16 Jahre nach dem ersten „X-Men“-Film und zwei Jahre nach Zukunft ist Vergangenheit treten die Marvel-Mutanten ihrem gewaltigsten Gegner gegenüber, der mehr ist als nur ein Relikt aus längst vergangener Zeit.
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X-Men: Apocalypse
Comic-Verfilmung USA 2016. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 144 Minuten. Kinostart: 19. Mai 2016.
Mit: James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Oscar Isaac, Nicholas Hoult, Rose Byrne, Tye Sheridan, Sophie Turner, Olivia Munn, Lucas Till, Evan Peters, Kodi Smit-McPhee, Alexandra Shipp, Ben Hardy u.v.a. Regie: Bryan Singer. Drehbuch: Simon Kinberg. Nach Charakteren von Stan Lee, Jack Kirby u.a.
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Apokalypse in den Achtzigern
1983. Zehn Jahre nachdem die Welt durch Magnetos (Michael Fassbender) Angriff auf das Weiße Haus in Washington von der Existenz der Mutanten erstmals erfuhr, halten sich diese immer noch bedeckt. Während die „Schule für junge Begabte“ des mächtigen Telepathen Professor Charles Xavier (James McAvoy) auch dank vieler Neuzugänge gedeiht, hat Magneto in Polen ein neues Leben begonnen, lebt dort mit Ehefrau und Tochter als einfacher Stahlarbeiter. Doch schnell holt den Holocaust-Überlebenden die Vergangenheit wieder ein. In Ägypten erwacht mit En Sabah Nur (Oscar Isaac) alias Apocalypse der allererste Mutant aus einem zehntausend Jahre langen Schlaf. Das in jeglicher Hinsicht übermächtige Wesen plant die Welt von der seiner Ansicht nach schwachen Zivilisation zu tilgen. Unter den ausgestoßenen Mutanten sucht sich Apocalypse vier Verbündete. Neben dem geflügelten Angel (Ben Hardy), der Wetter manipulierenden Straßenkriminellen Storm (Alexandra Shipp) und der mächtigen Kämpferin Psylocke (Olivia Munn) bietet sich natürlich der vom Hass auf die normalen Menschen zerfressene Erik Lehnsherr alias Magneto an. Als Apocalypse und seine Getreuen Professor Xavier entführen, versammelt die Gestaltwandlerin Mystique (Jennifer Lawrence) junge und erfahrene Mutanten, um ihn zu befreien…
Charles Xavier mit Signature-Frisur
Zwar dürfte ich mit dieser Meinung so ziemlich allein auf weiter Flut sein, aber dennoch halte ich das „X-Men“-Filmfranchise (X-Men, X-Men 2, X-Men: Der letzte Widerstand, X-Men Origins: Wolverine, X-Men: Erste Entscheidung, Wolverine: Weg des Kriegers, X-Men: Zukunft ist Vergangenheit und Deadpool) was Qualitätsdichte und Konstanz angeht dem „Marvel Cinematic Universe“ gegenüber für überlegen. Zwar sind nicht alle der oben genannten Mutanten-Streifen komplett gelungen, die schwächeren bewegen sich aber immer noch im (ordentlichen) Mittelfeld. Mit Zukunft ist Vergangenheit gelang dem zurückgekehrten Bryan Singer, Regisseur der beiden ersten Teile, 2014 ein Highlight der Reihe. 2015 erschien mit dem Rogue Cut eine längere Fassung des Zeitreise-Abenteuers. Gemeinsam mit seinem eingespielten Team, bestehend aus Simon Kinberg (Drehbuch,Produktion), John Ottman (Schnitt, Musik) und Newton Thomas Sigel (Kamera), inszenierte Singer auch den neuesten Film, X-Men: Apocalypse.
X-Men Apocalypse ist sicher nicht ganz ohne Schwächen, diese sind allerdings überwiegend kosmetischer Natur. So verwundert es warum manche der beteiligten Personen in den letzten zehn Jahren (Professor X, Magneto, Beast) oder zwanzig Jahren (Moira MacTaggart, Havoc) kaum oder gar nicht gealtert sind. Generell wirkt die Figur der CIA-Agentin Moira (in den Comics eine brillante Genetikerin), die lediglich als etwas unmotiviertes Love Interest für Charles herhalten muss, eher deplatziert.
Der Geschichte gelingt es ansonsten, fast allen Mitgliedern des zahlreichen Figurenensembles genügend Raum zur Entfaltung zu bieten. Neben den gewohnten Hauptfiguren Charles und Erik liegt der Schwerpunkt vor allem auf den jungen Mutanten um Scott „Cyclops“ Summers (den viel jüngeren Bruder von Havoc), Jean Grey (gespielt von Game Of Thrones-Star Sophie Turner) und Nightcrawler. Charaktere, die man aus den ersten drei Filmen der Reihe kennt. Als Autoritätsperson springt dieses Mal überraschend Mystique in die Bresche und versucht die unerfahrenen Teenager auf ihre eigene Art zu führen.
Den inszenatorischen Höhepunkt (und kleine Hommage an die Popkultur der 1980er) bildet eine äußerst aufwändige Sequenz, deren Dreharbeiten mehrere Wochen dauerte und in welcher der megaschnelle Mutant Quicksilver (Evan Peters) zu den Klängen des Eurythmics-Klassikers „Sweet Dreams“ in Nanosekunden viele Menschen aus einem flammenden Inferno rettet. Technisch ist der Film ohnehin vollends überzeugend, Action und Effekte stets handlungstragend. Sich bei der äußerlichen Umsetzung des Titelcharakters auf eine Mischung aus Make Up und CGI zu verlassen, war ebenfalls eine richtige Entscheidung, auch wenn Oscar Isaac (u.a. Star Wars Episode VII), derzeit einer der gefragtesten Darsteller n Hollywood, dahinter fast völlig verschwindet.
In der Schlussszene (vor dem Abspann) schlägt Singer einen großen Bogen zurück zum ersten X-Men (2000), indem er den legendären Dialog zwischen Professor Xavier und Magneto rezitiert. Eigentlich ein guter Schlusspunkt für eine erfolgreiche Filmreihe. Durch einige Rückblenden zu Erste Entscheidung lässt sich „Apocalypse“ auch als Finale einer Trilogie verstehen, die mit eben jenem, von Matthew Vaughn inszenierten, Teil begann.
Fazit: Auch wenn Apocalypse nicht ganz an den Vorgänger Zukunft ist Vergangenheit heranreicht, so gelingt Bryan Singer mit seiner vierten X-Men-Regiearbeit erneut ein sehr unterhaltsames Mutanten-Abenteuer irgendwo zwischen Superhelden-Kracher und Stargate. 8 von 10 Punkten.
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En Sabah Nur, die personifizierte Apokalypse
Die jungen Mutanten: Jean Grey, Nightcrawler und Cyclops
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