Als sechsten und letzten Film sichtete ich auf der Internationalen (digitalen) Filmwoche in Würzburg 2021 das türkische Drama Halef. Im Werk von Regisseur Murat Düzgünoglu geht es um einen Mann, der zurück in seiner Heimat auf seinen angeblich wiedergeborenen Bruder trifft.
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Halef
Drama Türkei 2018. 105 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Muhammet Uzuner, Baran Sükrü Babacan, Güler Ökten, Muhammed Cangören, Kübra Kip u.a. Drehbuch: Murat Düzgünoglu und Melik Saraçoglu. Regie: Murat Düzgünoglu.
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Der Brunnen im Orangengarten
Als Mahir ein Kind war starb sein älterer Bruder Halef nach einem Sturz in den Brunnen im Orangengarten der Familie. Jahrzehnte später kehrt Mahir (Muhammet Uzuner) in sein Heimatdorf zurück, um seiner alten Mutter Sakine (Güler Ökten) bei der Ernte zu helfen. Da taucht ein gehbehinderter, junger Mann namens Halef (Baran Sükrü Babacan) auf, der behauptet die Reinkarnation von Mahirs Bruder zu sein. Mahir glaubt ihm nicht, doch der junge Halef weiß Details aus der „gemeinsamen“ Kindheit, die eigentlich nur der verstorbene Bruder wissen kann…
Was die Prämisse angeht so ähnelt Halef dem amerikanischen Drama Birth (2004) von Jonathan Glazer, mit Nicole Kidman und Cameron Bright in den Hauptrollen. Während dort ein zehnjähriger Junge behauptet der wiedergeborene Ehemann einer seit längerem verwitweten Frau zu sein, die nun wieder heiraten möchte, so dreht sich der vorliegende Film um die mögliche Reinkarnation eines verstorbenen 12jährigen als erwachsener Mann. Regisseur Murat Düzgünoglu und sein Co-Autor Melik Saraçoglu (beide waren auch für den Schnitt verantwortlich) erzählen die Geschichte sowohl aus der Sichtweise des überlebenden Bruders als auch der Titelfigur.
Das Interessante an dieser türkischen Produktion ist die Tatsache, dass bis auf den rationalen Mahir jeder im kleinen Dorf dem jungen Halef glaubt, dass er die Reinkarnation seines Namensvetters ist. Der örtliche Geistliche (Muhammed Cangören) erklärt Mahir in einer Szene sogar, dass jeder Mensch die Wiedergeburt eines Verstorbenen sei, die meisten sich nur nicht an das frühere Leben erinnern würden. Mahir selbst hat mit gravierenden Problemen zu kämpfen. Er ist ein arbeitsloser Mathematiklehrer, der seine Frau oder Freundin (darauf wird nicht näher eingegangen) in Istanbul zurückgelassen hat. Außerdem leidet er an einem inoperablen Gehirntumor, welcher immer wieder (epileptische) Anfälle auslöst. Halef auf der anderen Seite wirkt etwas verloren. Aufgrund seiner Gehbehinderung hat er über die Behindertenquote eine Stelle als Reinigungskraft in einem Krankenhaus erhalten, doch überschreitet er seine Kompetenzen, etwa als er Kontakt zur einer jungen Frau aufnimmt, die ihren kranken Vater besucht.
Halef präsentiert sich als gemächlicher, leiser Film, in dessen Zentrum immer wieder der Orangengarten mit dem Brunnen als zentralem Motiv bzw. Schauplatz steht, dessen erinnerungsschwangere Aura in magisch-realistischen Szenen zur Geltung kommt. Passend zu der ruhigen Atmosphäre zeigen sich auch die Figuren über weite Strecken schweigsam.
Fazit: Leises, entschleunigtes Drama über die Dämonen der Vergangenheit und ländlichen Aberglauben. 8 von 10 Punkten.
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Mahir
Halef am Brunnen
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Marius Joa, 12. Februar 2021. Bilder: Fikirtepe Film.
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