Der deutsche Film lebt. Requiem befasst sich nach einer wahren Begebenheit mit dem Thema Exorzismus beziehungsweise mit den Problemen eines kranken jungen Mädchens. Johannes Michel bewertet.
Drama, Deutschland 2005. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 92 Minuten.
Mit: Sandra Hüller, Walter Schmidinger, Burghart Klaußner, Jens Harzer, Imogen Kogge, Nicholas Reinke, Friederike Adolph, Anna Blomeier u.a. Regie: Hans-Christian Schmid
Verschenktes Potenzial – dennoch gut
Anfang der 1970er Jahre. Die junge Michaela Klingler (Sandra Hüller) verlässt ihr streng katholisches Elternhaus, um ein Studium zu beginnen. Glücklich genießt sie die ersten Schritte in der neuen Freiheit. Doch Michaela wird von ihrer Vergangenheit eingeholt: Sie hat immer öfter mit Wahnvorstellungen zu kämpfen, hört Stimmen und glaubt, von Dämonen besessen zu sein. Schließlich begibt sich Michaela in die Obhut eines jungen Priesters und stimmt einem Exorzismus zu.
Michaela versinkt während einer Hausarbeit im Chaos.
Ein Film über einen Exorzismus hat es in der heutigen Zeit nicht einfach. Kaum vorstellbar ist, dass vor noch nicht allzu langer Zeit ein Vorfall in Franken als Grundlage für „Requiem“ diente. Dennoch schafft es Regisseur Hans-Christian Schmid, die Thematik dem Zuschauer nahe zu bringen.
Sandra Hüller, die Michaela spielt, erhielt auf der Berlinale 2006 den Preis als beste Schauspielerin – vollkommen zu Recht. Sie spielt durch ihre Interpretation der Rolle das gesamte übrige Ensemble an die Wand. In einigen Szenen fühlt sich der Zuschauer gar an „Der Exorzist“ von 1973 erinnert. Die beiden Priester wirken dagegen wie Schwarze Schafe, ein mit Sicherheit gewollter Bruch. Ebenso zeigt der Film deutlich, wie vordergründig unsere Gesellschaft funktioniert: Michaelas Mutter geht brav jeden Sonntag in die Kirche und hält sich für eine gute Christin, ihre Tochter würde sie aber am liebsten wegsperren – nur, um den Ruf der Familie in der kleinen Ortschaft nicht zu beschädigen.
Gut gestaltet wird auch die Freundschaft zweier Mädchen. Michaela trifft an der Universität in Tübingen ihre ehemalige Schulkameradin Hanna (Anna Blomeier), die ihr allerdings erst einmal skeptisch gegenüber steht. Nach wenigen Wochen freunden sich die beiden aber an und Hanna möchte Michaela helfen, nachdem sie von ihren Problemen erfahren hat.
Was gibt es Negatives? Zum wirklichen Exorzismus kommt es in Requiem nicht. Der Film endet nach einem letzten Ausflug von Michaela und Hanna in die nähere Umgebung ihres Wohnorts, zu einem Zeitpunkt, als es die meisten Zuschauer sicherlich nicht erwartet hätten. Zudem ist „Requiem“ ein Film, den man sich nicht unbedingt im Kino ansehen muss – ein typischer Kandidat für den Sender Arte, der für die Produktion mit verantwortlich war.
Fazit: Der deutsche Film lebt. Produktionen wie „Requiem“ beweisen, dass 2006 ein gutes Jahr werden könnte. 7 von 10 Punkten.
Zwei Priester glauben an Michaelas Besessenheit.
Johannes Michel, 20. März 2006. Inhaltszusammenfassung: X-Verleih.
Schreibe einen Kommentar