Wall Street – Geld schläft nicht

Mehr als 20 Jahre nach seinem Auftritt als Finanzjongleur Gordon Gekko ist Michael Douglas in der gleichen Rolle wieder zurück. Wieder einmal geht es ums ganz große Geld. Nur: Gekko spielt längst nicht mehr in der ersten Liga, die Jugend hat seinen Platz eingenommen. Findet er zurück? Johannes Michel war im Kino.

Wall Street – Geld schläft nicht
Drama, USA 2010. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. 133 Minuten. Deutscher Kinostart: 21. Oktober 2010
Mit: Michael Douglas, Shia LaBeouf, Josh Brolin, Carey Mulligan, Eli Wallach, Susan Sarandon, Frank Langella, Austin Pendleton u.a. Regie: Oliver Stone

Noch immer regiert Geld die Welt

Michael Douglas geht sparsam mit seinen Filmauftritten um. Wer sich seine aktuelle Filmografie in einschlägigen Datenbanken ansieht, notiert als letzte große Auftritte etwa The Sentinel (2006) oder Traffic – Die Macht des Kartells (2000). Für Oliver Stones Fortsetzung von Wall Street konnte Michael Douglas aber kaum Nein sagen, gewann er doch für seine Darstellung von Gordon Gekko einen Oscar. An seiner Seite spielt nun allerdings nicht mehr Charlie Sheen (der nur einen wenig überzeugenden Kurzauftritt absolviert), sondern Shia LaBeouf als junger aufstrebender Wertpapierhändler.

2001 wird Gordon Gekko (Michael Douglas) aus der Haft entlassen – und er nutzt die wieder gewonnene Freiheit für seine Schriftstellerkarriere. Schließlich hat er viel zu erzählen. Durch sein Buch wird 2008 auch Jacob Moore (Shia LaBeouf) auf ihn aufmerksam und möchte ihn unbedingt kennen lernen. Der Haken an der Sache: Jacob ist mit Gekkos Tochter Winnie (Carey Mulligan) verlobt, die den Kontakt zu ihrem Vater aber längst abgebrochen hat und ihn für den Tod ihres Bruders verantwortlich macht. Als die Investmentbank Keller Zabel, bei der Jacob arbeitet, pleitegeht, macht er die Konkurrenzbank Churchill Schwartz und deren Chef Bretton James (Josh Brolin) dafür verantwortlich – und rächt sich mit einem Manöver, das Churchill Schwartz einen dreistelligen Millionenverlust beschwert. James ist davon aber derart beeindruckt, dass er Jacob einstellt und ihn das weiter machen lässt, was er am besten kann: Unternehmen analysieren, die sich auf erneuerbare Energien spezialisiert haben. Derweil könnte es auch zur Versöhnung zwischen Gekko und seiner Tochter kommen, denn die (oder vielmehr ihr Verlobter Jacob) braucht ihren Vater, um an einen großen Batzen Geld zu kommen, den Gekko in den 1980ern in die Schweiz transferierte…

Gordon Gekko und Jacob Moore nähern sich an.

Die Finanzplätze der Welt waren in den vergangenen Jahren in aller Munde. Nein, nicht etwa wegen massiver Kurssteigerungen oder -verluste, sondern vielmehr wegen Aktivitäten am Rande der Legalität. Hebelpapiere, die den Gewinn oder Verlust einer Aktie multiplizieren, kannte der Gordon Gekko der 1980er Jahre noch nicht – wenn man so will war das Geschäft an der Börse damals also noch ehrlicher. Als Gekko nun sein Buch vorstellt, kritisiert er genau diese Zügellosigkeit und beim Kinozuschauer wächst einmal mehr die Erwartung, dass sich ein Regisseur wie Oliver Stone dem Thema Finanzmärkte nicht nur vorsichtig, sondern energisch genährt hat.

Diese Erwartung wird aber schnell enttäuscht. Denn im Endeffekt geht es in Wall Street – Geld schläft nicht nur am Rande um die Auswüchse der Finanzmärkte. Im Mittelpunkt steht dagegen die Familiengeschichte des Gordon Gekko, der seinen Sohn verliert und von dem sich danach auch die Tochter abwendet. Ob und wie die beiden zusammenfinden, sollte aber für den Fortschritt des Films eigentlich überhaupt keine Rolle spielen. Oliver Stone räumt diesem Teil der Story viel zu viel Platz ein. Dagegen werden Zuschauer, die wenig bis gar nichts von der Börse verstehen, fragend das Kino verlassen. Wie konnte der kleine Angestellte Jacob Moore einer Großbank 120 Millionen Dollar Verlust bescheren? Warum geht sein Arbeitgeber Keller Zabel wirklich pleite? Und was hat es mit den sensationellen Gewinnen des zurückgekehrten Gordon Gekko auf sich? Fragen über Fragen, die der Film – trotz einer Länge von deutlich über zwei Stunden – nicht beantwortet.

Schauspielerisch liegt Wall Street – Geld schläft nicht deutlich über dem heutigen Hollywood-Einheitsbrei. Michael Douglas präsentiert seinen Gordon Gekko gewohnt souverän, Shia LaBeouf gefällt als Nachfolger von Charlie Sheen und empfiehlt sich auch für ernsthaftere Rollen als in Transformers. Lediglich Josh Brolin steht der skrupellose Banker nicht hundertprozentig. Auch Bilder, Kameraführung und Ausstattung liegen auf einem sehr hohen Niveau. Oliver Stone gehört damit ohne Frage zur ersten Riege der Regisseure in den Vereinigten Staaten.

Fazit: Die Floskel „Da wäre mehr drin gewesen“ passt wie die Faust aufs Auge. Wall Street – Geld schläft nicht kommt in keinster Weise an den Vorgänger heran. Das liegt nicht an den Darstellern, sondern an der viel zu oberflächlichen Thematisierung der Probleme wie Spekulation und Staatshilfen im Bereich Börse und Wirtschaft. Stone vergibt eine riesige Chance, hier für Aufklärung zu sorgen. Stattdessen lässt er viele Zuschauer fragend zurück… 6 von 10 Punkten.


Bretton James bei einer Sitzung, zusammen mit Finanz-Oldie Julie Steinhardt (Eli Wallach).

Gordon Gekko, bevor er seine 1980er-Frisur wieder herstellt (siehe Aufmacherbild).

Jacob und seine Verlobte Winnie.
Johannes Michel, 25. Oktober 2010. Bilder: Fox

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