Auch meine zweiter Kinobesuch beim diesjährigen 43. Internationalen Filmwochenende in Würzburg galt einem französischen Beitrag. In Solange et les vivants muss die von Regisseurin Ina Mihalache gespielte Protagonistin ihre Angst vor anderen Menschen überwinden.
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Solange et les vivants
Tragikomödie Frankreich 2016. 67 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Ina Mihalache, Pierre Siankowski, Francis Van Litsenborgh, Christian Henrard, Charline van Hoenacker, Dimitru Mihalache, Doris Duguay u.a. Drehbuch und Regie: Ina Mihalache.
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A Girl Is Home Alone
Solange (Ina Mihalache) lebt alleine und zurückgezogen in ihrer Pariser Wohnung. Um nicht mit anderen Mitmenschen in Kontakt zu treten, übt sie ihre Arbeit (das Abtippen von Professoren-Konferenzen) von zuhause aus. Eigentlich ist Solange in ihrer selbstgewählten Einsamkeit glücklich. Doch nach einer ungewohnten Begegnung an der Sprechanlage mit einem Paketzulieferer (Pierre Siankowski) fällt Solange in Ohnmacht. Ihr Vermieter (Francis Van Litsenborgh) findet sie im Treppenhaus und bringt sie zu einer Ärztin. Obwohl es ihr besser zu gehen scheint, fällt Solange erneut in Ohnmacht. Über ihren Vater (Dimitru Mihalache) nimmt der Vermieter Kontakt zu Solanges Ex-Freund (Christian Henrard) auf. Tagtäglich wechseln sich die unterschiedlichsten Leute ab, um Solange nicht alleine zu lassen. Für die junge Frau eine krasse Form der „Gesellschaftstherapie“…
Solange beim Home Office
Ina Mihalache wurde am 14. Mai 1985 als Tochter eines rumänischen Immigranten und einer Frankokanadierin in Montréal geboren. 2004 zog sie nach Paris und besuchte eine Schauspielschule, bevor sie in einigen Kurzfilmen mitwirkte. Um ihre Sozialphobie zu überwinden erfand Mihalache die Figur der Solange und startete im November 2011 die Videoreihe Solange te parle auf Youtube, in welcher die Hauptfigur viele alltägliche Dinge thematisiert. Ina Mihalaches Regie-Debüt Solanges et les vivants bildet die Vorgeschichte zu jener Videoblogreihe.
Einen Wermutstropfen musste ich bei der Sichtung von Solange et les vivants (zu deutsch: „Solange und die Lebenden“) am Freitag den 27. Januar 2017 (dem zweiten Tag des 43. Internationalen Filmwochenendes in Würzburg) gleich vor dem Einlass am Kinosaal hinnehmen. Entgegen der Angaben im Programmheft wurde der Film leider unvorhergesehenerweise ohne Untertitel gezeigt. Für mich, der zwischen 1996 und 1999 drei durchwachsene Jahre Französisch in der Schule hatte, natürlich eine Herausforderung. Auch wenn, wie von der Ansagerin versprochen, die Protagonistin des Films sehr langsam und deutlich spricht. Bei den übrigen Charakteren habe ich allerdings Mühe etwas zu verstehen. Kurios zudem, dass der Vermieter Solanges Vater im verschneiten Kanada anruft und mit ihm Rumänisch spricht!
Aber die Botschaft des kleinen, angeblich für kaum mehr als 13 000 € gedrehten, Films sind universal verständlich. Gegen eine chronische Sozialphobie hilft wohl nut ein Sprung ins kalte Wasser ungewisser Begegnungen mit anderen Menschen. Denn bis Solange ihre wahre Berufung als Youtuberin findet, trifft sie mit den verschiedensten Personen zusammen. Da gibt es den Club-Enthusiasten, der seinen Schützling sogleicht mit auf die Piste nehmen will, Solanges „Ex-Schwägerin“, die ihr aus allen erdenklichen Printmedien vorliest oder eine schwer kranke Kettenraucherin mit unerwarteter Vergangenheit. Diese kleinen Episoden werden von Solange immer wieder auf ihre eigenwillige, fast kindliche Art aus dem Off kommentiert.
Fazit: Ina Mihalache inszeniert und spielt das Spielfilm-Prequel zu ihrer Youtube-Videoreihe als existenzialistische Komödie mit leisem Humor und unterschiedlichsten Begegnungen. 8 von 10 Punkten.
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Solange wird untersucht…
…und nicht mehr allein gelassen.
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