Bisher versuchte sich Hollywood fünfmal vergeblich, einen gelungenen Superman-Film auf die Leinwand zu bringen. Mit dem von Zack Snyder (Watchmen) inszenierten und von Christopher Nolan (Dark Knight-Trilogie) produzierten Man Of Steel soll alles anders und vor allem besser werden. Kann das Endprodukt die hohen Erwartungen erfüllen?
Man Of Steel
Science-Fiction-Film USA 2013. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 143 Minuten. Kinostart: 20. Juni 2013.
Mit: Henry Cavill, Amy Adams, Kevin Costner, Russell Crowe, Laurence Fishburne, Diane Lane, Christopher Meloni, Michael Shannon, Antje Traue, Ayelet Zurer u.v.a. Regie: Zack Snyder. Drehbuch: David S. Goyer.
Das Erbe Kryptons
Den Bewohnern von Krypton droht die Vernichtung. Weil die technologisch hoch entwickelte Zivilisation nach Erschöpfung der übrigen Ressourcen den Kern ihres Heimatplaneten angezapft hat, droht dieser nun zu kollabieren. Wissenschaftler Jor-El (Russell Crowe) sieht als einer von wenigen diese Katastrophe voraus. Mit seiner Frau Lara (Ayelet Zurer) schießt Jor-El ihren neugeborenen Sohn Kal-El in einer Raumkapsel ins All, bevor der Planet vergeht. Nach langem Flug landet der Säugling mit seinem Schiff auf der Erde, im Feld von Jonathan und Martha Kent (Kevin Costner, Diane Lane). Das bisher kinderlose Farmer-Ehepaar aus Kansas zieht den außerirdischen Jungen, den sie Clark nennen, wie ihren eigenen Sohn auf. Schon früh wird klar, dass Clark besondere Fähigkeiten hat. Jonathan rät seinem Ziehsohn, diese zu verbergen, um Schwierigkeiten zu vermeiden. Zum stattlichen jungen Mann herangereift reist Clark (Henry Cavill) unter verschiedenen Identitäten durch Nordamerika und verdingt sich als Tagelöhner, während er dank seiner übermenschlichen Kräfte immer wieder Leute aus aussichtlosen Situationen rettet. Lois Lane (Amy Adams), Star-Reporterin beim Daily Planet, wird nach einigen Recherchen auf den jungen Mann mit den Superkräften aufmerksam und wittert eine Riesenstory, die sie jedoch wieder fallen lässt. Bis der seinerzeit wegen eines Militärputsches von Krypton verbannte General Zod (Michael Shannon) mit seinen Anhängern auf der Erde landet und von Kal-El fordert, sich ihm zu stellen…
Keiner der bisherigen Superman-Filme war wirklich gelungen. Die ersten vier mit Christopher Reeve in der Titelrolle (Superman, Superman II: Allein gegen alle, Superman III: Der stählerne Blitz und Superman IV: Die Welt am Abgrund) sind aus heutiger Sicht recht angestaubt. Außerdem nervten die peinlichen Charaktere und der bisweilen fast ins Lächerliche abdriftende US-Patriotismus. Ebenfalls wenig positiv war 2006 Superman Returns von Bryan Singer (X-Men), der an einem schlechten Drehbuch, fehlbesetzten Hauptdarstellern und der lächerlichen Verneigung vor den alten Filmen scheiterte. Im Grunde ist die Figur des Superman, der alles kann und durch nichts zu besiegen ist, auch als konfliktträchtige Figur für einen Kinofilm völlig ungeeignet.
Nachdem Warner über die Jahre diverse Ideen für den nächsten Superman-Film von Comic-Autoren und Filmemachern gesichtet hatte, ging der Zuschlag an David S. Goyer und Christopher Nolan. Ihr Konzept erarbeiteten sich die beiden während der Drehbuch-Entwicklung von The Dark Knight Rises. Auf Basis des gemeinsamen Entwurfs schrieb Goyer das Drehbuch und Nolan bekleidete den Posten des Produzenten, während Zack Snyder (300, Watchmen, Sucker Punch) die Regie übernahm. Gedreht wurde Man Of Steel von August 2011 bis Februar 2012, anschließend begann die lange Phase der Postproduktion inklusive der mittlerweile üblichen 3D-Konvertierung.
