Nightmare Cinema

Fünf Personen betreten nacheinander ein leerstehendes Kino. Auf der Leinwand erlebt jeder seinen eigenen Alptraum. Willkommen zu Nightmare Cinema, einer Kurzfilm-Anthologie von Mick Garris und vier weiteren Genre-Filmemachern, die auf dem 45. Internationalen Filmwochenende in Würzburg zu später Stunde gezeigt wurde.

Nightmare Cinema
Horror-Anthologie USA 2018. 119 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Mickey Rourke, Sarah Elizabeth Withers, Zarah Mahler, Maurice Benard, Elizabeth Reaser, Faly Rakotohavana u.v.a. Idee: Mick Garris. Regie: Alejandro Brugués, Joe Dante, Ryûhei Kitamura, David Slade, Mick Garris.

Slasher, Dämonen, Geister und plastische Chirurgie

Der am 4. Dezember 1951 im kalifornischen Santa Monica geborene Filmemacher Mick Garris hat sich bisher vor allem mit Adaptionen der Werke von Kultautor Stephen King, wie Schlafwander, The Stand – Das letzte Gefecht oder Desperation, einen Namen gemacht. Darüberhinaus sorgt der Amerikaner aber immer wieder für einen kreativen Austausch unter Filmschaffenden, die überwiegend im Bereich Horror tätig sind. Die von ihm ins Leben gerufene Anthologie-Serie Masters of Horror, bei welcher die einzelnen Folgen von unterschiedlichen Regisseuren inszeniert wurden, lief von 2005 bis 2007 über zwei Staffeln beim US-Kabelsender Showtime. Für Nightmare Cinema, der Kinovariante des Formats, holte sich Garris vier Kollegen an Bord. Dabei drehte er nicht nur den am Ende gezeigten Kurzfilm, sondern auch die sich in einem verlassenen Kinosaal abspielende Rahmenhandlung, mit Mickey Rouke (Sin City) als finsterem Filmvorführer. Das Team des Würzburger Filmwochenendes hat schon länger einen guten Draht zu Mick Garris. Zuletzt gab es 2016 eine Retrospektive auf dessen bisheriges Werk. Bei der nächtlichen Aufführung von Nightmare Cinema im Programmkino Central am 26. Januar 2019 kurz vor Mitternacht konnte der Regisseur und Produzent leider nicht zugegen sein, ließ es sich aber nicht nehmen, das anwesende Publikum mit einer Videobotschaft auf Deutsch zu begrüßen.

Und nun zu den fünf Kurzfilmen:

The Thing in the Woods
Mit: Sarah Elizabeth Withers, Eric Nelsen, Kevin Fonteyne u.a. Regie: Alejandro Brugués
Eigentlich wollten Samantha und ihr Freund Jason gemeinsam mit anderen jungen Leuten ein paar schöne Tage Campingurlaub im nahe gelegenen Wald verbringen. Doch ein mit Axt und Schweißgerät bewaffneter, maskierter Killer beginnt die Teenager-Gruppe nach und nach zu meucheln. Die Identität des Mörders offenbart eine schreckliche Wahrheit.
Durch seinen Zombies-und-Kommunisten-Streifen Juan of the Dead (2011) wurde Alejandro Brugués (geboren 1976) einem weltweiten Publikum bekannt. Hier drehte der Kubaner einen etwas überzeichneten Slasher-Streifen mit überraschendem Themenwechsel und stilsicherer Inszenierung.


Mirare
Mit: Zarah Mahler, Richard Chamberlain, Mark Grossman, Reid Cox u.a. Regie: Joe Dante.
Seit einem schweren Autounfall in ihrer Kindheit trägt die junge Anna eine zwar nicht unbedingt entstellende, aber sichtbare Narbe mit sich. Annas Verlobter David hat mit dem Makel seiner Liebsten eigentlich kein Problem, schlägt ihr aber eine Operation beim beliebten plastischen Chirurgen Dr. Mirari vor. Schließlich hat diesbezüglich bereits Davids Mutter beste Erfahrungen gemacht. Als Anna allerdings in Miraris Klinik aus der Narkose erwacht findet sie sich in einem wahr gewordenen Alptraum wieder.
Joe Dante (geboren 1946) mischt in seinen Filmen wie Gremlins (1984), Gremlins 2 (1990) oder Die Reise ins Ich (1987) gerne Übersinnliches mit komödiantischen Elementen. Sein Beitrag zur Nightmare Cinema verwandelt den auf die Spitze getriebenen Schönheits- und Perfektionswahn in blanken Horror, am Ende vor allem für die Protagonistin Anna, die ja eigentlich nur eine Narbe loswerden wollte. Herrlich unheimlich: Richard Chamberlain (Shogun, Die Dornenvögel) als Schönheitschirurg.


