Anhand einer schicksalhaften Familiengeschichte beleuchtet Regisseur Denis Do in Funan die Schrecken des Regimes der Roten Khmer in Kambodscha. Der Animationsfilm feierte seine Deutschlandpremiere auf dem 45. Internationalen Filmwochenende in Würzburg.
—
Funan
Animationsfilm/Drama Belgien, Kambodscha, Frankreich, Luxemburg 2018. 84 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Originalsprecher: Bérénice Bejo, Louis Garrell, Céline Ronté, Tom Trouffier, Thierry Jahn u.a. Drehbuch: Denis Do, Magali Pouzol, Élise Trinh. Regie: Denis Do.
—
Die Hölle in schönen Bildern
April 1975. Eben noch ging das Leben in Phnom Penh seinen gewöhnlichen Gang, da wird die Hauptstadt Kambodschas von den Roten Khmer, Truppen der kommunistischen Revolution, überrollt. Die Bevölkerung wird aufs Land getrieben, alle Erwachsenen zu Zwangsarbeit in der Landwirtschaft verpflichtet. Auch die junge Chou und ihr Ehemann Khoun erleiden mit ihrer Familie dieses Schicksal. Auf dem Weg ins nächste Dorf werden die jungen Eltern von ihrem kleinen Sohn Sovanh getrennt. Unter dem Joch der gnadenlosen Angkar-Milizen versucht das Paar verzweifelt den Aufenthaltsort des Jungen herauszufinden…
Das Regime der Roten Khmer von 1975 bis 1979 forderte zwischen 1,7 und 2 Millionen Opfern. Außerdem wurden die Bewohner Kambodschas zu Hunderttausenden ins Exil getrieben. Der 1985 in Paris geborene Regisseur Denis Do, selbst kambodschanisch-chinesischer Abstammung, verarbeitete mit seinem Langfilmdebüt nicht nur ein dunkles Kapitel in der Geschichte Kambodschas, sondern erzählt aus dem Leben seiner Mutter. Wie die junge Frau Chou im Film wurde auch Dos Mutter aus ihrer bisherigen Existenz verschleppt, zu schwerster Arbeit gezwungen und von ihrem kleinen Sohn (Dos älterem Bruder) getrennt. Nach einiger Aussage gehe es Denis Do bei seinem Film nicht um Ideologie (etwa welche besser oder schlechter ist), sondern darum, dass keine Gesellschaftsordnung funktionieren kann, welche versucht, die Familie als Basis allen Zusammenlebens abzuschaffen oder auszumerzen.
Diese Botschaft vermittelt uns der Film in schlichten Bildern ähnlich wie bei der magisch-realistischen Robinsonade Die Rote Schildkröte von Michael Dudok De Wit. Doch der minimalistische Zeichenstil zaubert auch immer wieder wunderschöne Bilder auf die Leinwand, zumeist in der Form von Sonnenuntergangspanoramen oder Einstellungen aus der Vogelperspektive. Das Leid geht optisch nicht spurlos an den Charakteren vorüber. Protagonistin Chou (gesprochen von der argentinisch-französischen Schauspielerin Bérénice Bejo) ist gegen Ende der Handlung kaum wiederzuerkennen.
So manches Einzelschicksal lässt Funan offen, beschönigt gleichzeitig die schrecklichen Greuel der Roten-Khmer-Diktatur allerdings nicht. Dass diese im Detail nicht gezeigt werden und man in schlimmen Szenen entweder abblendet oder den Bildausschnitt wechselt, vermindert allerdings nicht deren Wirkung. Die Handlung bleibt auch nicht die ganze Zeit bei Chou und Khoun sondern zeigt auch, wie es ihrem Sohn nach der Trennung von seinen Eltern geht, reflektiert dabei die kindliche Unschuld, welche dem Geschehen bisweilen eine hoffnungsvolle Note zu geben vermag.
Funan wurde am Donnerstag den 24. Januar 2019 auf dem Internationalen Filmwochenende in Würzburg im französischen Original mit englischen Untertiteln gezeigt. Eine zweite Vorstellung ist für Sonntag den 27. Januar geplant. Ob und wann der Film in die deutschen Kinos kommen wird ist bisher unklar.
Fazit: Regisseur Denis Do thematisiert und verarbeitet im Animationsfilm Funan die Schrecken der Diktatur in Kambodscha anhand einzelner Schicksale in minimalistisch-schönen Bildern. 8 von 10 Punkten.
—
—
Schreibe einen Kommentar