Der Hype um das kürzlich angelaufene Weltraum-Drama Gravity scheint grenzenlos. Ständig wird der neue Film von Alfonso Cuarón als potenzieller Oscar-Kandidat in schwindelnde Höhen gelobt. Doch wie gut ist er wirklich?
Gravity
Science-Fiction-Drama USA/UK 2013. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 90 Minuten. Kinostart: 3. Oktober 2013.
Mit: Sandra Bullock, George Clooney u.a. Regie: Alfonso Cuarón. Drehbuch: Alfonso Cuarón und Jonás Cuarón.
Beklemmender Überlebenskampf
Mithilfe der Wissenschaftlerin Dr. Ryan Stone (Sandra Bullock) wird vom Raumschiff Explorer aus das über der Erde kreisende Hubble-Teleskop repariert. Nachdem die Sache im Rahmen der äußeren Bedingungen scheinbar routiniert abläuft, geraten Dr. Stone und die anderen Astronauten um NASA-Veteran Matt Kowalsky (George Clooney) in tödliche Gefahr, als Trümmerteile eines zerstörten Satelliten ihre Umlaufbahn kreuzen. Dann bricht auch noch der Funkkontakt mit Houston ab…
In den letzten Jahren war es um Regisseur Alfonso Cuarón, der neben Guillermo del Toro (Pans Labyrinth) und Alejando González Iñárritu (Babel) zu den drei großen Filmemachern Mexikos gehört, etwas ruhig geworden. Seit dem Endzeit-Drama Children Of Men (2006) hatte er keinen neuen Film veröffentlicht. Und das hatte auch seinen Grund. Über vier Jahre arbeitete Cuarón an seinem langjährigen Wunschprojekt Gravity, dessen Realisierung erst durch den filmtechnischen Fortschritt der letzten Jahre möglich wurde.
Die Kritiken zu Gravity fallen bis auf wenige Ausnahmen äußerst überschwänglich aus. Nicht selten wird das Weltraum-Drama in einem Atemzug mit Stanley Kubricks unerreichtem Meisterwerk 2001: Odyssee im Weltraum genannt. Doch sollte man solche Vergleiche mit Vorsicht genießen. Unabhängig davon ist allein die erste halbe Stunde des Films grandios. Die gelungene Mischung aus Computer-Effekten, Kameraführung und Sound-Design sorgen für ein intensiveres Kino-Erlebnis und bietet eines der wenigen echten 3D-Highlights. Noch nie wurde die Schwerelosigkeit im All und die damit verbundenen Gefahren für den Zuschauer so erfahrbar gemacht. Realistisch ist auch die Stille, denn im All gibt es keinen Schall, ganz einfach weil es keine Luft gibt, die ihn leiten könnte.
Die Geschichte folgt der nach dem Zusammenstoß mit den Satellitentrümmern auf sich gestellten Wissenschaftlerin Dr. Stone und dem erfahrenen Astronauten Kowalsky, der mit Anekdoten aus seinem bewegten Leben und prahlerischem Humor die Situation aufzulockern versucht. Doch irgendwann muss Dr. Stone, deren Sauerstoff-Vorrat beinahe aufgebraucht ist, alleine ums Überleben kämpfen. Hier wird Gravity dann leider etwas unrealistisch. Dr. Stone ist Wissenschaftlerin und erstmals im All. Immer wieder wird erwähnt, dass das Training für sie besonders schwierig war und sie teilweise versagt hat. Da erscheint es unlogisch, dass Dr. Stone sich völlig alleine von einer Rettungsmöglichkeit zur anderen hangelt, bis zum schwülstigen Happy End auf der Erde. Generell wird die Story nach dem herausragenden Beginn zu konventionell und einfallslos abgespult. Sicherlich war es die richtige Entscheidung, den Film zu 99,9 Prozent im Weltraum spielen zu lassen. So minimalistisch und herkömmlich hätte das Drehbuch aber nicht sein müssen.
Ein Bestandteil des Oscar-Hypes ist die Performance von Hauptdarstellerin Sandra Bullock, die über weite Strecken allein agiert und daher Selbstgespräche führt. Das ist zwar durchaus überzeugend gespielt, aber nur weil Bullock ab und zu mal ihren Komödien-Autopilot verlässt, soll sie gleich eine grandiose Darstellerleistung vollbringen? Sicherlich war die Rolle eine physische Herausforderung. Aber hätten andere diese Rolle denn etwa nicht meistern können?
Fazit: Beeindruckender und beklemmender Weltraumfilm, der leider nach und nach der Schwerkraft des Mainstream-Kinos erliegt. 8 von 10 Punkten.
Noch ist alles am Arbeiten
Fast völlig losgelöst
Marius Joa, 16. Oktober 2013. Bilder: Warner.
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