In I’m Not There stellt Regisseur Todd Haynes die verschiedenen Facetten der Folk-Ikone Bob Dylan durch sechs verschiedene Schauspieler dar. Marius Joa über den Musikfilm und seine Besonderheiten.
I’m Not There
Musikfilm USA/Deutschland 2007. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 135 Minuten. Deutscher Kinostart: 28. Februar 2008.
Mit: Christian Bale, Cate Blanchett, Marcus Carl Franklin, Richard Gere, Heath Ledger, Ben Whishaw, Charlotte Gainsbourg, Bruce Greenwood, Julianne Moore, Michelle Williams u.a. Regie: Todd Haynes.
Die sechs Leben des Bob Dylan – ein surrealer Trip
Inspiriert durch das Werk und die vielen Leben des Bob Dylan, erzählt dieser Film vor allem letztere in folgenden Geschichten:
Der elfjährige Afro-Amerikaner Woody Guthrie (Marcus Carl Franklin) streift als Musiker durchs ländliche Amerika und singt von den alten Zeiten. Der junge „Poet“ Arthur Rimbaud (Ben Whishaw) sagt vor einem Untersuchungsausschuss in der McCarthy-Ära aus. Der introvertierte Sänger Jack Rollins (Christian Bale) begeistert sein Publikum mit hintersinnigem Protest-Folk. Dann wären da noch der unangepasste Schauspieler Robbie Clark, der von seiner Frau (Charlotte Gainsbourg) und seinen beiden Töchtern getrennt lebt sowie Jude Quinn (Cate Blanchett), der seine Protest-Haltung zugunsten von kommerzieller Rockmusik aufgegeben hat und den Medien-Hype um seine Person mit Gleichgültigkeit und Zynismus erwidert. Und last but not least: Billy The Kid (Richard Gere), der gealterte Gesetzlose, der seinen Lebensabend in einem abgelegenen Dorf verbringt, weil man ihn weiter für tot halten soll.
Jude Quinn.
Sie werden aus obiger Inhaltszusammenfassung nicht schlau? Ehrlich gesagt: der Redakteur aus dem beschriebenen Film auch nicht. Denn was uns Regisseur Todd Haynes, der bereits die Glam Rock-Hommage Velvet Goldmine (1998) inszenierte, hier vorführt, ist schwerer Stoff und für „normale“ Zuschauer wohl undurchdringlich.
Die sechs Geschichten werden nebeneinander erzählt und überschneiden sich teilweise, z.B. spielt Schauspieler Robbie Clark in einem seiner Filme eine Figur namens Jack Rollins. Ein Großteil des Films ist übrigens in schwarz-weiß. Die Flut der vielen Bilder (teilweise alte Archivaufnahmen) ist nicht das einzige, was den Zuschauer überfordert. Es gibt keine klare Botschaft oder einen roten Faden, der die Geschichten irgendwie zusammen hält. Es gibt zwar Handlung, aber diese wird immer wieder durch Szenen unterbrochen, in denen nur Musik zu hören und (mitunter surreale) Bilder zu sehen sind. Das verschwert nicht nur das Verständnis, sondern ermüdet noch zusätzlich. Mit 135 Minuten Länge ist I’m Not There zudem nicht gerade kurz.
Zu den Performances der sechs „Hauptdarsteller“: Christian Bale und Ben Whishaw haben im Vergleich zu den anderen vier recht wenig Screentime und ihre Rollen wirken daher weniger wichtig bzw. schwerer verständlich. Der kürzlich viel zu früh verstorbene Australier Heath Ledger und seine Landsfrau Cate Blanchett (letztere Oscar-nominiert, aber nicht ausgezeichnet) haben wohl den größten Platz innerhalb des Films. Aber richtig schlau wird man aus ihren Figuren trotzdem nicht. Cate Blanchett ist in ihrer Darstellung des gleichgültigen Jude Quinn natürlich herausragend, allerdings können die Schauspieler durch die Bank überzeugen. In Nebenrollen sind übrigens Julianne Moore (The Hours) und Michelle Williams (Brokeback Mountain) zu sehen.
Was lernen wir aus I’m Not There? Dass ein so mannigfaltiger Künstler wie Bob Dylan wohl undurchdringlich ist und nur echte Fans dessen Lebensgeschichte(n) verstehen. Und dass dieser Film ins Spätprogramm eines anspruchsvollen Kultursenders wie ARTE gehört.
Fazit: Der wie eine Collage zusammengesetzte Musikfilm ist schwerer Stoff, vermutlich nur für echte Bob Dylan-Fans verständlich. 6 von 10 Punkten.
Jack Rollins.
Woody Guthrie.
Arthur Rimbaud.
Robbie Clark.
Billy The Kid.
Marius Joa, 2. März 2008. Bilder: Tobis.
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