Mickey 17

Fünf Jahre nach dem großen Oscar-Erfolg von Parasite (2019) ist seit Anfang März endlich der neue Film des koreanischen Regisseurs Bong Joon Ho in den Kinos angelaufen. In Mickey 17 spielt Robert Pattinson einen Mann, der bei einer Weltraum-Expedition immer wieder stirbt und durch Klonen wieder zum Leben erwacht.  

Mickey 17
Science-Fiction-Komödie Südkorea, USA 2025. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 137 Minuten. Kinostart: 6. März 2025.
Mit: Robert Pattinson, Naomie Ackie, Mark Ruffalo, Toni Collette, Steven Yeun, Patsy Ferran, Cameron Britton, Daniel Henshall, Anamaria Vartolomei u.a. Nach dem Roman Mickey 7 von Edward Ashton. Drehbuch und Regie: Bong Joon Ho.



Leben und Sterben und Leben und Sterben oder
The Perfect Expendable


2054. Weil der glücklose Mickey Barnes (Robert Pattinson) Schulden bei den falschen Leuten hat, bewirbt er sich kurzentschlossen für die Reise auf einem Raumschiff zum Planeten Niflheim. Ohne besondere Fähigkeiten bleibt Mickey nur die Rolle des „Expendable“, für lebensgefährliche Arbeiten und Versuche unter extremen Bedingungen. Bei jedem seiner Aufträge stirbt Mickey und wird wiederum durch einen speziellen Drucker als Klon wieder erweckt. Lediglich die Sicherheitsoffizierin Nasha Barridge (Naomie Ackie), mit der Mickey eine Beziehung anfängt, bringt Freude in sein tristes Dasein. Nach vier Jahren Reise wird Niflheim erreicht. Bei einer der Expeditionen fällt Mickey alias Nummer 17 in eine Gletscherspalte und wird für tot gehalten. Doch die Bewohner des Planeten haben ihn wider Erwarten nicht gefressen. Zurück an Bord des Raumschiffes muss Mickey 17 feststellen, dass bereits Nummer 18 ausgedruckt wurde. Eine Dopplung ist allerdings streng verboten und muss laut Gesetz mit dem Tod beider Klone enden. Zwischen beiden Mickeys entbrennt ein Kampf ums Überleben und die Gunst von Nasha…

Fünf Jahre nachdem Parasite (2019) aus Südkorea, eine Mischung aus Gesellschaftssatire und Thriller-Drama, nicht nur den Oscar als bester internationaler Film, sondern auch die Goldjungen als bester Film sowie für Regie und Drehbuch gewann, ist Regisseur Bong Joon Ho (geboren 1969) mit seiner achten Regie-Arbeit zurück. Mickey 17 basiert auf dem Science-Fiction-Roman Mickey 7 von Edward Ashton, nach Snowpiercer (2013) und Okja (2017) der dritte englischsprachige Film des Südkoreaners. Im Vergleich zur Vorlage wurden in der Verfilmung allerdings die Anzahl der Tode und der Klone des Titelcharakters drastisch erhöht.

Die südkoreanisch-amerikanische Produktion liefert eine bunte Mischung aus bekannten Versatzstücken des Science-Fiction-Genres. Ein wenig 2001 – Odyssee im Weltraum gepaart mit anderen Raumfahrtfilmen, etwas Starship Troopers und ein Hauch von Avenue 5. Die als „Creepers“ bezeichneten Bewohner des Planeten Niflheim erinnern an übergroße Bärtierchen und versprühen zudem ein wenig Star Wars-Charme. Das ganze ergibt einen überaus kurzweilig-unterhaltsamen Cocktail, zudem mit beißender Satire gewürzt.

Die Konstellation an Bord des Raumschiffes, mit einem Nebeneinander von Wissenschaftler*innen, Sicherheitsoffizier*innen und einfachen Arbeiter*innen sowie dem despotischen Politiker Kenneth Marshall und seiner dekadent-biestigen Ehefrau Ylfa an Bord bietet natürlich eine (leider) visionäre Analogie zu den seit Januar 2025 herrschenden, absurden und menschenverachtenden Zuständen in den USA unter dem wiedergewählten Präsidenten Trump und seinen Broligarchen um Musk, Zuckerburg, Bezos und Co. Dass die Farce allerdings so nah an der Realität sein würde konnte man während des bereits zwischen August und Dezember 2022 durchgeführten Drehs nicht ahnen. Mark Ruffalo (Avengers, Poor Things) schafft es in der Rolle des idiotisch-selbstverliebten Weltraum-Despoten auch noch zwischenzeitlich wie der Mann mit den orangen Haaren zu klingen.

Das Drehbuch denkt die immer fortschreitenden ausbeuterischen Auswüchse des Kapitalismus in Bezug auf die Arbeitskräfte konsequent weiter, kombiniert diesen thematischen Ansatz mit Kolonialismus, weißer Vorherrschaft und Klimapolitik. Das passt thematisch durchaus zusammen, aber für den vorliegenden Film ein wenig zu viel Stoff sein. Auch wenn die ganze Geschichte sich sehr unterhaltsam gestaltet und in der aktuellen politischen Weltlage mit übermächtigen Milliardären und dem fortschreitenden Faschismus ungemein befreiend anfühlt.  

Bei all dem kurzweiligen Spaß bleibt allerdings das Schicksal des Titelhelden etwas auf der Strecke. Was geht in einem Menschen vor, der immer wieder stirbt und als Klon neu zum Leben erweckt wird? Was macht das mit der eigenen Psyche und Wahrnehmung? Diese Fragen bleiben offen, obwohl Mickey Barnes über weite Strecken als Erzähler durch den Film führt. Sehr schade, auch weil man dem Regisseur zugetraut hätte, dass er sich damit mehr auseinandersetzen würde. Vor allem, weil zwischenzeitlich ja auch mal zur Sprache kommt, dass die einzelnen Klone unterschiedlich ausgeprägte Charakterzüge aufweisen.

An Robert Pattinson als Mickey 1 bis 18 liegt es allerdings nicht. Längst von den „Jugend-Rollen“ aus Twilight und Harry Potter emanzipiert liefert der 38jährige britische Schauspieler (u.a. Königin der Wüste, Tenet) eine großartige Performance ab. Bong Joon Ho kann sich aber insgesamt auf ein spielfreudiges Ensemble verlassen, siehe auch Naomie Ackie (The End of the F***ing World) als toughe Nasha, der bereits erwähnte Mark Ruffalo als Trump-Karikatur, Toni Collette (Little Miss Sunshine) als dessen Gattin Ylfa, Steven Yeun (Minari) als Mickey alter Freund Timo, Patsy Ferran (Firebrand) als Wissenschaftlerin Dorothy und Douglas Henshall (Lambs of God) als Preston, Marshalls Gehilfe und Ober-Influencer in Personalunion.     

Fazit: Unterhaltsam-kurzweilige, auf ihre eigene Weise aktuelle Scifi-Komödie mit einem Robert Pattinson in Höchstform, welche die kuriose Ausgangssituation seines Titelhelden leider nur unzureichend ausarbeitet. 7 von 10 Punkten.


Nasha versüßt Mickeys Leben
Politiker Kenneth Marshall und seine Fans
Doppelgänger-Dilemma



Marius Joa, 28. März 2025. Bilder: Warner.


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