Die quälende Frage: hat sich der massive Aufwand denn endlich gelohnt? Grundsätzlich ja. Man Of Steel überzeugt dank einer völligen Neuerfindung seiner Figuren und deren Hintergrundgeschichte, verkommt aber im letzten Drittel zu einer viel zu langen, allzu sehr ermüdenden Materialschlacht.
Gleich die Eingangssequenz auf Krypton bietet einiges an Hintergrundinformation. Die scheinbar perfekte Gesellschaft des Planeten Kryptons steht dem Untergang nahe. Jor-El und seine Ehefrau haben mit der natürlichen Zeugung und Geburt eines Kindes seit Jahrhunderten sich gegen die übliche Methode entschieden, bei der ein genetischer Kodex die zukünftigen Kryptonier nach ihrer zu erfüllenden Aufgabe heranzüchtet. Damit das Erbe des Planeten nicht mit ihm stirbt, erhält Baby Kal-El diese „Erbinformationen“ mit auf seine Reise, um möglicherweise auf einer anderen Welt eine neue Zivilisation zu errichten. Auf der Erde wächst er zwar als vermeintlich normaler Mensch auf, muss aber schon von Kindesbeinen an lernen, seine übermenschlichen Kräfte zu beherrschen. Hier fällt einem besonders eine Szene auf, in der Clark während des Unterrichts von seinem Supergehör und seinem Röntgenblick fast wahnsinnig wird.
Generell ist die große Stärke des Films, dass gewisse, bekannte Elemente nicht als selbstverständlich erachtet werden. Eigentlich ist Man Of Steel auch kein Film über Superman (der Name wird kaum erwähnt) sondern handelt vom Außerirdischen Kal-El, der auf der Erde unter Menschen aufwächst und dem Erbe seines untergegangenen Heimatplaneten. In behutsam eingefügten Rückblenden wird die Vergangenheit der Hauptfigur immer wieder erforscht. Beeinflusst durch Christopher Nolans Dark Knight-Trilogie ist die Inszenierung hier über weitere Strecken einigermaßen realistisch gehalten, mit teilweise dokumentarisch anmutender Kameraführung. Obwohl Regisseur Zack Snyder in seinen bisherigen Werken gerne zu immenser Überstilisierung neigte, so macht er hier nie den Fehler, nur Hochglanzbilder zu servieren. Die Optik ist meist leicht verwackelt, die Kamera hängt entweder unmittelbar am Geschehen oder nimmt bei effektvolleren Szenen die Position eines weiter entfernten Beobachters ein.
Auch wenn hier erwartungsgemäß keine große ‚Schauspielkunst geliefert wird, so wirkt die prominente Besetzung sehr passend, vor allem Russell Crowe als Jor-El und Kevin Costner als Jonathan Kent. Beide haben mehr Screentime als anfangs vermutet. Henry Cavill (Die Tudors, Krieg der Götter) macht als Titelcharakter mit starker physischer Präsenz eine gute Figur.
Der einzig große Negativpunkt ist das von hemmungslos ausufernden Kämpfen, Explosionen und anderen CGI-Sequenzen überladene Finale. Scheinbar wollten die Macher sämtliche Effektoverkill-Rekorde brechen. So zieht sich der große Endkampf zwischen Kal-El und den Kryptoniern scheinbar endlos in die Länge. Der ansonsten vorherrschende realistische Ansatz wird dadurch fast ad absurdum geführt. Musikalisch wäre dagegen mehr drin gewesen. Hans Zimmer recycelt hier lediglich seinen Score aus den Dark Knight-Filmen und packt noch eine Portion monotonen Bombast obendrauf.
Fazit: Man Of Steel ist kein klassischer Superheldenfilm. Stattdessen entwirft er ein düsteres und recht authentisches Szenario über die letzten Bewohner eines fremden Planeten auf der Erde. Das völlig überladene Finale ist allerdings ermüdend und trübt den positiven Gesamteindruck. 7 von 10 Punkten.
Perry White und Lois Lane staunen
General Zod will die Erde neu bevölkern
Marius Joa, 23. Juni 2013. Bilder: Warner Bros.
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