Ein junger Kreativer aus El Salvador kommt nach New York, um seinen Traum zu leben. Doch die bürokratischen Hürden der Ausländerbehörde machen ihm zu schaffen. Da gerät er an eine exzentrische Kunstkritikerin (Tilda Swinton), in der surrealen Komödie Problemista, von und mit Julio Torres.
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Problemista
Komödie/Satire USA 2023. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 105 Minuten. Kinostart: 13. Juni 2024.
Mit: Julio Torres, Tilda Swinton. Catalina Saavedra, RZA, Isabella Rossellini, Laith Nakli, James Scully, Larry Owens u.v.a. Drehbuch und Regie: Julio Torres.
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Alejandro’s American Dream
Als Kind wuchs Alejandro (Logan Alarcon-Purcel) sehr behütet bei seiner Mutter Dolores (Catalina Saavedra) in El Salvador auf. Die als Künstlerin tätige Dolores schuf für ihren Sohn ein wahres Wunderland zum Spielen. Als Erwachsener will Alejandro (nun: Julio Torres) sich seinen Traum vom Job als Spielzeugentwickler bei Hasbro erfüllen und zieht nach New York. Doch auf seine Bewerbung beim großen Spielzeugkonzern erhält er keine Rückmeldung und so arbeitet der junge Mann in einem Unternehmen, welches Menschen auf ihren Wunsch hin einfriert. Eine dieser „Patienten“ ist der totkranke Künstler Bobby (RZA), der mit seinen merkwürdigen Gemälden von Eiern wenig Zuspruch in der Kunstwelt erhalten hat. Wegen eines Missgeschicks ohne Folgen wird Alejandro gefeuert. Daraufhin muss er innerhalb von kurzer Zeit einen Sponsor für seine Aufenthaltserlaubnis finden. Ausgerechnet in Person von Bobbys Ehefrau, der schrillen Kunstkritikerin Elizabeth (Tilda Swinton), scheint eine mögliche Lösung gefunden. Elizabeth möchte für die Bilder ihres Mannes eine Ausstellung organisieren und Alejandro soll ihr dabei helfen. Doch irgendwie muss er ja auch Geld verdienen…
Genau wie der Protagonist seines Debütfilms als Regisseur stammt auch Julio Torres (geboren 1987) aus El Salvador in Mittelamerika. Torres arbeitete in der Vergangenheit als Autor für die traditionsreiche Kult-Sketchshow Saturday Night Live. Außerdem war er Miterfinder, Co-Autor und Produzent der spanischsprachigen Horror-Comedy-Serie Los Espookys bei HBO. Für seine erste Regie-Arbeit fürs Kino besetzte er nicht nur sich selbst in der Hauptrolle, sondern konnte für die weiteren Rollen einen durchaus namhaften Cast gewinnen. Vor allem Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton als launenhafte, erratisch agierende Elizabeth, nur echt mit beinahe magentafarbener Haarpracht, zählt zu den Highlights. Aber auch Isabella Rossellini (zuletzt in La chimera zu sehen) als Erzählerin und Schauspieler/Filmemacher/Rapper RZA (The Man with the Iron Fists) als Künstler Bobby dürften vielen Zuschauer*innen ein Begriff sein. So ganz aufgegangen ist Torres‘ kuriose Mischung aus Coming-of-Age-/Migrations-Geschichte und Satire auf die Kunstszene leider nicht.
Nach der Premiere beim South by Southwest im März 2023 sollte es wegen des Doppelstreiks in Hollywood ein Jahr dauern bis Torres‘ Langfilmdebüt in die amerikanischen Kinos kam. Dass ein so spezieller Film zudem auch noch einen regulären deutschen Kinostart erhalten hat darf als Glücksfalls betrachtet werden. Denn als Drehbuchautor, Co-Produzent (an der Seite von u.a. Emma Stone), Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion hat Julio Torres seine eigene Vision auf die Leinwand gebracht. Die Geschichte eines jungen Migranten, der mit großen Träumen in die gigantische US-Metropole kommt, erscheint jetzt nicht neu, doch die Art und Weise wie naturalistisch und gleichzeitig verträumt sie hier erzählt wird, schon eher.
Der Protagonist lässt sich trotz diverser Rückschläge nicht so leicht aus dem Konzept bringen, erträgt die Hiobsbotschaften meist mit Gelassenheit, bleibt dabei ruhig, aber verbindlich. Immer wieder werden Situationen in seiner Phantasie symbolisch und inszenatorisch überhöht, etwa wenn der Online-Anzeigendienst Craigslist von einem Schauspieler (Larry Owens) dargestellt wird. Vor allem zum Ende hin gestaltet sich auch die Story etwas märchenhaft. Der phantastischen Überhöhung zum Trotz funktioniert die Mischung aus meiner Sicht nicht ganz. Die Wendungen wirken vor allem im Finale recht beliebig und das ganze Szenario dadurch weniger stimmig sowie unausgegoren. Dennoch gestaltet sich Problemista auch dank der herrlichen Dynamik zwischen Julio Torres und der gewohnt stark aufspielenden Tilda Swinton. Ihre ständig mit Computern, Tablets und Hotlines hadernde Elizabeth erinnert sehr an Figuren aus der britischen Kult-Sitcom Absolutely Fabulous.
Fazit: Eigenwillige, teils surreale aber inhaltlich etwas zu unausgegorene Komödie über den Traum eines jungen Einwanderers und die Tücken der Realität. 7 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 27. Juni 2024. Bilder: Universal.
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