Nach X (2022) und dem Prequel Pearl (2022) komplettieren Regisseur Ti West und Schauspielerin Mia Goth ihre Retro-Horror-Filmreihe mit MaXXXine. Die Titelfigur hat sich einige Jahre nach dem Massaker in Texas einen Namen als Pornofilm-Darstellerin gemacht, will nun aber ihre erste Hollywood-Hauptrolle spielen.
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MaXXXine
Horrorthriller USA 2024. FSK: keine Jugendfreigabe. 104 Minuten. Kinostart: 4. Juli 2024.
Mit: Mia Goth, Elizabeth Debicki, Kevin Bacon, Bobby Cannavale, Giancarlo Esposito, Michelle Monaghan, Simon Prast, Moses Sumney u.v.a. Drehbuch und Regie: Ti West.
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Once Upon A Time in Tinseltown
1985, sechs Jahre nach dem „Texas Porn Film Massacre“. Maxine Minx (Mia Goth), die einzige Überlebende, hat sich durch viel Fleiß einen Namen in der Pornobranche erarbeitet. Doch mit knapp 33 möchte sie auch als Hollywood-Schauspielerin durchstarten und ergattert die Hauptrolle im Horror-Sequel The Puritan II, welches von der ambitionierten Regisseurin Elizabeth Bender (Elizabeth Debicki) inszeniert wird. Doch Maxines Konzentration auf die Vorbereitung für ihre Rolle werden gestört. Zum einen macht ein als „Night Stalker“ bezeichneter Serienkiller, der schon mehrere junge Frauen auf dem Gewissen hat, Los Angeles unsicher. Außerdem wird Maxine von dem schmierigen Privatdetektiv John Labat (Kevin Bacon) verfolgt, der Kenntnis von ihrer blutigen Vergangenheit besitzt…
Als stilsicher inszenierte Retro-Horror-Streifen konnten X (2022) und das zugehörige Prequel Pearl (2022) mit geringem Budget (jeweils nur ca. 1 Million Dollar) insgesamt beachtliche 25 Millionen Dollar weltweit einspielen. Nachdem das Prequel direkt im Anschluss an den ersten Film gedreht worden war hatten Regisseur Ti West und Hauptdarstelerin Mia Goth (welche sowohl Farmerstochter Pearl als auch Pornodarstellerin Maxine verkörperte) vor, einen weiteren Streifen, über Maxines Leben in Hollywood in den 1980ern, zu machen. Im April und Mai 2023 fanden die Dreharbeiten zum dritten Film der Reihe in Los Angeles statt. Leider entpuppt sich dieser aber als schwächer als die beiden Vorgänger.
Was ich an X und Pearl besonders wichtig und gelungen fand, waren nicht die freizügigen Szenen oder die Gewaltspitzen (beides etwas überzeichnet), sondern die Thematiken, welche dadurch transportiert wurden. Zum einen der klaffende Widerspruch innerhalb der USA, mit weit verbreitetem christlichen Fundamentalismus auf der einen, sowie der größten Unterhaltungs- und Porno-Industrie weltweit auf der anderen Seite. Außerdem ging es in beiden Filmen um den Kampf von jungen Frauen ums Überleben bzw. das Verwirklichen ihrer Träume. Der dritte und vorläufig letzte Streifen setzt nun die Geschichte der Titelheldin fort, die das Massaker von Texas überlebt hat und sich nach Starruhm im Sexfilm-Business nun auch im seriöseren Kino einen Namen machen will. Doch die Herausforderungen sind nicht nur schauspielerischer Natur. Ein Serienkiller geht um und die Vergangenheit verfolgt Maxine in mehrfacher Hinsicht.
Auch wenn die Stories der beiden ersten Teile nicht herausragend waren, so gestalteten sich diese doch gelungen und wurden schnörkellos erzählt. Bei MaXXXine geht Wests Skript vor allem im letzten Drittel allerdings ziemlich die Puste aus. Die Geschichte wird zwar logisch weitergeführt, wirkt aber insgesamt zu vorhersehbar und im Finale recht beliebig. Dabei spielt man hier wieder die genannten Extreme gegeneinander aus. Omnipräsente christliche Demonstranten gegen die „teuflische“ Unterhaltungsindustrie. Inhaltlich bleibt das Ganze weit hinter seinen Möglichkeiten.
Mia Goth (Suspiria [2018]) steht als Titelheldin wie schon in den Vorgängernim Mittelpunkt der Handlung und meistert die durchaus vielschichtige Hauptrolle gekonnt. Die weiteren Figuren fallen hinsichtlich Ausarbeitung und Screentime deutlich ab. Lediglich Kevin Bacon, der seinen Durchbruch in den 1980ern feierte und derzeit auch in Beverly Hills Cop: Axel F auf Netflix zu sehen ist, als schmieriger Privatdetektiv und Elizabeth Debicki (The Crown: Staffel 5 und Staffel 6), welche genau wie Goth in den Achtzigern noch nicht geboren war, als ambitionierte Regisseurin, können sich etwas nach vorne spielen.
Inszenatorisch holen West und sein Team bei ihrem albtraumhaften Trip durch die weniger glamourösen Ecken Hollywoods aber das Max(xx)imum heraus. In ästhetischer Hinsicht wirkt der Film wie die 1980er Slasher-Variante von Quentin Tarantinos Once Upon A Time in Hollywood (2019), inklusive Giallo-Anleihen. Das düstere Setting in den Hollywood-Hills erinnert, ähnlich wie der streckenweise atmosphärische Score von Tyler Bates, auch etwas an David Lynchs Mulholland Drive. Wobei Ti West (noch) nicht in der gleichen Liga wie die beiden Regie-Giganten spielt. Obwohl die Reihe ursprünglich als Trilogie konzipiert wurde arbeitet der Regisseur nach eigener Aussage an einem vierten Film. Falls dieser kommt, dann hoffentlich wieder mit einem besseren Drehbuch.
Fazit: Stark inszenierter Retro-Slasher zwischen Once Upon A Time in Hollywood und Mulholland Drive, inhaltlich leider enttäuschend. 6 von 10 Punkte.
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Marius Joa, 6. Juli 2024. Bilder: Universal.
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