Marie Antoinette

Nach dem Erfolg von Lost In Translation konnte sich Sofia Coppola, Tochter von Francis Ford Coppola, endlich wieder ihrem großen Traumprojekt widmen: einen Film über die umstrittene Königin Marie-Antoinette von Frankreich. Marius Joa über ein Filmerlebnis der ganz eigentümlichen Art.

Marie Antoinette
Bilder-Collage/Biografie USA/Frankreich/Japan 2006. FSK: Freigegeben ohne Altersbeschränkung. 118 Minuten (PAL-DVD). Deutscher Kinostart: 2. November 2006.
Mit: Kirsten Dunst, Jason Schwartzman, Steve Coogan, Judy Davis, Rip Torn, Rose Byrne, Asia Argento, Molly Shannon, Shirley Henderson, Danny Houston, Marianne Faithfull u.v.a. Drehbuch und Regie: Sofia Coppola.


Prunk und Kitsch und schlechte Schnitte

Mit 14 Jahren kommt die österreichische Prinzessin Marie-Antoinette (Kirsten Dunst) an den französischen Hof in Versailles und heiratet den ihr völlig fremden Thronfolger Louis Auguste (Jason Schwartzman). Die Ehe ist für das junge Mädchen kein Zuckerschlecken. Ihr neuer Gemahl will partout nicht mit ihr schlafen, was Marie-Antoinettes Mutter Maria Theresia (Marianna Faithfull) zum ständigen Tadeln ihrer Tochter bringt. Mit dem grotesken Leben am königlichen Hofe Ludwig XV. (Rip Torn) und seinen oberflächlichen Ritualen kann sich Marie-Antoinette auch nicht anfreunden. Einsam sucht sie Halt im verschwenderischen Konsumieren von Mode, teurem Essen und Glücksspiel. Bis die französische Revolution 1789 die Königsfamilie aus ihrem Traum reißt…

Nachdem Sofia Coppola, Tochter des berühmten Regisseurs und Produzenten Francis Ford Coppola (Der Pate, Apocalypse Now ) als Schauspielerin gescheitert war, versuchte sie sich als Regisseurin. Für ihren dritten Spielfilm wollte die Oscar-Preisträgerin wohl ein ambitioniertes Historiendrama über die einsame und missverstandene französische Königin Marie-Antoinette drehen und somit ihr Opus Magnum vollenden, das Coppola jahrelange Recherchen und eine zähe Drehbuch-Entwicklung abverlangte. Doch wenn man sich den „fertigen“ Film Marie Antoinette ansieht, der immerhin auf den Filmfestspielen von Cannes lief und teilweise gute Kritiken und auch Preise erhielt, so fragt man sich, wieso Frau Coppola für diese emotionslose, langweilige, nichts sagende und wenig zusammenhängende Bilder-Collage überhaupt ein Skript gebraucht hat.

Coppolas Ziel war es, die Story komplett aus der Sicht der einsamen jungen Marie-Antoinette zu zeigen. Eine Sache, die der Regisseurin zwar teilweise gelingt, aber die auch zur Folge hat, dass das Volk im Film völlig außen vor bleibt. Generell ist es schon eine Leistung, den Schwerpunkt auf eine Figur zu legen, aber trotzdem viele für die Historie wichtige und spannende Geschehnisse wie z.B. die Halsketten-Affäre einfach weg zu lassen. Die verbotene Liebe zwischen Marie-Antoinette und dem schwedischen Soldaten Graf von Fersen (Jamie Dornan) wird mit ein paar sehnsüchtigen Blicken und einer kurzen Sex-Szene abgehandelt. Das gilt übrigens für so gut wie Alles im Film. Kurze Szene, schwarzer Bildschirm, nächste Szene, anderes Thema. So sieht die „Dramaturgie“ des Films aus.

Sollte es jemals eine Goldene Himbeere für den schlechtesten Schnitt geben, so hätten der/die Cutter von Marie Antoinette diese „Auszeichnung“ mehr als verdient. Bei so vielen schlechten, vollkommen abgehakten Schnitten muss wohl Absicht oder zumindest grobe Fahrlässigkeit vorliegen. Was das Ganze allerdings soll, erschließt sich dem Zuschauer kaum, denn vor allem ein kostüm- und kulissen-lastiger Film wie dieser sollte doch wesentlich mehr Bildfluss haben. Die ständige Einblendung des schwarzen Bildschirms könnte einem fast dazu verleiten, in Marie Antoinette einen teuren produzierten Fernsehfilm zu sehen, bei dem das Schwarz den Platz für die Werbepausen positionieren soll. Doch selbst für eine der vielen TV-Produktionen über historische Stoffe, die je bekanntlich nicht für emotionale Tiefe bekannt sind, wirkt Marie Antoinette erschreckend emotionslos. Wenn man aus Langeweile nicht schon nach kurzer Laufzeit einschläft, lässt einen das Schicksal der jungen Königin ziemlich kalt.

Hauptdarstellerin Kirsten Dunst darf sich vergeblich an einer extrem künstlichen Heulszene versuchen, ansonsten schaut sie nur wahlweise lächelnd oder traurig in die Kamera, wobei man ihr immerhin zugestehen muss, dass sie als 14jährige Marie-Antoinette halbwegs glaubwürdig ist. Die dünne Dunst in dieser Rolle zu besetzen ist allerdings grundsätzlich falsch, denn wie bitte kann eine Frau, die sich über zwanzig Jahre allerlei Genüssen hingibt noch so schlank aussehen? Den Vorwurf muss sich der Film generell bei den Darstellerinnen gefallen lassen.

Neben wenigen Stücken aus der klassischen Ecke scheint die Musik des Films ausschließlich aus Coppolas eigener Mottenkiste zu stammen. Der Ansatz, moderne Rock- und Popmusik in einen geschichtlich inspirierten Film zu packen, mag potenziell revolutionär klingen, ist aber doch bei Marie Antoinette misslungen. Einerseits passt die Soundtrack-Mischung aus New Wave und Postpunk zum hedonistischen Leben der Hauptfigur, andererseits wirkt sie im ganzen Film genauso monoton wie die zerstückelte Handlung.

Was will uns die Regisseurin mit ihrem Werk sagen? Dass Marie-Antoinette eine „positivere“ Version von Paris Hilton war? Dass es damals schon Schuhe von Manolo Blahnik gab? Keine Ahnung. Vermutlich ist es ein realistischer Film über Langeweile, der bezeichnenderweise sehr langweilig ist. In dieser Hinsicht ist er sogar gelungen. Ansonsten leider nicht einmal ansatzweise.

Fazit: Langweilige, nichts sagende, konzeptarme, oberflächliche Pseudo-Biografie mit schlechter Musikauswahl und einer fehlbesetzten Hauptdarstellerin. In so gut wie jeder Hinsicht ein Ärgernis. 2 von 10 Punkten.


Im Bett läuft nichts.

Spaziergang rund um Versailles.
Marius Joa, 25. März 2009. Bilder: Columbia Pictures.


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