Der äußere Schein, Oberflächlichkeiten, das propagieren Plattformen wie Instagram und Co. Der norwegische Regisseur Kristoffer Borgli setzt sich in seinem Film Sick of Myself, der auf dem 49. Internationalen Filmwochenende in Würzburg gezeigt wurde, mit der Sucht nach Aufmerksamkeit auseinander.
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Sick of Myself (Syk pike)
Drama/Satire Norwegen, Schweden 2022. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 98 Minuten. Kinostart: 23. März 2023.
Mit: Kristine Kujath Thorp, Eirik Sæther, Fanny Vaager, Sarah Francesca Brænne, Fredrik Stenberg Ditlev-Simonsen, Henrik Mestad u.v.a. Drehbuch und Regie: Kristoffer Borgli.
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Süchtig nach Aufmerksamkeit
Während ihr Freund Thomas (Eirik Sæther) mit seinen aus gestohlenen Möbelstücken zusammengesetzten Kunstwerken allmählich Bekanntheit in der lokalen Szene erlangt hat Signe (Kristine Kujath Thorp) nicht so viel vorzuweisen. Sie hat ihr Studium abgebrochen und arbeitet in einem Café. Als Thomas sie zunehmend vernachlässigt steigt Signes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit. Im Internet liest die junge Frau von russischen Tabletten mit Nebenwirkungen in Form von starkem Ekzem. Über einen befreundeten Dealer besorgt sich Signe die Pillen und schluckt diese wie Bonbons. Zuerst überfällt sie nur eine starke Müdigkeit doch schon bald breitet sich ein massiver Hautausschlag auf ihren Armen und im Gesicht aus. Thomas und ihre Freunde sind geschockt. Im Krankenhaus wissen auch die Ärzte keinen Rat. Signe scheint am Ziel ihrer Wünsche als ihr von allen Seiten Aufmerksamkeit geschenkt wird und auch die Medien bald über das kranke Mädchen berichten…
Instagram, Tiktok und andere soziale Netzwerke transportieren ein bedenkliches, lediglich auf Oberflächlichkeiten und scheinbare Perfektion ausgerichtetes Menschenbild, das Narzissmus quasi salonfähig macht. Der norwegische Filmemacher Kristoffer Borgli (geboren 1985) denkt in seinem Kinodebüt Sick of Myself (Originaltitel Syk pike, zu deutsch: krankes Mädchen) dieses problematische Mindset konsequent weiter. Denn Protagonistin Signe ist bereit alles zu tun, um gesehen zu werden.
Bereits im Vorjahr hatte ich beim Filmwochenende einen Beitrag aus Norwegen gesehen. Ninjababy, der am 16. Februar 2023 auf DVD erscheinen wird, handelt von einer ziellosen jungen Frau, welche ungewollt schwanger wird und der ihr noch ungeborenes Kind als titelgebende Comicfigur erscheint. Die Hauptrolle in dieser Dramedy spielte Kristine Kujath Thorp, die auch als Szenenbilderin arbeitet, und im vorliegenden Werk erneut die zentrale Figur verkörpert. Der Vergleich beider Performances zeigt wie wandelbar die 1992 geborene Akteurin sein kann.
So drastisch, selbstzerstörisch und verstörend der eingeschlagene Weg Signes auch ist so vergleichweise unaufgeregt bleibt die Inszenierung, welche lediglich mit gekonnter Überzeichnung arbeitet, vor allem in den von der Hauptfigur imaginierten Szenen. Als jemand, der selbst schon immer an einer entstellenden Hautkrankheit leidet, fand ich die Make-Up-Umsetzung von Signes Ausschlag als Gratwanderung zwischen Realismus und drastischer Darstellung durchaus gelungen.
Das Poster (siehe oben) bezeichnet Sick of Myself zurecht als „unromantische Komödie“, wobei man sich über den Komödienteil streiten kann. Obgleich in der ganzen ersten Geschichte doch Einiges an absurdem und äußerst abgründigen Humor steckt, jedoch ohne dass zu dick aufgetragen oder eine Szene zu effektheischend umgesetzt wird. Neben Narzissmus und dem Drang nach Aufmerksamkeit widmet sich der Film aber noch einem weiteren Thema, nämlich dem Auslöser für das Verhalten seiner Hauptfigur: Einsamkeit. Signe ist zwar seit Jahren mit Thomas liiert und die beiden wohnen zusammen, doch schenkt er ihr wenig Beachtung, sieht sie bestenfalls als schicke Komplizin. Und obwohl die junge Frau eigene Freunde hat wirkt sie in nicht wenigen Situationen einsam und isoliert, woran auch die selbst herbeigeführte Krankheit nicht zwangsläufig etwas ändern muss.
Sick of Myself startet am 23. März 2023 in den deutschen Kinos.
Fazit: Teils überzeichnetes und drastisches Drama über das grenzüberschreitende Streben einer jungen Frau nach Aufmerksamkeit. 8 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 30. Januar 2023. Bilder: MFA.
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