Mit The Room Next Door hat der spanische Regisseur Pedro Almodóvar seinen ersten abendfüllenden Spielfilm auf Englisch gedreht, mit Tilda Swinton und Julianne Moore in den Hauptrollen.
—
The Room Next Door (La habitación de al lado)
Drama Spanien 2024. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 107 Minuten. Kinostart: 24. Oktober 2024.
Mit: Tilda Swinton, Julianne Moore, John Turturro u.a. Nach dem Roman Was fehlt Dir von Sigrid Nunez. Drehbuch und Regie: Pedro Almodóvar.
—
Die rote Tür
Einst waren Autorin Ingrid (Julianne Moore) und Kriegskorrespondentin Martha (Tilda Swinton) eng befreundet, nachdem sie einige Zeit bei der gleichen Zeitung gearbeitet hatten. Nachdem sie sich in den letzten Jahren aus den Augen verloren hatten erfährt Ingrid, dass Martha Krebs im Endstadium hat. Nach einem Besuch im Krankenhaus beginnen sich die beiden Frauen wieder häufiger zu treffen. Martha weiß, dass sie nicht mehr lange zu leben hat, und äußert gegenüber Ingrid eines besondere Bitte: im Laufe eines gemeinsamen Urlaubs auf dem Land will sich Martha mit einer über das Darknet erworbenen Tablette das Leben nehmen und Ingrid soll sich im Zimmer nebenan aufhalten. Ingrid zeigt sich von Marthas Wunsch schockiert, willigt aber ein, ihrer Freundin beizustehen…
Nach über 20 Spielfilmen in seiner Muttersprache Spanisch drehte Pedro Almodóvar zuletzt zwei Kurzfilme auf Englisch, nämlich The Human Voice (2020) mit Tilda Swinton sowie Strange Way of Life (2023) mit Ethan Hawke und Pedro Pascal. Basierend auf dem Roman Was fehlt Dir (Originaltitel: What Are You Going Through) der amerikanischen Schriftstellerin Sigrid Nunez schuf der spanische Regisseur sein erstes abendfüllendes englischsprachiges Werk. Mit den Oscar-Gewinnerinnen Tilda Swinton (2008 als beste Nebendarstellerin für Michael Clayton) und Julianne Moore (2015 als beste Hauptdarstellerin für Still Alice) hat Almodóvar zwei absolut hochkarätige Schauspielerinnen engagiert, als zwei alte Freundinnen, die sich beide mit dem Thema Sterblichkeit und selbstbestimmtes Sterben auseinander setzen müssen.
Martha ist todkrank und weiß, dass ihr nur noch Monate verbleiben. Doch bevor der Krebs sie vollständig ihrer Kräfte beraubt will sie ihrem Leben ein selbstbestimmes Ende setzen. Die notwendige Tablette zum Suizid hat sich Martha schon über nicht einen sonderlich legalen Weg besorgt. Doch weil sie während ihrer Zeit als Journalistin in Kriegsgebieten wie Bosnien und dem Irak selbst in tödlicher Gefahr immer Kolleg*innen an ihrer Seite hatte, möchte Martha auch nicht ganz allein aus dem Leben scheiden. Und deswegen soll ihre alte Freundin Ingrid ihr beistehen. Der Freitod soll allerdings nicht in vertrauter Umgebung erfolgen, weswegen die beiden Frauen ein Ferienhaus zwei Stunden außerhalb von New York anmieten.
Sterbehilfe oder einfach begleitetes Sterben ist immer noch ein ziemliches Tabuthema. Damit hat sich auch Jurist und Autor Ferdinand von Schirach in einem Theaterstück GOTT und der von ihm ebenfalls geskripteten Adaption als Fernsehfilm befasst. Amodóvar facht hier allerdings nicht zwangsläufig eine politische Diskussion im Vorfeld ab, sondern behandelt die Planung und Ausführung eines selbstbestimmten Suizids. Dass so eine Tat in den USA, wo die Handlung spielt, auch juristische Konsequenzen haben kann, wird nicht ausgeklammert.
Die meiste Zeit präsentiert sich The Room Next Door als Zwei-Personen-Stück, denn mit Ausnahme des von John Turturro (Barton Fink, The Big Lebowski) gespielten Damian, eines ehemaligen Liebhabers der beiden Hauptfiguren und Professor, dessen düstere Vorträge zum Thema Klimawandel einen Gegenpol bilden, gibt es kaum weitere nennenswerte Charaktere, welche über ihre reine Funktionalität hinzukommen. Die beiden gleichaltrigen Darsteller*innen Tilda Swinton (geboren im November 1960) und Julianne Moore (geboren im Dezember 1960) verkörpern eindringlich und überzeugend zwei Frauen auf den unterschiedlichen Seiten einer besonderen, extremen Situation. Mal abgesehen von den etwas überinszenierten Rückblenden auf Marthas Leben und die tragische Geschichte ihres Ex-Freundess/des Vaters ihrer Tochter, hält sich Almodóvar hier ziemlich zurück und überlasst dem hochkarätigen Duo Swinton/Moore das Feld.
Fazit: Angenehm unspektakuläres Drama über den geplanten Suizid einer totkranken Frau und die ihr beistehende Freundin von Pedro Almodóvar, mit den starken Tilda Swinton und Julianne Moore in den Hauptrollen. 8 von 10 Punkten.
—
—
Marius Joa, 29. Oktober 2024. Bilder: Warner/El Deseo.
Schreibe einen Kommentar