Mashit
Mit: Maurice Benard, Mariela Garriga, Stephanie Cood, Jamie Lynn Concepcion u.a. Regie: Ryûhei Kitamura.
In einer katholischen Schule stürzt sich ein Junge in den Tod. Bald wird Pater Benedict, dem Leiter der Einrichtung klar, dass der Schüler von einem Dämon besessen war. Das finstere Wesen hat sich nun einen neuen Wirtskörper auserkoren.
Ryûhei Kitamura (Midnight Meat Train, Godzilla: Final Wars) mischt in seinem Anthologie-Fünftel japanische Genre-Motive (etwa unheimliche Kinder bzw. Schulmädchen) mit lateinamerikanischem Dämonen-Horror, dreht dabei die Exploitation-Schraube ziemlich hoch, bis beim finalen Gemetzel Gliedmaßen durch die Gegend fliegen.


This Way to Egress
Mit: Elizabeth Reaser, Adam Godley, Bronwyn Morrill u.a. Regie: David Slade.
Die zweifache Mutter Helen erlebt nach der Trennung von ihrem Mann immer wieder merkwürdige Veränderungen in ihrem privaten Umfeld. Als sie nach langer Wartezeit endlich bei Psychologe Dr. Salvadore vorspricht, vertröstet dieser sie nach kurzem Gespräch auf den nächsten Tag. Doch plötzlich sind Helens Kinder verschwunden. Verzweifelt rennt sie durch die endlosen Hallen des riesigen Gebäudes.
Aus meiner Sicht liefert der Brite David Slade (30 Days of Night, American Gods – Staffel 1) mit seinem in verstörender Schwarz-Weiß-Optik gehaltenen Kurzfilm den besten Teil des ganzen Projektes. Das entstellte Setting und die Handlung erwecken den Eindruck als ob This Way to Egress auf einer Kurzgeschichte des amerikanischen Scifi-Visionärs Philip K. Dick basierte.


Dead
Mit: Faly Rakotohavana, Annabeth Gish, Tangie Ambrose, Orson Chaplin, Lexy Panterra u.a. Regie: Mick Garris.
Riley ist ein hochbegabter Pianist. Auf dem Heimweg von einem seiner Konzerte wird seine Familie angegriffen. Riley überlebt schwer verletzt, nachdem er den Mord an seinem Vater miterleben musste. Im Krankenhaus erscheint dem Jungen immer wieder seine Mutter. Doch ist sie nicht auch tot?
Mick Garris lässt hier einen vom Schicksal schwer getroffenen Jungen an der Grenze zwischen Leben und Tod wandeln, setzt dabei auch auf gezielte Schockmomente. Neben Annabeth Gish (Akte X) als Rileys Mutter gehört Orson Chaplin (Enkel des legendären Charles Chaplin) zur Besetzung dieser Episode.

Auch wenn vier von fünf Beiträge ihrem jeweiligen Thema und/oder Setting wenig Neues abgewinnen, so bereue ich den nächtlichen Kinobesuch keineswegs. Von David Slades ästhetisch ungleich anspruchsvollerem Anteil hätte ich dagegen gerne mehr gesehen. Während Nightmare Cinema ab 14. Februar 2019 in den amerikanischen Lichtspielhäusern laufen wird gibt es bisher noch keinen deutschen Starttermin.

Fazit: Die von Mick Garris initiierte Horror-Anthologie bietet solide, bis auf eine Ausnahme aber recht konventionelle Horror-Unterhaltung. 6 von 10 Punkten.

 

Marius Joa, 28. Januar 2019. Bilder: Cinelou.

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