Was wäre wenn es eine Pflanz gäbe, die Menschen glücklich machen könnte? Diese Frage erforscht Little Joe von Regisseurin Jessica Hausner…
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Little Joe – Glück ist ein Geschäft (Little Joe)
Science-Fiction/Psycho-Drama Österreich, Deutschland, UK 2019. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 106 Minuten. Kinostart: 9. Januar 2020.
Mit: Emily Beecham, Ben Whishaw, Kit Connor, Kerry Fox, David Wilmot, Phénix Brossard, Lindsay Duncan u.a. Drehbuch: Jessica Hausner und Géraldine Bajard. Regie: Jessica Hausner.
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Sterile neue Pflanzenwelt
Alice (Emily Beecham) ist nicht nur eine erfolgreiche Pflanzenzüchterin, sondern auch alleinerziehende Mutter des 13jährigen Joe (Kit Connor). Mit ihrem Kollegen Chris (Ben Whishaw) steht Alice kurz davor, eine neuartige Pflanze auf den Markt zu bringen, die Menschen glücklich machen kann. “Little Joe”, so der Name der revolutionären, sterilen Züchtung, benötigt nicht nur genügend Wasser, sondern auch die Aufmerksamkeit seiner Besitzer. Heimlich nimmt Alice ein Exemplar mit nach Hause und schenkt es ihrem Sohn. In der Folge beginnt sich Joe zu verändern. Liegt das an der Pubertät oder hat die Pflanze etwas damit zu tun? Alices psychisch labile Kollegin Bella (Kerry Fox) hat große Zweifel, ob “Little Joe” wirklich so eine gute Idee ist…
Ursprünglich wollte ich Little Joe bereits im September auf dem Fantasy Filmfest 2019 sehen, doch mein Terminkalender und die gut 100 km Anreise nach Nürnberg per Bahn machten diesem Plan einen Strich durch die Rechnung. Immerhin erhielt der Film einen offiziellen deutschen Kinostart und das Programmkino hier zeigte ihn glücklicherweise. Wer allerdings ein Werk wie Blumen des Schreckens oder Die Triffids erwartet, dürfte enttäuscht werden. Die Österreicherin Jessica Hausner (Lourdes, Amour Fou) liefert mit ihrer ersten englischsprachigen Regie-Arbeit subtilen Pflanzenhorror ab, der bekannte Genre-Zutaten auf eigene Weise nutzt.
Die Geschichte von der künstlich erschaffenen Pflanze, die glücklich(er) macht, passt natürlich wunderbar in eine Reihe mit anderen Filmen der Gegenwart über die ausufernde Optimierung des Menschen, siehe Work Hard – Play Hard (2011), Die Ausbildung (2011), Life Guidance (2017) oder der Animationsfilm Anomalisa (2015). Ein Genre, welches es mir besonders angetan hat. Little Joe widmet sich aber zudem weiteren Themen und Motiven. Die Protagonistin lebt zwar mit ihrem 13jährigen Sohn zusammen, hat für diesen aber kaum Zeit, weil die Arbeit sie sehr beansprucht. Gekocht wird nie, das Abendessen kommt immer per Lieferservice. Die neue Pflanze soll dem Sprössling nicht nur als Geschenk dienen, sondern auch als Gesellschaft, um nicht zu sagen Bezugsperson. Das Für und Wider von Gentechnik wird natürlich ebenso angerissen.
Die perfekte Pflanze für das perfekte Leben fügt sich perfekt ein in die Reihe von Marken-Produkte und Statussymbole aus den Bereichen Mode, Accessoires, Möbel und natürlich Smartphones oder anderen unterhaltungselektronischen Geräte. Warum das Glück in der Erfüllung der persönlichen Wünsche suchen, wenn man das einfach mit einer roten Blume haben kann? Diese gar nicht so ferne Zukunftsvision kleiden Jessica Hausner und ihre Crew in steril-unheimliche Bilder. Kalte und matte Farben dominieren. Panorama-Aufnahmen im Gewächshaus in Überwachungsvideo-Ästhetik sorgen für eine eisige Atmosphäre. Dazu wirken auch die Figuren fast durchgehend zurückgenommen und recht emotionslos, vor allem nachdem sie den Pollen der titelgebenden Pflanze ausgesetzt wurden. Gepaart mit unheilvollem Sounddesign und den kakophonen Percussion-Klängen des japanischen Avantgare-Komponisten Teiji Ito (1935-1982) ergibt das eine zurückhaltend-schaurige Züchtung deren Bedeutungsebenen viel Anlass zur Diskussion bieten.
Die österreichisch-deutsch-britische Co-Produktion verfügt außerdem über einen prominenten und starken Cast. Im Zentrum steht Emily Beecham (bekannt aus der Martial-Arts-Serie Into the Badlands) als Alice. Die britisch-amerikanische Schauspielerin gewann bei den Filmfestspielen von Cannes 2019 den Preis als beste Hauptdarstellerin, zu Recht. Ihr zur Seite stehen Ben Whishaw (Das Parfum, Skyfall) und Kerry Fox (Intimacy) als Alices Kollegen sowie der junge Kit Connor (Rocketman) als Joe. Inszenatorisch hat mich Llttle Joe sehr an den “Immobilien-Horror” Vivarium erinnert, wenngleich die beiden Beiträge was Farbgebung und Thema angeht eher wenig gemeinsam haben.
Fazit: Minimalistisch inszeniertes und gekonnt steril aufgemachtes Scifi-Drama, dessen subtile Schaurigkeit emotionale Verkümmerung andeutet. 8 von 10 Punkten.
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Alice und ihr Sohn Joe
Alice und ihr Team züchten…
…die perfekte Pflanze
Kollegin Bella hat ihre Zweifel
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