht Elizabeth mit der Hilfe ihres Vaters Gouverneur Swann (Jonathan Pryce) aus dem Gefängnis aus, um Will bei seiner Mission beizustehen.

    2003 sorgten Regisseur Gore Verbinski und Mega-Produzent Jerry Bruckheimer gemeinsam mit Disney für eine kleine Renaissance des Piratenfilms. Der auf einer Achterbahnfahrt basierende Film Fluch der Karibik erwies sich weltweit als großer Publikumserfolg und so durfte natürlich Fortsetzungen nicht fehlen. Ähnlich wie bei der Matrix-Trilogie wurden Teil 2 und 3 zum großen Teil gleichzeitig gedreht. In diesem Spätsommer finden noch ein paar Nachdrehs statt.
    Der zweite Teil, mit dem Originaltitel Pirates Of The Caribbean: Dead Man’s Chest, setzt auf die gleichen Zutaten wie sein Vorgänger und steht diesem eigentlich in nichts nach, es fehlt lediglich der Aha-Effekt (siehe auch Matrix Reloaded). Um diesen Mangel auszugleichen, wurde auf noch spektakulärere Action-Szenen und Effekte gesetzt. Dass eine solche Herangehensweise nicht unbedingt für ein besseres End-Produkt sorgt, hat man auch schon bei den mehrfach erwähnten Matrix-Fortsetzungen gesehen. Dennoch ist Fluch der Karibik 2 seinem Vorgänger gegenüber durchaus gleichwertig. Die Story ist sehr ähnlich, wieder geht es um verfluchte untote Piraten, die diesmal zwar nicht wie blauschimmernde Skelette, dafür aber wie eine Mischung aus Mensch und Meeres-Flora sowie –Fauna aussehen. Wer den Vorgänger nicht gesehen hat, wird sich hier schwer tun, tauchen doch so gut wie alle Charaktere aus dem ersten Teil wieder auf, ohne groß eingeführt zu werden. Außerdem gibt es immer wieder kleine Anspielungen auf Szenen aus Teil 1. Die bekannte Besetzung wurde mit Stellan Skarsgård als William Turner senior, Tom Hollander als Lord Cutler Beckett (dem zweiten Bösewicht), Namie Harris als düstere Tia Dalma sowie Bill Nighy als Tintenfischgesicht Davy Jones, Kapitän der Flying Dutchman, erweitert. Auch wenn alle Darsteller in ihren Rollen zu überzeugen wissen, der einzig herausragende Akteur ist wieder Multitalent Johnny Depp als tuntiges Piraten-Schlitzohr Captain Jack Sparrow. Die beiden Fortsetzungen des Piraten-Blockbusters stellen übrigens eine Premiere für Depp da, der sich der Bedeutungen seines Nachnamens im Deutschen durchaus bewusst ist. Bis zu Fluch der Karibik 2 spielte der 43jährige noch nie einen seiner Charaktere mehrmals.
    Wirklich beeindruckend sind die Make-Up-Effekte bei den zu Seeungeheuern mutierenden untoten Piraten. Auch sonst weißt die Effekte-Abteilung um ILM zu weitesgehend zu überzeugend, lediglich die Szenen mit dem Riesenkranken sehen ziemlich unecht aus. Bei der Filmmusik setzte Hans Zimmer fast ausschließlich auf die eingängigen Themen seines Vorgängers und Schülers Klaus Badelt aus Teil 1. Die große Stärke des Films ist natürlich wieder die Tatsache, dass er sich nicht zu Ernst nimmt und der Humor nicht zu kurz kommt. Die Story schlägt gegen Ende wieder einige Kapriolen. Logik und Realismus sind hier nicht an der Tagesordnung. Unter der Prämisse eines reinen Unterhaltungsfilms überzeugt Fluch der Karibik 2 jedoch. Die seit 2003 aus dem Nichts auftauchende Fan-Gemeinde dürfte ebenfalls ihren Spaß mit der Fortsetzung haben. Um für alle den bevorstehenden dritten Teil schmackhaft zu machen, bietet Teil 2 ein relativ offenes Ende mit einer kleinen Überraschung. Der dritte Teil, der sich ums Ende der Welt drehen wird, startet am 24. Mai 2007.

    Fazit: Unterhaltsame, leicht-ironische Piratenkomödie. Dem Vorgänger gegenüber gleichwertig. 7/10.

    Marius Joa, 6. August 2006

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner