Mit dem finnisch-chinesischen Beitrag Master Cheng wurde am 29. Januar 2020 das 46. Internationale Filmwochenende in Würzburg eröffnet. Regisseur Mika Kaurismäki erzählt darin von einem chinesischen Koch und einer einsamen Gastwirtin, die mit asiatischer Küche den Bewohnern eines abgelegenen Ortes in Lappland neues Leben einflößen…
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Master Cheng (Mestari Cheng)
Drama/Komödie Finnland, China, UK 2019. 114 Minuten. Kinostart: 30. Juli 2020.
Mit: Anna-Maija Toukko, Park Hon Chu, Lucas Hsuan, Kari Väänänen, Vesa-Matti Loiri u.a. Drehbuch: Hannu Oravisto. Regie: Mika Kaurismäki.
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Vom chinesischen Koch, der in Lappland strandete und dort blieb…
Lappland. In einem abgelegenen Dorf taucht plötzlich der Chinese Cheng (Park Hon Chu) mit seinem Sohn Niu Niu (Lucas Hsuan) auf und sucht nach einem Mann namens Fongtron. Niemand scheint diese Person zu kennen. Sirkka (Anna-Maija Tuokko), Wirtin der einzigen Gaststätte weit und breit, nimmt die beiden Fremden auf und gewährt ihnen Unterkunft. Quasi als Gegenleistung beginnt Cheng, der Koch ist, für Sirkka zu arbeiten und das karge Menü des Lokals um chinesische Küche zu ergänzen. Nicht nur unter den Stammgästen, den beiden älteren Herren Romppainen (Karl Väänänen) und Vilppula (Vesa-Matti Loiri), kommt der neue Speiseplan gut an. Auch eine Gruppe chinesischer Touristen und viele Einheimische können nicht genug von Chengs Kochkunst bekommen. Allmählich erfährt Sirkka auch etwas mehr über ihren einzigen Mitarbeiter und dessen Geschichte…
Soweit meine Inhaltszusammenfassung des Eröffnungsfilms. Die offizielle Synopsis von der Website des Filmwochenendes liest sich allerdings etwas anders und schürt aus meiner Sicht eine falsche Erwartungshaltung. Denn es geht hier eigentlich gar nicht um den Kampf gegen Abschiebung und Bürokratie sondern um das Leben am Ende der Welt, in all seinen positiven Facetten. Zwar beäugen die schweigsamen Gäste von „Sirkkas Bari“ (so der Name der Lokalität) den Neuling und seinen Sohn zu Beginn noch etwas kritisch. Doch als der Koch mit immer neuen Rezepten zu begeistern weiß und dadurch eine ganze Gemeinde zu neuem Leben erwacht sind frühere Vorbehalte schnell vergessen.
Mika Kaurismäki (L.A. Without A Map, Mama Africa: Miriam Makeba, The Girl King), älterer Bruder von Aki Kaurismäki, liefert hier auch keine rasante Culture-Clash-Comedy (wie etwa Halaleluja – Iren sind menschlich) oder gar eine kitschige Multikulti-Romanze (wie es das deutsche Poster andeutet). Wie Hauptdarstellerin Anna-Maija Toukko, die zur Eröffnungsvorstellung mit sieben Monate alter Tochter und ihrer Mutter extra aus Helsinki angereist war, es beim Gespräch mit den Gästen verdeutlichte wolle der Film in Zeiten von Hass und Ablehnung eine positive Botschaft verbreiten. Das ist auf wundervolle Weise auch mehr als gelungen. Jeder aus dem kleinen Figurenensemble hat einen Schicksalsschlag oder anderweitig schwere Zeiten hinter sich. Cheng spendet sich und den anderen durch seine Kochkunst neuen Lebensmut, etwa dem schwer krebskranken „Biker“ Romppainen.
Vor allem wirkt Master Cheng einfach völlig authentisch, als hätten Kaurismäki und sein Team einfach die urigen Bewohner eines lappländischen Dorfes mit der Kamera begleitet. Verstärkt wird dieser Effekt vor allem auch durch die beiden erfahreren Akteure Karl Väänänen und Vesa-Matti Loiri. Laut Tuokko sind beide in ihrer Heimat große Stars. Nach ihren lebensechten Performance bekommt man eine sehr gute Vorstellung warum. Aber das Herz des Films sind natürlich Anna-Maija Tuokko mit ihrer natürlichen Ausstrahlung und der aus Hongkong stammende Park Hon Chu, der seinen Part erwartungsgemäß recht stoisch anlegt. Die dritte Hauptrolle spielt aber eindeutig die Landschaft Lapplands. Selten habe ich (vor allem da ich selten verreise), so berauschend schöne Naturaufnahmen gesehen, fernab von jeglichem Postkartenkitsch. Bei den Nordic Film Days 2019 in Lübeck erhielt der Film den Publikumpreis. Hoffentlich kommen noch viele weitere Auszeichnungen hinzu.
Master Cheng startet am 30. Juli 2020 in den deutschen Kino.
Fazit: Fernab jeglicher Klischees eingefangener, wunderschöner, bisweilen märchenhafter Film über das Zusammenfinden einsamer Menschen vor der spärlich bewohnten, aber beeindruckenden Naturkulisse Lapplands. 9 von 10 Punkten.
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Cheng zeigt Sirkka seine Kochkunst…
…und begeistert Romppainen und Vilppula
Sirkka und Niu Niu
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