X-Men: Erste Entscheidung

Die Erforschung der Anfänge einer beliebten Filmreihe war in den letzten Jahren der Stoff für viele „Fortsetzungen“. Nun werden die frühen Jahre der „X-Men“ im Kino verarbeitet. Im Mittelpunkt von X-Men: Erste Entscheidung steht die Beziehung zwischen Charles Xavier und Erik Lehnsherr.

 

 

X-Men: Erste Entscheidung (X-Men: First Class)
Comicverfilmung USA/UK 2011. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 132 Minuten. Kinostart: 9. Juni 2011.
Mit: James McAvoy, Michael Fassbender, Kevin Bacon, Jennifer Lawrence, January Jones, Rose Byrne, Nicholas Hoult, Jason Flemyng, Zoë Kravitz, Lucas Till, Caleb Landry Jones, Oliver Platt u.v.a. Regie: Matthew Vaughn. Nach den Comics von Stan Lee, Jack Kirby u.v.a.

 

Wie alles begann

Polen, 1944. Mit seinen Eltern wird der jüdische Junge Erik Lehnsherr (Bill Milner) von den Nazis in ein Konzentrationslager verschleppt. Dort bemerkt der fiese Sebastian Shaw (Kevin Bacon), dass Erik dank seiner übermenschlichen Kräfte Metall kontrollieren kann. Doch erst als Shaw Eriks Mutter tötet, lässt sich der Junge entfesseln. Währenddessen spürt der telepathisch hochbegabte Charles Xavier (Lawrence Belcher) in seinem Haus die umherstreunende Gestaltwandlerin Raven Darkholme (Morgan Lily) aus und nimmt sie in seine Familie auf.

18 Jahre später. Von unendlichem Rachedurst getrieben spürt Erik (Michael Fassbender) nach und nach alte Nazis auf und tötet sie. Die CIA-Agentin Moira MacTaggert (Rose Byrne) ist den geheimen Machenschaften von Sebastian Shaw in Las Vegas auf der Spur. An der renommierten Elite-Universität Oxford vollendet Charles Xavier (James McAvoy) seine Doktorarbeit in Genetik. Raven (Jennifer Lawrence) lebt als seine Zieh-Schwester bei ihm und arbeitet als Kellnerin. Um gemeinsam gegen Shaw und seine Handlanger zu kämpfen, schließen sich Erik und Charles zusammen und rekrutieren eine Gruppe junger Mutanten. Doch während Charles nur einen dritten Weltkrieg verhindern will, kennt Erik nur ein Ziel: Rache.

Erik Lehnsherr

Als im Sommer 2006 der dritte Film zur Marvel-Mutantensaga, X-Men: Der letzte Widerstand, in den Kinos liefen und die Reihe eigentlich zu Ende brachte, waren bereits mehrere Spin-Offs in Arbeit. 2009 kam X-Men Origins: Wolverine in die Kinos. Ein weiterer „Origins“-Film sollte sich mit den Ursprüngen von Bösewicht Magneto befassen. Nach diversen Änderungen wurde diese Story doch in den ebenfalls seit 2006 geplanten Film zur „ersten Klasse“ der X-Men integriert. Die Dreharbeiten zu X-Men: Erste Entscheidung begannen Ende August. Regie führte der Brite Matthew Vaughn (Layer Cake, Der Sternwanderer, Kick-Ass). Ausgerechnet Vaughn hatte beim dritten X-Men-Film abgesagt, auch deshalb weil er die Produktionszeit zu kurz fand. Fünf Jahre später sollte er nun etwa genauso wenig zeitlichen Spielraum haben.

Auch wenn X-Men: Erste Entscheidung wie die beiden letzten X-Men-Filme nicht nur knapp über 100 Minuten, sondern etwas länger läuft, so ist dem Film die kurze Produktionsdauer irgendwie doch anzusehen. Die Geschichte spielt im Jahre 1962, aber was Ausstattung und Kostüme betrifft, so merkt man das dem Film kaum an. Zu zeitlos und nichtssagend wirkt die Kleidung der Charaktere und das Design. Lediglich die von January Jones verkörperte aufreizende Telepathin Emma Frost scheint in die 1960er zu passen. Bezeichnenderweise spielt Jones eine der Hauptrollen in der Erfolgsserie Mad Men, die eben genau in jener Zeit angesiedelt ist.

Weiteres Problem: einige Charaktere sind kaum oder gar nicht herausgearbeitet, vor allem die Handlanger des Bösen, Azazel und Riptide. Die Figur der Moira MacTaggert, in den Comics eine hochintelligente Wissenschaftlerin und frühe Weggefährtin von Xavier, wird hier als blasse CIA-Agentin verschwendet. Trotz aller Dramatik in der recht turbulenten Geschichte fehlt, vor allem in emotionaler Hinsicht, der letzte Biss.

Doch genug genörgelt: X-Men: Erste Entscheidung ist ein gelungenes Prequel der Mutantensaga, das absichtlich den Vorgänger-Filmen in einigen Punkten widerspricht und dadurch der erste Teil einer neuen Trilogie sein soll. Vor allem die Beziehung der beiden gegensätzlichen Charaktere Charles Xavier und Erik Lehnsherr bildet den Kernpunkt des Films. Charles möchte als idealistischer Weltverbesserer ein friedliches Miteinander zwischen Mutanten und „normalen“ Menschen, während Erik die einzige Lösung des Konflikts in der Unterjochung oder sogar Vernichtung der Menschheit sieht.

Die beiden Protagonisten werden überzeugend von James McAvoy (Wanted) und Michael Fassbender (300, Inglourius Basterds) gespielt. Jennifer Lawrence (Winter’s Bone) verkörpert eine junge Mystique, die als Charles’ Adoptivschwester sehr mit ihrem wahren Aussehen hadert. Ebenfalls gut ausgearbeitet ist die Figur des jungen Hank „Beast“ McCoy (Nicholas Hoult), der sowohl ein Genie in Genetik als auch in Ingenieurswissenschaften ist.

Das Setting vor dem Hintergrund der Kubakrise und einem möglichen Atomkrieg zwischen der USA und der Sowjetunion bietet den Nährboden für Spannung und gut dosierte Actionszenen, ohne dass diese ermüdend wären. Die kurze Postproduktion sieht man dem Film aus technischer Sicht nicht an.

Fazit: Gelungener (Neu-)Beginn der Mutantensaga aus dem Hause Marvel, bei dem allerdings etwas Potenzial verschenkt wurde. 7 von 10 Punkten.

 

Raven Darkholme

 

Da brennt die Hütte

 

Charles Xavier

 

Sebastian Shaw und Emma Frost

 

 

Marius Joa, 13. Juni 2011. Bilder: Fox.

 

 

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