From Beyond (2023)

Zu Halloween bin ich nach Hamburg-Harburg gereist, um der Welturaufführung des neuen Films von Lars Henriks und Nisan Arikan beizuwohnen. From Beyond adaptiert die gleichnamige Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft von 1934 in die heutige Zeit.   

From Beyond
Horrorfilm Deutschland 2023. 65 Minuten.
Mit: Fenja Techow, Hendrik Heiler, Imke Frieda Sander, Jette Schlapmann u.a. Kamera und Ton: Christian Grundey. Produktion und Schnitt: Nisan Arikan. Nach der Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft. Drehbuch und Regie: Lars Henriks.



Der Abgrund schaut zurück

In ihrer Kindheit und Jugend waren Kaya (Fenja Techow) und Vin (Hendrik Heiler) unzertrennlich. Doch während des Studiums haben sich die ehemals besten Freunde auseinandergelebt. Ermutigt von ihrer Partnerin Lena (Imke Frieda Sander) nimmt Kaya nach längerer Zeit wieder Kontakt mit Vin auf, welcher die meiste Zeit in seinem Labor in einem Container verbringt und dort merkwürdigen Experimenten nachgeht. Vin ist erst einmal überhaupt nicht über den Besuch seiner alten Freundin erfreut. Doch erzählt er ihr, wie es ihm gelang, die Grenzen menschlicher Wahrnehmung zu überwinden und das Tor zu anderen Existenzebenen zu öffnen. Trotz anfänglicher Skepsis lässt sich Kaya darauf ein, mit Vin an seinem Forschungsprojekt zu arbeiten. Doch zu spät erkennt sie, welche Schrecken die bahnbrechende Entdeckung mit sich bringt…

Howard Philips Lovecraft (1980-1937) gilt als wohl bedeutendster Schriftsteller der phantastischen Horrorliteratur und hat mit seinem Werk unzählige Künstler*innen unterschiedlichster Formen und Medien maßgeblich beeinflusst. Auch die Hamburger Filmemacher*innen Lars Henriks und Nisan Arikan, welche früher unter dem Label Obsessive Filmmakers arbeiteten und im April 2023 mit dem Antikyno ihr eigenes Lichtspielhaus und Theater in Harburg eröffneten. Lars hatte in sehr jungen Jahren mit Warum Hans Wagner den Sternenhimmel hasst (2013), Cordelias Kinder (2015) und Zeckenkommando vs. Cthulhu (2015) bereits drei kleine Spielfilme mit klarem Bezug zu Lovecraft inszeniert. Auch Birthright (2023), der Hexenhorror-Streifen, bei dessen Dreharbeiten Nisan mit der gemeinsamen Tochter im neunten Monat schwanger war, griff Elemente aus dem Werk des legendären Autors auf. Nach Theaterinszenierungen von Dagon und Schatten über Innsmouth hat das Paar nun mit der Kurzgeschichte From Beyond aus dem Jahre 1934 (in Deutschland unter dem Titel Vom Jenseits erschienen) erstmals direkt ein Werk von HPL adaptiert.

Genre-Filme ohne wirklich nennenswertes Budget zu drehen, das ist die Paradisziplin von Lars, Nisan und ihrem Team. Dass es funktionert beweisen ihre weiteren bisherigen Arbeiten Leon muss sterben (2017), Bearkittens (2018), Performaniax (2019) oder die weihnachtliche Lockdown-Satire Covid Metamorphosen (2021). Und auch From Beyond entpuppt sich als echte Perle des handgemachten Horror-Kinos. Ein Großteil der Handlung spielt sich im Labor des Nachwuchswissenschaflers Vin ab, welches in einem Containerbüro im Harburger Binnenhafen eingerichtet wurde. Ähnlich wie beim Theater erzählt das von Lars verfasste Drehbuch die Geschichte verstärkt durch seine Dialoge. Die spärlich eingesetzten visuellen Effekte scheinen dabei umso wirkungsvoller.

Im Zentrum der Handlung stehen die von Hendrik Heiler und Fenja Techow intensiv-authentisch gespielten Hauptfiguren Vin und Kaya. Das Wiedersehen nach längerer Funkstille reißt natürlich auch alte Wunden auf. Kaya hat neue Freunde gefunden und ist in ihrer Beziehung mit Lena glücklich während Vin als moderne Variante des „mad scientist“ völlig in seiner Arbeit aufgeht. Neben dem Horroranteil und der fragilen Freundschaft seiner zwei zentralen Charaktere werden hier zwischenzeitlich auch die Folgen sozialer Netzwerke und das Internet als Informationsquelle kritisch beleuchtet.

Wie man eine Modernisierung einer etwa hundert Jahre alten Horrorstory (Lovecraft schrieb From Beyond bereits 1920) für ganz wenig Geld effektiv umsetzen kann, das beweisen Nisan (Produktion und Schnitt), Lars (Drehbuch und Regie), Christian Grundey (Kamera und Ton) sowie eine Handvoll Schauspieler*innen hier auf überzeugende Art und Weise. Vor allem wenn man bedenkt, dass parallel der Spielbetrieb eines Kinos und Theaters sowie weitere Engagements gestemmt wurden. Ich bin gespannt, was die „Anticyneasten“ als nächstes Projekt erschaffen.                     

Fazit: Mit einfachsten Mitteln effektiv erzählter, kurz und knackiger Horrorstreifen, der die gleichnamige Story von Lovecraft in die heutige Zeit versetzt. 8 von 10 Punkten.



Marius Joa, 2. November 2023. Bilder: Antikyno.


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