George Clooney ist schon ein Phänomen. Zwar besucht mit Sicherheit der Großteil der weiblichen Kinofans einen Film mit ihm wegen der Optik – daneben hat er es aber geschafft, auch schauspielerisch interessant zu bleiben. Dies brachte ihm für Up In The Air eine Oscar-Nominierung ein. Ob Up In The Air auch neben George Clooney überzeugt, analysiert Johannes Michel.
Up In The Air
Tragikomödie, USA 2009. FSK: Ohne Altersbeschränkung. 110 Minuten. Deutscher Kinostart: 4. Februar 2010
Mit: George Clooney, Vera Farmiga, Anna Kendrick, Jason Bateman, Melanie Lynskey, Amy Morton, J.K. Simmons, Zach Galifianakis, Danny McBride, Sam Elliott u.a. Regie: Jason Reitman
Her mit den Oscars…
Sechs Oscar-Nominierungen hat die Tragikomödie Up In The Air bereits auf dem Konto – und somit könnte der Film bei der Verleihung im März zu den großen Gewinnern gehören. Bester Film, beste Regie, bester Hauptdarsteller, zweimal beste Nebendarstellerin und bestes adaptiertes Drehbuch – diese Titel könnte Up In The Air holen.
Ryan Bingham (George Clooney) verbringt nur 40 Tage im Jahr zu Hause, die restliche Zeit ist er unterwegs. Er liebt seinen Job, der sicher nicht jedem gefallen würde: Baut ein Unternehmen Stellen ab und möchte die Nachricht nicht selbst an die Mitarbeiter überbringen, muss Bingham ran. Er ist somit ein professioneller Kündiger. Dabei sammelt er Flugmeilen quer durch die USA, und hat sich die zehn Millionen Meilen als Ziel gesetzt. Denn damit wäre er erst der siebte Mensch, dem das gelingt – und sogar ein Flugzeug würde dann nach ihm benannt. Einen Strich durch die Rechnung macht ihm vorerst aber die junge Natalie Keener (Anna Kendrick), die das Reisebudget von Ryans Firma zusammenkürzen möchte – Kündigungen sollen nicht mehr persönlich, sondern per Videokonferenz überbracht werden. Das kann Ryan nicht auf sich sitzen lassen und nimmt Natalie mit auf eine seiner Reisen, damit sie den harten Alltag einmal hautnah erfährt. Und dann ist da noch Alex Goran (Vera Farmiga), ebenfalls Geschäftsfrau und vollkommen auf einer Wellenlänge mit Ryan. Erstmals empfindet er wirkliche Liebe – und lässt nach der Hochzeit seiner Schwester alles stehen und liegen, nur um Alex in Chicago zu besuchen…
Natalie und Ryan überbringen zusammen Kündigungen.
Regisseur Jason Reitman ist kein Neuling mehr im Regie-Business. Bisher machte er sich mit Thank Your For Smoking und Juno einen Namen, mit Up In The Air dürfte er nun endgültig im Olymp der prominenten Hollywood-Regisseure angekommen sein. Dabei kommt es ihm in keiner Weise auf Effekthascherei an, sondern auf die Geschichte. So wirkt sein neuer Film auch eher wie fürs Fernsehen gemacht: Die Luftaufnahmen verschiedener Städte sehen nicht nach High-Definition-Kamera aus, die Schriftzüge im Vorspann sind wenig modern. Er legt eben Wert auf andere Dinge.
Im Vordergrund steht die Story, die neben komödiantischen auch viele ernste Elemente aufweist. Schließlich ist der Beruf eines professionellen Entlassers in Zeiten einer kriselnden Wirtschaft durchaus vorstellbar. Und dass ein Mensch, der einen solchen ausübt, ein bisschen abgehoben sein muss und in einer eigenen Welt lebt, passt dazu perfekt. So spielt George Clooney seinen Ryan Bingham auch –ja, er ist fast wie ein Karl-Theodor von und zu Guttenberg: Scheinbar unfehlbar, beschichtet mit Teflon, aber zugleich sympathisch und, natürlich, anziehend für Frauen. Im Fokus steht für Clooneys Bingham aber längst nicht mehr sein Job oder gar das Gründen einer Familie, sondern das Meilen-Sammeln. Und als er schließlich die zehn Millionen erreicht und damit in einen elitären Club aufsteigt, kann er sich darüber nicht wirklich freuen, da ihm das Leben einen Streich gespielt hat. Das Beste ist: Clooney wirkt keine Sekunde lang unglaubwürdig – das zeichnet einen Schauspieler aus und führte zu Recht zu einer Oscar-Nominierung.
Aber auch die beiden Nebendarstellerinnen, Vera Farmiga und Anna Kendrick, überzeugen. Während erstere die scheinbar etwas nymphomanische veranlagte Geschäftsfrau im reifen Alter verkörpert, ist Anna Kendrick als Natalie Keener die junge Uni-Absolventin, die in ihrem ersten Job etwas bewegen will – und dabei eine schüchterne und ruhige Komponente mitbringt. Außerdem ist sie im Gegensatz zu Ryan Bingham scheinbar ein Familienmensch, hat einen festen Partner und für ihn sogar einen Ortswechsel vollzogen.
Überraschend endet der Film anders, als der Storyverlauf es vermuten lässt. Eigentlich müsste Ryan mit seiner Alex glücklich werden und seine verwaiste Wohnung endlich zu einem Familiendomizil machen. Dass es aber gerade nicht so kommt, macht Up In The Air aus. Das Ende soll hier nicht verraten werden, dennoch dürften viele Zuschauer das Kino etwas ratlos und vielleicht auch traurig oder entsetzt verlassen. Auch das spricht aber für den Oscar-nominierten Film.
Fazit: Jason Reitman liefert mit Up In The Air eine bewegende Mischung aus Drama und Komödie ab. Die Besetzungsliste wurde hervorragend zusammengestellt, Clooney spielt die perfekte Mischung aus Sonnyboy und kaltem Geschäftsmann. Absolut empfehlenswert – und schon auf dem Weg in die Liste der besten Filme des Jahres 2010. 9 von 10 Punkten.
Die Geschäftsfrau Alex hinterlässt bei Ryan bleibenden Eindruck.
Ryan rechnet Natalie vor, wie viel Zeit sie mit dem Aufgeben von Gepäck vergeudet – und legt ihr nahe, ab sofort nur noch auf Handgepäck zu setzen.
Ryans Schwester heiratet. Da das Geld für die Hochzeitsreise fehlt, soll die Familie ein Pappplakat der beiden vor spannenden Orten fotografieren.
Johannes Michel, 11. Februar 2010. Bilder: Paramount.
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