Aus dem Senegal kommt der dritte von mir auf der Internationalen Filmwoche Würzburg gesehene Film. Nafi’s Father von Regisseur Mamadou Dia dreht sich um einen schwerkranken Imam, seine Tochter und ihre geplante Hochzeit mit dem Sohn seines gegensätzlichen Bruders.
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Nafi’s Father (Baamum Nafi)
Drama Senegal 2019. 110 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Alassane Sy, Aicha Talla, Saikou Lo, Alassane Ndoye, Penda Daly Sy u.v.a. Drehbuch und Regie: Mamadou Dia.
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Tradition gegen Extremismus
In einer senegalesischen Gemeinde leitet Tierno (Alassane Sy) die örtliche Moschee. Der Imam ist herzkrank. Seine Tochter Nafi (Aicha Tella) möchte Medizin studieren und ihren Cousin, den Tänzer Tokara (Alassane Ndoye), heiraten. Eigentlich kein Problem. Tokaras Vater Ousmane (Saikou Lo), der Bruder Tiernos, allerdings droht allmählich die Gemeinde unter die Kontrolle eines extremistischen Scheichs zu bringen. Das führt zu einem Konflikt nicht nur zwischen den Brüdern, sondern auch innerhalb der Gemeinde…
Das Internationale Filmwochenende in Würzburg, welches ich seit 2012 jedes Jahr besuche und das wegen der Corona-Pandemie dieses Jahr als rein digitale Filmwoche (28. Januar bis 3. Februar 2021) abgehalten wurde, bietet eine gute Gelegenheit, auch Filme außerhalb des sonst gängigen Programms zu sehen. Im konkreten Fall habe ich erstmals einen Film aus dem Senegal gesehen. Nafi’s Father von Mamadou Dia feierte seine Premiere im August 2019 auf dem Locarno Film Festival und gewann dort zwei Preise. Es geht allerdings nicht um eine westafrikanische Variante von Romeo und Julia, sondern vielmehr um die Anfänge des Extremismus in einer kleinen Stadt.
Im Zentrum der Geschichte stehen neben der Braut Nafi vor allem die beiden ungleichen Brüder. Nafis Vater, der jüngere, blieb in seiner Heimat und übernahm das Amt des Imam. Obwohl er die Traditionen weiterführt zeigt sich der von allen Tierno genannte Geistliche als recht liberal und hat auch nichts dagegen, dass seine Tochter Medizin studieren will. Ousmane, der ältere Bruder, hat im Ausland studiert und ist mit der Zeit in Kontakt mit Vertretern eines radikalen Islam gekommen. Durch üppige Geldspenden und andere Aktionen bringt Ousmane die Bewohner der Gemeinde auf die Seite seines „Gönners“, eines extremistischen Scheichs, der durch seinen Sohn Munzir Männer rekrutieren lässt. Der dadurch entstandene Konflikt zwischen den Brüdern belastet natürlich auch deren Kinder, Nafi und Tokara, die heiraten wollen.
Wie Mamadou Dia im Interview mit The Wrap erklärt geht es ihm in seinem Film vor allem darum, die ersten Anzeichen eines sich ausbreitenden Extremismus, aber auch den alltäglichen, gemäßigten Islam zu darzustellen. Gedreht wurde in Matam, Dias Heimatstadt im Nordosten Senegals, in Pulaar, einer dort verbreitenen Variante der Fulfulde-Sprache. Zur Besetzung kamen auch einige Einheimische, die bisher über keinerlei Schauspielerfahrung verfügten. Locations, Schauspieler und die im besten Sinne unauffällige, fast dokumentarische Kameraführung des asiatisch-amerikanischen Filmemachers Sheldon Chau (der genau wie Mamadou Dia und Produzent Maba Ba an der New Yorker Tisch School of the Art studiert hatte) verleihen Nafi’s Father einen völlig authentischen Stil und einen interessanten Einblick in die Lebenswirklichkeit im Senegal.
Fazit: Nüchtern-authentisches Drama über einen folgenschweren Konflikt in einer senegalesischen Gemeinde. 8 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 3. Februar 2021. Bilder: Joyedidi.
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