Für ihren achten Spielfilm versammelte die britische Regisseurin Sally Potter ein namhaftes Ensemble in einem reduzierten Setting: The Party.
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The Party
Drama/Komödie UK 2017. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 71 Minuten. Kinostart: 27. Juli 2017.
Mit: Kristin Scott Thomas, Timothy Spall, Patricia Clarkson, Bruno Ganz, Cherry Jones, Emily Mortimer und Cillian Murphy. Drehbuch und Regie: Sally Potter
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“Wahrheit und Versöhnung.”
Janet (Kristin Scott Thomas) und Ehemann Bill (Timothy Spall) haben zu einer Feier im kleinen Kreis eingeladen. Der erfreulich Anlass: Janet wurde für ihre Partei zur Gesundheitsministerin im Schattenkabinett ernannt, der Höhepunkt ihrer politischen Karriere. Neben April (Patricia Clarkson) und ihrem Lebensgefährten Gottfried (Bruno Ganz), ein Life Coach und selbsternannter Heiler, sind auch das lesbische Paar Martha (Cherry Jones) und Jinny (Emily Mortimer) anwesend. Marianne, eine Mitarbeiterin und Vertraute Janets, verspätet sich, während ihr Ehemann Tom (Cillian Murphy) schon eingetroffen ist. Nachdem Martha und Jinny verkünden, dass sie Drillinge bekommen werden, verpasst Bill dem Abend eine entscheidende Wendung. Zu aller Überraschung enthüllt er todkrank zu sein. Die verbleibende Lebenzeit möchte Bill allerdings nicht mit seiner Frau verbringen…
Janet macht Essen
Die britische Filmemacherin Sally Potter scheut keine Experimente bei der Entstehung ihrer Werke. Ihr Langfilmdebüt Gold Diggers schuf eine ausnahmslos weibliche Filmcrew. Mit Orlando adaptierte Potter den bis dato als unverfilmbar geltenden Roman von Virginia Woolf und ließ die schottische Ausnahmeschauspielerin Tilda Swinton die Titelfigur als Mann und Frau spielen. Der lediglich aus Interviewszenen bestehende Film Rage debüttierte 2009 erstmals auf Smartphones. Auch The Party, der im diesjährigen Wettbewerb der Berlinale zu sehen war, hat seinen besonderen Reiz. Das ganze Geschehen spielt sich an einem einzigen Schauplatz, nämlich im Haus (und Hinterhof) der beiden Gastgeber ab. Zur Feier des Tages war eigentlich ein schöner Abend geplant, doch Lügen und Geheimnisse treten zu Tage und hinterlassen ihre Spuren. Nicht nur Bills Diagnose schlägt wie eine Bombe ein, auch die anderen Paare haben so ihre Probleme. Der zynischen April etwa gehen die abgedroschenen Weisheiten ihres Partners Gottfried auf die Nerven. In der Beziehung von Professorin Martha und ihrer Ehefrau, der Köchin Jinny, kriselt es. Der ebenfalls anwesende Tom, Ehemann von Janets Assistentin Marianne, wirkt auch nicht gerade sehr entspannt. Es entwickelt sich eine Abfolge von Ereignissen, die alles möglich werden lassen. Ob es schließlich zur totalen Katastrophe kommt, bleibt offen.
Mit seinen stilsicheren Schwarzweiß-Bildern im etwas breiteren Format (2,39:1 bzw. 21,5:9) wirkt Potters Kammerspiel wie eine Mischung aus Roman Polanskis Der Gott des Gemetzels und Joss Whedons Shakespeare-Adaption Viel Lärm um Nichts,
nur nicht so plump wie ersterer und schnörkelloser als letzterer. Im Vordergrund stehen natürlich die starken Darstellerleistungen, egal ob der Schweizer Bruno Ganz (Der Untergang) als geschwätziger “Guru”, die Amerikanerin Patricia Clarkson (Shutter Island, Dogville) als April oder die britisch-französische Schauspielerin Kristin Scott Thomas (Mord im Pfarrhaus, Vier Hochzeiten und ein Todesfall) als Janet. Am eindrucksvollsten agiert jedoch Timothy Spall (Mr. Turner, The King’s Speech) als Bill, der über weite Strecken wortkarg bleibt und mit seiner reduzierten, aber wirkungsvollen Mimik glänzt. Die Rolle der musikalischen Untermalung erfüllt übrigens lediglich der vom Hausherrn bediente Plattenspieler.
The Party erscheint am 1. Dezember 2017 auf DVD und BluRay.
Fazit: Prägnantes, wendungsreiches Kammerspiel mit hochkarätiger Besetzung. 8 von 10 Punkten.
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Bill legt Platten auf
Ein Gläschen in Ehren
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Marius Joa, 20. August 2017. Bilder: Weltkino.
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