Da die Kinos wegen der Corona-Pandemie seit November 2020 geschlossen sind und auch noch mindestens einige Woche sein werden bleiben dem Cineasten als Möglichkeit zur Sichtung aktueller Filme DVDs/BluRays oder eben Streaming. Wie bei Malcolm & Marie, dem von Sam Levinson mit lediglich zwei Schauspielern gedrehten Film, welcher bei Netflix gelandet ist.
—
Malcolm & Marie
Drama USA 2021. 106 Minuten. Filmstart: 5. Februar 2021.
Mit: John David Washington und Zendaya. Drehbuch und Regie: Sam Levinson.
—
What a night
Regisseur Malcolm (John David Washington) und seine Freundin Marie (Zendaya) kommen zu später Stunde von der Premiere seines neuen Films zurück. Während Malcolm aufgrund der positiven Resonanz über sein aktuelles Werk begeistert ist und auf Wolke Sieben schwebt, zeigt sich Marie eher desinteressiert. In der Folge beginnt sich das Paar zu streiten. Denn Malcolm hat Marie in seiner Dankesrede vergessen. Dabei basiert sein neuer Film in weiten Teilen auf ihrem Leben…
Sam Levinson (geboren 1985), der Sohn des amerikanischen Regisseurs Barry Levinson (Good Morning, Vietnam, Rain Man, Toys), schuf die Jugenddrama-Serie Euphoria, deren erste Staffel 2019 bei HBO und in Deutschland bei Sky erschien. Wegen der Covid-19-Pandemie mussten die Dreharbeiten zu Season 2 der Serie kurz nach Beginn gestoppt werden. Levinson und seine Hauptdarstellerin Zendaya (Spider-Man: Homecoming, The Greatest Showman) suchten nach einer Möglichkeit während der Pandemie zu arbeiten. Nach mehreren Ideen entschieden sich die Beiden schließlich für ein Beziehungsdrama in Echtzeit. Malcolm & Marie wurde vom 17. Juni bis 2. Juli 2020 im Caterpillar House im kalifornischen Carmel-by-the-Sea gedreht, unter strengen Auflagen inmitten der Corona-Pandemie. Zendaya und ihr Spielpartner John David Washington (Tenet), der Sohn von Denzel Washington, waren auch für Make Up und Kostüme zuständig. Es durften nie mehr als zwölf Personen gleichzeitig am Set sein und die ganze Filmcrew befand sich nicht nur während des Drehs, sondern auch zwei Wochen davor und danach in Quarantäne.
Von der Konstellation her erinnerte mich Levinsons filmisches Zwei-Personen-Stück über weite Strecken an Before Midnight (2013), dem dritten (und vermutlich letzten) Teil der Before…-Trilogie von Richard Linklater, mit Ethan Hawke und Julie Delpy in den Hauptrollen. Ihre Figuren Jesse und Céline geraten darin während einer gemeinsamen Nacht im Hotel in Streit über ihre Beziehung. Malcolm & Marie schlägt da in eine ähnliche Kerbe. Es geht bei dem immer wieder aufflammenden Zwist der Titelfiguren um aufgestauten Frust, um gegenseitige Anerkennung und beiderseitigen Respekt. Dass Malcolm Marie in seiner Dankesrede vergessen hat bildet dabei nur die Spitze des Eisberges, allerdings ein starkes Symptom für das, was von seiner Seite aus nicht richtig läuft. Aber auch Marie muss sich berechtigte Einwände von ihrem Freund bezüglich ihres eigenen Verhaltens anhören.
Als weiteres Thema kommt die Filmkritik hinzu. Malcolm zeigt sich zwar erfreut über die guten Reviews, reagiert aber sauer auf die Tatsache, dass er als afroamerikanischer Filmemacher unabhängig von seiner kreativen Vision zwangsläufig politisch sein muss und mit Spike Lee (Do The Right Thing, Malcolm X, BlacKkKlansman) oder Barry Jenkins (Moonlight, Beale Street) aber nicht mit William Wyler (Ben Hur [1960]) verglichen wird. Ein gekonnter Seitenhieb auf das Gebahren vieler professioneller US-Filmkritiker.
Der ungarische Kameramann Marcell Rév, mit welchem Sam Levinson schon bei seinem Film Assassination Nation und eben Euphoria zusammengearbeitet hat, fängt die Handlung in oft langen, überaus dynamischen Einstellungen ein. Die dabei entstandenen Schwarzweiß-Bilder sorgen für eine glamouröse, fast unwirkliche Ästhetik mir visuellen Reminiszenzen an den Film Noir. Auch wenn sich der verbale Schlagabtausch der beiden Charaktere abwechlungsreich und durchaus authentisch gestaltet so dreht sich die ganze Sache nach meinem Befinden am Ende etwas im Kreis. Vermutlich hätten es 15 bis 20 Minuten weniger Laufzeit auch getan.
Malcolm & Marie ist seit dem 5. Februar 2021 bei Netflix abrufbar.
Fazit: Dynamisches, auf eine Nacht reduziertes Beziehungsdrama in hochwertiger Schwarzweiß-Ästhetik. 7 von 10 Punkten.
—
—
Marius Joa, 7. März 2021. Bilder: Netflix.
Schreibe einen Kommentar