The Zero Theorem

Terry Gilliam gilt als Schöpfer surrealer Filmwelten. In seinem neuesten Werk schickt der Ex-Monty-Python Christoph Waltz auf die zermürbende Suche nach dem „Zero Theorem“.

8-10The Zero Theorem
Science-Fiction-Satire UK/Frankreich/Rumänien 2013. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 107 Minuten. Kinostart: 27. November 2014.
Mit: Christoph Waltz, David Thewlis, Mélanie Thierry, Lucas Hedges, Matt Damon, Tilda Swinton u.a. Regie: Terry Gilliam. Drehbuch: Pat Rushin.

 

The Zero Theorem_Poster

Die Arbeit als endloses Videospiel

Irgendwann in der Zukunft. Die Welt besteht nur noch aus Mega-Konzernen. Programmierer Qohen Leth (Christoph Waltz) arbeitet für einen dieser Firmengiganten namens Mancom. Nach langwierigem Hin und Her wurde dem Einzelgänger endlich genehmigt, seine Arbeit von zuhause aus weiterzuführen. Doch „Management“ (Matt Damon), der geheimnisvolle Firmenchef, hat für Qohen eine besonders delikate Aufgabe ausersehen. Der kauzige Eigenbrötler soll endlich die Formel für das sogenannte „Zero Theorem“ herausfinden…

The Zero Theorem_QohenBei der britischen Kult-Comedy-Truppe „Monty Python“ war der gebürtige Amerikaner Terry Gilliam vor allem für die absurden Cut-Out-Animationen verantwortlich. Als Regisseur kreiierte Gilliam viele , surreale und opulente Filme wie das Fantasy-Abenteuer Die Abenteuer des Baron Münchhausen, die „1984“-Variante Brazil (1984) oder Das Kabinett des Dr. Parnassus (2009). Vielleicht war der 74jährige daher auch in frühen Stadien für die Regie von Harry Potter oder der Adaption des Kultcomics Watchmen vorgesehen. In beiden Fällen kam es natürlich ganz anders. Immerhin zustande gekommen ist The Zero Theorem, nach einem Skript des Autos Pat Rushin, welches bereits seit Jahren in Gilliams Schublade schlummerte.

Christoph Waltz spielt hier einen ängstliches, kauziges Computergenie, der am liebsten in Ruhe gelassen werden will. Sein Qohen Leth, der auf Empfehlung eines früheren Therapeuten von sich nur im Plural spricht, möchte einfach seine Arbeit machen und freilich nicht in dem hektischen Großraumbüro, das eher einem Mitternachtszirkus aus Plastik ähnelt. Als ihm schließlich von oberster Stelle in Person des nur als „Management“ (Matt Damon) bekannten Konzernchefs Home Office genehmigt wird, hat die Sache natürlich einen Haken. Denn ausgerechnet Qohen soll an etwas arbeiten, an welchem schon viele gescheitert sind, nämlich die Formel des „Zero Theorem“ lösen. Fortan schuftet Qohen, kommt der Lösung aber nur sehr langsam näher und verzweifelt über dem massiven Erfolgsdruck. Erst IT-Praktikant Bob (Lucas Hedges) und die hübsche Edel-Prostituierte Bainsley (Mélanie Thierry) sorgen für Ablenkung, die Qohen allerdings nur widerwillig über sich ergehen lässt.

The Zero Theorem ist vor allem eine schrille Farce über die heutige bzw. zukünftige Arbeitswelt. Das Innenleben des Mega-Konzerns Mancom wirkt als hätte man Videospiel-Automaten in ein historisches Rathaus mit hohen Räumen gebaut, an welchen die Mitarbeiter herumfummeln, während sie gleichzeitig ständig untersucht werden. Wenn Hauptfigur Qohen am Computer arbeitet, dann gibt er nicht irgendwelche Formeln ein, sondern sucht die Lösung indem er sich durch verschiedene Level einer dreidimensionalen Variante des Game-Klassiker Tetris kämpft! Generell ist hier die Ausstattung das furiose Prunkstück. Qohen lebt in einer heruntergekommenen alten Kirche, die er dank „Brandschäden“ günstig erworben hat. Anstelle des Kopfes hat die Jesusfigur am Kreuz eine von mehreren versteckten Überwachungskamera. So viel zum Thema „Gott sieht alles“! Die Außenwelt wirkt als hätte man Teile der Glitzermetropole Tokio in ein historisches Viertel einer (ost)europäischen Großstadt umgesiedelt. Eine kräftige Dosis Cyberpunk wird auch noch eingemischt, z.B. wenn sich Qohen zum virtuellen Stelldichein mit Bainsley einen roten „Strampelanzug“ anzieht, der das Erlebnis noch intensivieren soll.

Das Drehbuch unterfüttert diesen irren Trip mit diversen philosophischen und religiösen Anspielungen, deren Analyse den Rahmen dieser Besprechung sprengen würden. Neben einem wunderbar verschrobenen Christoph Waltz, der endlich mal weit weg kommt von seiner Rolle als charmanter Fiesling, welche ihm ja immerhin zwei Oscars (für Inglourious Basterds und Django Unchained) einbrachte, ist The Zero Theorem bis in die kleinsten Parts prominent besetzt. Ob die besonders wandlungsfähige Tilda Swinton (The Grand Budapest Hotel, Snowpiercer, Only Lovers Left Alive) als virtuelle Therapeutin Dr. Shrink-ROM oder Matt Damon (Interstellar) als gottähnlicher Firmenchef, der mit seinen weißen Haaren dem 2014 verstorbenen Kollegen Philip Seymour Hoffman zum Verwechseln ähnelt.

Was nehmen wir aus diesem Film mit? Die Zukunft wird zwar oberflächlich betrachtet noch durchorganisierter aber auch lauter, infantiler und chaotischer. Und was nützt die ganze Schufterei wenn es nichts gibt für das man arbeitet?


Fazit: Absurde Fabel über den Sinn des Lebens und die Mechanismen der digitalen (Arbeits-)Welt, eingebettet in eine schrille Ausstattungsorgie. 8 von 10 Punkten.

The Zero Theorem_Stadt
Qohen verlässt nur ungerne sein Heim…
The Zero Theorem_Anzug
…bestenfalls im virtuellen Sinne.

 

Marius Joa, 30. Dezember 2014. Bilder: Concorde.

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