Schräger als Fiktion

Die Lebensnotwendigkeit von Literaturwissenschaft wird vom Großteil der Menschheit bis heute hartnäckig geleugnet. Doch der neue Film “Schräger als Fiktion” von liefert den eindeutigen Beweis: Literaturwissenschaft kann Leben retten! (Zumindest wenn man eine Romanfigur ist, die keine Lust hat, aus dramaturgischen Gründen am Ende des Buches das Zeitliche segnen zu müssen.)

Schräger als Fiktion (Stranger than Fiction).
USA 2006. 113 Minuten.
Regie: Marc Forster; Drehbuch: Zach Helm
Schauspieler: Will Ferrell, Emma Thompson, Dustin Hoffman, Maggie Gyllenhaal, Queen Latifah.

Die endliche Geschichte

Harold Crick (Will Ferrell), Spießer, Steuerfahnder und Zahlenfetischist mit Hang zur Zwangsneurose, fühlt sich auf einmal verfolgt. Eine weibliche Erzählerstimme, die nur er hören kann, kommentiert jeden seiner Schritte und Gedanken. Harolds anfängliche Irritation wird zu blankem Entsetzen, als die Stimme dann auch noch seinen baldigen Tod ankündigt. Die eilig konsultierte Psychiaterin ist auch keine große Hilfe („Es ist keine Schizophrenie, da ist nur eine Stimme in meinem Kopf!“) also sucht Harold Rat bei Literaturprofessor Jules Hilbert (Dustin Hoffmann). Der findet bald heraus: Harold ist eine Romanfigur! Gemeinsam suchen die beiden nun nach einem Weg, wie Harold der Unausweichlichkeit des Plots ein Schnippchen schlagen könnte.
Zur selben Zeit leidet die Schriftstellerin Karen Eifel (Emma Thompson) unter einer Schreibblockade. Nicht ahnend, dass die Handlung ihres neuen Romans „Tod und Steuer“ einem real existierenden Menschen widerfährt, sucht sie nach einer stilvollen Todesart für ihre Hauptfigur Harold Crick.

Harold Crick (Will Ferrell).

Ein einsamer Mensch, der durch ein übernatürliches Moment aus seinem kleinen Spießerdasein gerissen wird; ein paar kauzige, hochkarätig besetzte Nebencharaktere; eine schöne Frau, die aus der Ferne angebetet wird; ein paar philosophisch anmutende Sprüche über das Leben, die Liebe und die Verwirklichung seiner Träume. Das Konzept von “Schräger als Fiktion” ist aus Filmen wie “Bruce Allmächtig“, “Teuflisch” oder “Die Truman Show” bekannt. Etwas wirklich Neues wollte Regisseur Marc Forster (“Monster´s Ball”, “Wenn Träume fliegen lernen”) nicht schaffen, vor allem an Peter Weirs “Truman Show” orientiert er sich ganz offensichtlich. Zwar kommt er nicht an die ironische Schärfe des Vorbilds heran, das Ergebnis kann sich trotzdem durchaus sehen lassen. Man verzeiht dann auch gerne die Vorhersehbarkeit des Plots.

Marc Foster zeigte sich bei diesem Projekt durchaus risikobereit. Das Drehbuch überließ er dem noch unerfahrenen Zach Helm und auch die Besetzung von Comedian Will Ferrell war umstritten. Doch der macht seine Sache überraschend gut. Es gelingt Will Ferrell sogar, einige der Sympathiepunkte wiederzugewinnen, die er während meiner letzten Sneak durch “Ricky Bobby – König der Rennfahrer” verspielt hatte. Emma Thompson liefert als exzentrische, kettenrauchende Autorin eine glaubwürdige Vorstellung ab und auch Dustin Hoffmann hat sichtlich Spaß als verschrobener Literaturtheoretiker (und Trainer des Fakultäts-Schwimmteams!). Maggie Gyllenhall und Queen Latifa ergänzen den Cast als alternative Plätzchenbäckerin bzw. Karens energische Verlagsassistentin.

Eine Erklärung für den kosmisch zufälligen Zusammenhang zwischen Harold und dem Roman Karen Eifels liefert der Film nicht. Stattdessen sinniert er lieber ein bisschen über das Eigenleben von Digitaluhren, den Aussagewert von Gitarren und das Geräusch von Akten, die in eine Kiste geschoben werden. Klingt langweilig, ist aber ausgesprochen herzerwärmend.

Dazu passt die Liebe zum Detail, mit denen der Film punkten kann. So wird beispielsweise Harolds Marotte, absolut alles in seinem Tagesablauf zu zählen (Bürstenstriche beim Zähneputzen, Schritte zum Bus) mit animierten weißen Linien unterstützt.

Fazit: Alles in allem: Durchgängig liebenswert, manchmal auch ergreifend. 7 von 10 Punkten.


Krisengespräch: Harold und Jules Hilbert.

Karen Eifel (Emma Thompson).
Sarah Böhlau, 16. Februar 2007. Bilder: Sony


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