Ein alter Bestsellerautor wird tot aufgefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin. Doch ein mysteriöser Detektiv vermutet, dass mehr hinter dem Todesfall steckt. Nach seinem kontrovers aufgenommenen Star Wars: Die letzten Jedi drehte Regisseur Rian Johnson mit Knives Out eine Hommage an klassische Whodunit-Streifen.
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Knives Out – Mord ist Familiensache (Knives Out)
Krimi USA 2019. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 131 Minuten. Kinostart: 2. Januar 2020.
Mit: Daniel Craig, Ana de Armas, Toni Collette, Jamie Lee Curtis, Chris Evans, Don Johnson, Katherine Langford, Christopher Plummer, Michael Shannon, Lakeith Stanfield u.a. Drehbuch und Regie: Rian Johnson.
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Der perfekte Mord?
Am Morgen nach seinem 85. Geburtstag wird der schwerreiche Krimi-Bestsellerautor Harlan Thrombey (Christopher Plummer) tot aufgefunden. Obwohl man den Toten mit durchgeschnittener Kehle entdeckt hat, ist die Polizei in Person von Detective Lieutenant Elloit (Lakeith Stanfield) der Meinung, dass es sich um Selbstmord handelt. Als die Familienmitglieder erneut befragt werden taucht der mysteriöse Privatdetektiv Benoit Blanc (Daniel Craig) auf und startet seine eigenen Ermittlungen. Als Assistentin sucht sich Blanc ausgerechnet Marta Cabrera (Ana de Armas), Harlans fürsorgliche junge Pflegerin, aus. Wie sich nach und nach herausstellt hatte jeder aus der Familie am Tag der Geburtstagsfeier Streit mit dem Patriarchen und daher ein Motiv ih umzubringen: Harlans Tochter Linda (Jamie Lee Curtis) eine erfolgreiche Immobilienmaklerin, ihr Ehemann Richard (Don Johnson) und deren nichtsnutziger Sohn Ransom (Chris Evans) aber auch Lindas Bruder Walt (Michael Shannon), der die Verlagsgesellschaft seines Vaters leitet, Harlans verwitwete Schwiegertochter Joni (Toni Collette) sowie ihre Tochter Meg (Katherine Langford)…
Nachdem ihre Hochzeit in den 1970ern und 1980ern lange vorbei ist erlebte das Whodunit-Genre (von englisch “who has done it”) kürzlich eine kleine Renaissance in den Kinos. Nach Kenneth Branaghs erfolgreicher, wenngleich alberner und umständlich erzählter Neuverfilmung von Mord im Orientexpress (2017) folgte im gleichen Jahr mit Das krumme Haus von Gilles Paquet-Brenner eine ebenfalls starbesetzte Adaption eines Kriminalromans von Altmeisterin Agatha Christie (1890-1976). 2019 erschien Die Morde des Herrn ABC als dreiteilige Miniserie mit John Malkovich als belgischem Detektiv Hercule Poirot. Bevor Branaghs nächste Neuverfilmung, von Tod auf dem Nil, ab 15. Oktober 2020 auf die Zuschauer losgelassen wird präsentiert uns Rian Johnson mit Knives Out seine Version eines “Murder Mystery”.
Auf den ersten Blick scheint hier alles recht klar. Ein schwerreicher Patriarch (hier aber mal kein Ekel, sondern ein eher angenehmer Zeitgenosse) hat diverse Unstimmigkeiten mit seiner teils schmarotzenden Sippe und stirbt schließlich überraschend. War es Mord? Hat ihn jemand aus der Familie wegen Geld um die Ecke gebracht? Hier setzt Johnson, der neben der Regie auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnete, an und damit die klassischen Genre-Regeln teilweise außer Kraft. Die Befragungen der Familienmitglieder werden selbstredend durch Rückblenden auf die entsprechenden Vorkommnisse ergänzt. Nur dass hier nicht die behaupteten Aussagen gezeigt werden, sondern die tatsächlichen, was die Hinterbliebenen sogleich als Lügner entlarvt. Auch wenn der Plot die gängige Struktur ziemlich auf den Kopf stellt so bleiben zentrale Whodunit-Elemente erhalten. Für den besonders gewieften Beobachter mag Knives Out vielleicht etwas vorhersehbar sein weil die ganzen Details natürlich hübsch zurechtkonstruiert werden.
Trotz der illustren Besetzung, von denen die meisten Darsteller wenig zu tun bekommen, zeigt sich der Film relativ unglamourös obgleich das mit allerlei düsteren Accessoires (Höhepunkt: der Messer-Thron, eine herrliche Anspielung auf den Eisernen Thron) ausgestattete Thrombey-Anwesen gekonnt in Szene gesetzt wird. Die Kameraführung verzichtet auf hektische Bildfolgen und filmt etwa den von Daniel Craig mit Genüsslichkeit gespielten Schnüffler meist von unten. Für Rian Johnson mag sein erster Film seit Star Wars: Die letzten Jedi (und der überzogenen Kritik daran) eine liebevolle Hommage an Agatha Christie-Adaptionen und ähnliche Filme wie Eine Leiche zum Dessert (1976) oder Alle Mörder sind schon da (1985) darstellen, doch seine Versuche mit aktuellen Thematiken wie Einwanderungspolitik, Influencer und Internet-Hetze das Ganze in Richtung Gesellschaftssatire zu lenken wirken einfach nur plump. Den Hype, der um Knives Out veranstaltet wird (siehe drei Golden-Globe-Nominierungen), kann ich nicht ganz nachvollziehen. Mehr als einen solide, humorvoll-unterhaltsamen Beitrag ist nämlich am Ende nicht herausgekommen. Auf ein gemeinsames Wiedersehen mit Daniel Craig und Ana de Armas (Blade Runner 2049) im nächsten James Bond-Film Keine Zeit zu Sterben (Kinostart: 2. April 2020) freue ich mich dennoch.
Fazit: Rian Johnson liefert mit Knives Out einen geschickt konstruierten und amüsanten Krimi, der den Gesetzen des Whodunit-Genres trotzt. 7 von 10 Punkten.
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Benoit Blanc ermittelt…
…in der Thrombey-Familie
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