One Way

Über „One Way“ war in den vergangenen Wochen viel zu lesen: „Unterirdisch produziertes und inszeniertes Ärgernis“ (Filmstarts.de, Wertung: 1/10), „als Thriller zu unspannend, als Gesellschaftskritik zu fade“ (Die Welt, Wertung: 0/5) und, sogar einmal positiv, „spannendes Psychodrama, das langsam beginnt, aber furios endet“ (Cinema, Wertung: 4/5). Johannes Michel war im Kino und hat sich eine eigene, völlig andere, Meinung gebildet.

One Way
Thriller, Deutschland/Kanada 2006. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 116 Minuten.
Mit: Til Schweiger, Lauren Lee Smith, Sebastien Roberts, Michael Clarke Duncan, Eric Roberts, Daniel Kash, Stefanie von Pfetten, Art Hindle, Sonja Smits u.a. Regie: Reto Salimbeni.

„Sie sind zu hundert Prozent gefickt, mein Freund!“

Eddie Schneider (Til Schweiger) führt eigentlich ein perfektes Leben: Er steht kurz vor der Verlobung mit Judy (Stefanie von Pfetten), deren Vater Russel Birk (Art Hindle) Chef einer Werbeagentur ist, und auch beruflich könnte es kaum besser laufen. Als Werbedesigner verdient er im Unternehmen seines zukünftigen Schwiegervaters ordentliches Geld. Nur zu dumm, dass er nebenher einige Affären hat und dadurch erpressbar wird. Judys Bruder Anthony (Sebastien Roberts) nutzt diese Schwäche, indem er Eddies beste Freundin Angelina (Lauren Lee Smith) vergewaltigt und Eddie, der unfreiwillig Zeuge wird, vor Gericht zu einer Falschaussage zwingt. Als Anthony schließlich ermordet wird, fällt der Verdacht zuerst auf Eddie, der, mittlerweile von Judy getrennt, nicht mehr in der Firma arbeitet.

Wird verhaftet und sitzt (unschuldig) im Gefängnis: Eddie Schneider.

Wie ungern gehen wir Filmkritiker ins Kino, um danach über einen Film der verpassten Chancen schreiben zu müssen. Leider trifft diese Charakterisierung ziemlich genau auf „One Way“, Til Schweigers neuesten Film, zu. Bevor auf die Kritikpunkte und Probleme des Films eingegangen wird, sei zuerst einmal klar gestellt: „One Way“ ist kein schlechter Film. Er versteht es durchaus, den Zuschauer zu unterhalten. Jeder wird mit Eddie Schneider mitfiebern, der zu Unrecht – auch, wenn er sonst alles andere als ein Engel ist – des Mordes angeklagt wird. Die Story ist, bis auf wenige Punkte, die aber zur Abwertung führen, recht solide aufgebaut. Derartige Probleme, wie wir sie aber im Weiteren schildern, sollten in der heutigen Zeit einen Film nicht mehr „kaputt machen“ müssen.

Problem 1: Tolle Kamerafahrten machen einen Film nicht „amerikanischer“
Unverständlich ist erstens, warum „One Way“ unbedingt in New York spielen muss. Klar: Jeder Regisseur freut sich über tolle Skylines und beeindruckende Bilder von Straßenschluchten. In einem Thriller dieser Machart sind sie aber absolut fehl am Platze, ja geradezu überflüssig. Genauso gut hätte „One Way“ in Berlin, München oder, wenn es unbedingt zwischen Hochhäusern sein muss, in Frankfurt am Main spielen können.

Problem 2: Die Technik ist weiter als der Drehbuchautor
Eine entscheidende Szene spielt sich in der Tiefgarage der Werbeagentur ab: Eddie verlässt mit seiner Freundin Angelina das Büro und fährt daraufhin mit seinem Wagen davon. Angelina allerdings stellt fest, dass sie ihren Autoschlüssel vergessen hat und geht nochmals zurück ins Büro, wo sie vergewaltigt wird. Vor Gericht behauptet Eddie, von Anthony beeinflusst, dass Angelina direkt hinter ihm die Tiefgarage verlassen habe, die Vergewaltigung also gar nicht habe stattfinden können. Jedes Provinzgericht hätte diese Aussage überprüft, indem die Kamerabilder der Tiefgarage als Beweismittel eingesetzt worden wären. Zumindest an den Ein- und Ausfahrten verfügt jede Tiefgarage über derartige Überwachungskameras – genauso wie das gesamte Bürogebäude mit Sicherheit auch.

Problem 3: Unlogische Auflösung
Nachdem Eddie schließlich vor Gericht schon fast wegen des Mordes an Anthony verurteilt ist, tritt seine Ex-Verlobte noch einmal in den Zeugenstand und gesteht, dass auch sie im jugendlichen Alter von ihrem Bruder Anthony vergewaltigt wurde – genauso wie andere Frauen auch. Anthony wird also posthum noch einmal so richtig fertig gemacht. Und siehe da: Plötzlich ist Eddie entlastet. Warum? Das fragen wir uns auch, denn jedes Gericht hätte zuerst einmal das Verfahren abgebrochen, neue Beweise gesammelt, da sich der mögliche Täterkreis durch die Vergewaltigungsopfer erhöht hat. Zu einem späteren Zeitpunkt hätte Eddies Verfahren dann wieder aufgenommen und entschieden werden können. Das dies aber alles innerhalb weniger Minuten geschieht beziehungsweise es zu gar keiner polizeilichen Neuermittlung kommt, ist absolut unrealistisch.

Schauspielerisch wissen die Darsteller, abgesehen von Lauren Lee Smith als Angelina, nicht zu überzeugen. Als sehr schwach erweist sich insbesondere Til Schweiger selbst, der zu Beginn des Films geradezu sinnlos vor der Kamera herumfuchtelt. Für Überraschungen ist die Crew also nicht gut.

Was bleibt? „One Way“ ist kein typischer Kinofilm. Er würde eher in das Abendprogramm eines Privatsenders passen. Dieses Urteil allein macht ihn aber zu keinem schlechten Film, es sollte nur nicht zu viel erwartet werden.

Fazit: Anspruchsloser Thriller mit deutlichen Schwächen im Drehbuch. Typischer Durchschnitt. 5 von 10 Punkten.


Wird Opfer einer Vergewaltigung: Angelina.

Ist enttäuscht von ihrem Noch-nicht-Ehemann: Judy.
Johannes Michel, 28. Januar 2007. Bilder: Universal.


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