Nach Keinohrhasen und Zweiohrküken kommt Kokowääh. Mit dabei: Til Schweigers Tochter Emma, diesmal mit einer Hauptrolle betraut. Einmal mehr war zu beobachten, dass Filmkritiker nicht neutral blieben und Schweigers Arbeit ohne zu zögern verrissen. Haben Sie Recht? Johannes Michel ging der Frage nach.
Kokowääh
Familienkomödie, Deutschland 2010. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. 126 Minuten. Deutscher Kinostart: 3. Februar 2011
Mit: Til Schweiger, Emma Tiger Schweiger, Jasmin Gerat, Samuel Finzi, Meret Becker, Katharina Thalbach, Miranda Leonhardt, Misel Maticevic, Friederike Kempter u.a. Regie: Til Schweiger
Sympathisches Familienkino
Til Schweiger wird gerne kritisiert. Es geht ihm dabei wie so manchem Fußballtrainer, dem – trotz Erfolg – viele gerne sagen würden, wie es noch besser ginge. Bisher hat er sich davon nicht beeindrucken lassen und spart sich in seiner Karriere echte Flops auch wenn natürlich waren auch schon schwache Filme wie One Way oder Far Cry dabei waren. Kokowääh ist aber eines seiner Meisterstücke.
Drehbuchautor Henry (Til Schweiger) hat Talent, agiert aber beruflich glücklos und flüchtet sich privat in viele Affären. Da erhält er ein lukratives Angebot: Zusammen mit seiner Ex Katharina (Jasmin Gerat), einer erfolgreichen Autorin, soll er das Drehbuch zu einer Literaturverfilmung schreiben. Einziges Problem: Katharina hält ihn für nicht gerade zuverlässig und gibt ihm eine Bewährungszeit. Ausgerechnet in diesem Moment taucht die kleine Magdalena auf – und Henry kann es gar nicht fassen, dass er aus einem One-Night-Stand eine Tochter hat. Die fordert allerdings Zeit – und Katharina kündigt die Zusammenarbeit mit dem ständig verspäteten Henry auf. Magdalena stellt dessen Leben und seine Einstellung zu Kindern und Familie vollkommen auf den Kopf – und Henry versucht, sich an allen Fronten zu beweisen. Oberstes Ziel: Katharina zurückzugewinnen.
Magdalena und Henry machen so einiges durch…
Eine Filmkritik ist immer etwas sehr persönliches. Der Kritiker sitzt im Kino (bei Kokowääh war es sogar wieder einmal ausverkauft), bildet sich eine Meinung und gibt diese dann an die Leser weiter. Normalerweise äußert er sich aber zurückhaltend und verzichtet darauf, auf andere, bereits bestehende, Kritiken zum gleichen Film zu verweisen. Das soll aber hier einmal, ausnahmsweise, anders sein.
Entnervt habe ich in den vergangenen Wochen viele Meinungen zu Kokowääh gelesen und musste einmal mehr feststellen: Bei den Kritikern fällt der Film nahezu durch oder wird mit Glück mittelmäßig bewertet. Das Publikum dagegen ist größtenteils zufrieden. Nun wäre das noch nichts Besonderes, schließlich hat sich so mancher Kritiker längst vom allgemeinen Denken und Fühlen verabschiedet. Bei Kokowääh geschieht dies aber mit viel falscher Argumentation.
Zuerst einmal: Die von vielen Kritikern beschriebene Story über eine Patchwork-Familie ist vollkommener Unsinn. Im Film taucht keine solche auf. Henrys One-Night-Stand war schon vor der Geburt der Tochter Magdalena mit ihrem Ehemann Tristan (Samuel Finzi) zusammen und ist verheiratet. Wo bitte ist die Patchwork-Familie – ein Begriff, der zurzeit ohnehin inflationär in allen Medien und besonders Fernsehen auftaucht?
Stilblüten aus der Pressewelt gefällig? „Spiegel Online“ schreibt: „Zugegeben, wir sind keine Fans von Til Schweiger. Aber seinen neuen Film „Kokowääh“ zu verreißen, fanden wir dann doch zu einfach.“ Stattdessen veröffentlicht „Spiegel Online“ eine Satire auf die Dreharbeiten. Oder „Die Welt“: „Klar, dass Til Schweiger seinen neuen Film, wie auch seine letzten Filme, der Presse vorab nicht zeigen wollte wie in der Branche üblich. Für Verrisse braucht man eben ein stabiles Ego.“ Oder die „Süddeutsche“: „Schweiger selbst veranstaltet längst schon keine Kritikervorführungen mehr. Lieber spricht er direkt zum Volk, das ihn millionenfach liebt. So wie jetzt, wenn er nach mehr Hilfe für Opfer und mehr Härte gegen Täter ruft. Wer könnte Einwände gegen einen solchen Wunsch haben? Doch nur dubiose intellektuelle Menschen, Kritiker, die folglich entweder selbst Kinderschänder sind oder keine Phantasie haben.“
Das soll reichen.
Eine objektive Bewertung von Kokowääh können die deutschen Medien scheinbar nicht leisten. Ich möchte mich kurz fassen: Kokowääh überzeugt mit einer sympathischen Geschichte und guten Schauspielerleistungen. Sowohl Til Schweiger (ja!) als auch Jasmin Gerat, Samuel Finzi und nicht zuletzt Emma Schweiger, die als Magdalena den Großen zeigt, wo es lang geht, gefallen. Einzig in einem Punkt sei den Kritikern recht gegeben: Auf sinnlose Einschübe wie drohende Ostblock-Autoabschlepper, Hartz-IV-Kinder und -Eltern in Supermärkten und übermotivierte Polizisten sollte Schweiger künftig verzichten. Solche Szenen ziehen den Film ins Lächerliche und sind für die Handlung überflüssig.
Fazit: Sympathische Komödie aus deutscher Produktion. Ein Film, der sich sowohl für den netten Abend unter Freunden als auch für einen Familienabend der Generationen anbietet. 8 von 10 Punkten.
Magdalena setzt Henrys Küche in Brand.
Wer ist Magdalenas Vater? Die beiden Männer sind sich zunächst nicht einig…
Henry und Katharina schreiben zusammen ein Drehbuch.
Johannes Michel, 8. Dezember 2011. Bilder: Warner.
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