Nach der Hochzeit

Wäre es nicht nett, wenn bei den diesjährigen Acadamy Awards der Oscar für den besten fremdsprachigen Film mal wieder zu uns nach Deutschland kommen würde? Doch die Konkurrenz für „Das Leben der Anderen“ ist keinesfalls zu unterschätzen. Sarah Böhlau hat sich die dänische Nominierung „Nach der Hochzeit“ angesehen.

Nach der Hochzeit. (Efter Bryllupet)
Drama. Dänemark 2006. 125 Minuten. FSK 12.
Regie: Susanne Bier
Drehbuch: Susanne Bier, Anders Thomas Jensen
Darsteller: Mads Mikkelsen, Rolf Lassgård, Sidse Babett Knudsen, Stine Fischer Christensen

Zurück nach Hause

Der Däne Jacob (Mads Mikkelsen) leitet in seiner Wahlheimat Indien ein Waisenhaus. Sein Geburtsland hat der Aussteiger seit zwei Jahrzehnten nicht gesehen. Nun muss er zurück: Ohne neue Fördergelder steht seine Einrichtung kurz vor dem Aus und ein interessierter Geldgeber will Jacob persönlich kennen lernen. Doch was als Geschäftsreise von wenigen Tagen geplant ist, bekommt schnell eine größere Tragweite: Der reiche Industrielle Jørgen (Rolf Lassgård) hat ganz andere Pläne mit Jacob. Auf der Hochzeit von Jørgens Tochter Anne (Stine Fischer Christensen) werden diese deutlich: Dort trifft Jacob seine Jugendliebe Helene (Sidse Babett Knudsen) wieder, die mittlerweile Jørgens Frau ist. Schnell wird klar, dass er Annes leiblicher Vater ist. Warum hat ihn Jørgen zurückgeholt?

Hängt an Indien: Jacob (Mads Mikkelsen).

1995 kritisierte in Dänemark eine Gruppe von Regisseuren das zu künstlich gewordene Kino und forderte eine Rückkehr zu den filmischen Wurzeln. Die zehn neuen Richtlinien für Filmemacher, die unter anderem Lars von Trier („Die Idioten“) und Thomas Vinterberg („Das Fest“) festlegten, wurden im so genannten „Dogma 95“-Manifest zusammengefasst. Darin wird beispielsweise die Verwendung von Handkameras gefordert und Elemente wie Spezialeffekte oder künstliche Beleuchtung verboten.

Viele Filme orientierten sich seitdem am „Dogma 95“, aber nur wenige hielten sich an alle zehn Vorschriften. Auch die dänische Regisseurin Susanne Bier („Open Hearts“) ist spürbar von dieser Richtung geprägt. In ihrem neuen Film „Nach der Hochzeit“ setzt Bier auf filmischen Purismus. Susanne Bier wird gern als Hoffnungsträgerin des europäischen Kinos gehandelt, eine Einschätzung, die Nach der Hochzeit rechtfertigt: Das beeindruckend gefilmte Familiendrama räumte zahlreiche Preise und Nominierungen ab, unter anderem beim europäischen Filmpreis und den Academy Awards.

„Nach der Hochzeit“ bietet dem Zuschauer keine großen Überraschungen im Handlungsverlauf, punktet dafür aber mit einer fast verstörend schönen Optik und einer hervorragenden Besetzung. Dänemarks Charakterdarsteller Mads Mikkelsen (Bösewicht-Import „Le Chiffre“ des letzten Bond-Films) spielt überzeugend einen Mann, dem die Kontrolle über sein Leben aus der Hand genommen wird. Sein männlicher Gegenpart Rolf Lassgård (Kurt Wallander aus den Mankell-Verfilmungen) liefert eine ähnlich beeindruckende Vorstellung ab. Auch die beiden weiblichen Protagonisten sind mit Stine Fischer Christensen und Sidse Babett Knudsen treffend besetzt.

Es fällt auf, dass Bier ungewöhnlich häufig Detailaufnahmen einschiebt, zum Beispiel von der Augen- oder Mundpartie während eines Dialoges, um Gefühle abstrakter darzustellen. Dazu passen auch die vielen Nahaufnahmen von toten Tieren, wie etwa die Jagdtrophäen in Jørgens Arbeitszimmer.

Susanne Bier schafft das Kunststück, auf über zwei Stunden eine Geschichte auszubreiten, die auch in 20 Minuten erzählt wäre, und dabei keine Sekunde zu langweilen. Sie lässt ihre Protagonisten in einer Atmosphäre voll von unterdrückten Gefühlen und Hilflosigkeit aufeinander treffen, ohne den Zuschauer mit einem unversöhnlichen Ende zu deprimieren.

Fazit: Ein wunderschöner Film, bei dem manche Träne fließt. 10 von 10 Punkten.


Jørgen (Rolf Lassgård) hat ein Geheimnis.

Waren ein Paar: Jacob und Helene.
Sarah Böhlau, 12. Februar 2007. Bilder: Universum


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Kommentare

Eine Antwort zu „Nach der Hochzeit“

  1. […] Nach der Hochzeit (10/10) […]

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