Nun noch der letzte Review-Nachzügler vom 50. Internationalen Filmwochenende Würzburg. Eine junge Schauspielerin in Wien bekommt es in ihrer neuen Mietwohnung mit einer überaus hinterhältigen Vermieterin zu tun, in Sebastian Brauneis‘ autobiographisch inspirierter Wohnraum-Satire.
—
Die Vermieterin
Satire Österreich 2023. 102 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Marlene Hauser, Margarethe Tiesel, Lukas Watzl, Laura Hermann, Michou Friesz, Max Thienen, Thomas Frank, Zeynep Buyraç u.v.a. Drehbuch: Sebastian Brauneis, Helmut Emersberger und Marlene Hauser. Regie: Sebastian Brauneis.
—
„Es ist ja nur Geld!“
Johanna Grundeis (Marlene Hauser) ist eine junge Schauspielerin, die noch Träume hat. Einer dieser Träume, nämlich der von einer schönen Wohnung, scheint sich zu erfüllen. Doch mit Liliane Schrankinger (Margarethe Tiesel) gerät Johanna ausgerechnet an eine überaus hinterhältige Vermieterin. Angestachelt von ihrer High-Society-Freundin Adelheid Körner (Michou Friesz) ist Liliane ihre solide Witwenrente und der übrige Immobilienbesitz nicht genug. Und deshalb macht die rüstige Witwe mit Hilfe des windigen Immobilienmaklers Mario Graf (Lukas Watzl) ihrer Mieterin das Leben zur Hölle. Johanna hat zwar ihre patente Freundin Valentina (Laura Herman) zur Seite, doch auf ewig kann sie die Schikanen nicht einfach so wegstecken…
Wohnen in größeren Städten und Ballungsräumen ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr zum Luxus geworden, den sich Menschen mit normalem Einkommen kaum oder gar nicht mehr leisten können. Ungebremster Raubtierkapitalismus und zahnlose staatliche Regulierung haben diesen Prozess beschleunigt, auch in Österreich. Obwohl man in Wien den seit 100 Jahren existenten sozialen Wohnungsbau im Gegensatz zu Deutschland nicht weiträumig abgeschafft hat (siehe hier und da) bleibt es auch in der österreichischen Hauptstadt schwierig bezahlbaren Wohnraum zu finden. Davon kann Sebastian Brauneis ein Lied singen. 2022 ereilte den 1978 geborenen Filmemacher aus Wien die Delogierung, um es mal nett auszudrücken. Dies nahm Brauneis zum Aufhänger für seinen vierten Spielfilm.
Aus der immer prekäreren Situation seines fiktionalen Alter Egos Johanna Grundeis macht der Regisseur, der auch für Kamera und Produktion verantwortlich zeichnete sowie gemeinsam mit Helmut Emersberger und Hauptdarstellerin Marlene Hauser das Drehbuch schrieb, allerdings kein ernstes Sozial-Drama, sondern eine herrlich bissige Satire, die gekonnt mit Überzeichnung arbeitet. Wobei ich mir gut vorstellen könnte, dass sich die Geschichte ziemlich genau so in der Realität abspielen könnte.
Der Film begnügt sich damit aber nicht, die Missstände auf dem Wohnungsmarkt mit überspitzter Darstellung zu kritisieren, sondern „määndert“ dazu virtuos durch andere Genres und Spielarten. Da werden wie in einem Heist-Movie die Vorbereitung von Johanna und Valentina mit dem Pläneschmieden der Vermieterin und des Maklers per Parallel-Montage gegenübergestellt. Zudem gibt es Musical-Sequenzen, kurze Animationen und Traumsequenzen, etwa im Stil der französischen Nouvelle Vague, welche die Heldin besonders mag. Die Figur des Maklers, Reeders und Conmans Mario Graf, bei dem man sich nie ganz sicher sein kann, welche Motive er wirklich verfolgt, und die mit seiner Klientin Liliane Schrankinger fingierten Gemeinheiten wären auch in einer Gaunerkomödie prächtig aufgehoben.
Die herrliche Situationskomik, der treffende Dialogwitz, die teils aberwitzigen Entwicklungen sowie das launige Ensemble um Marlene Hauser (Corsage) als arglose Johanna, Margarethe Tiesel (Paradies: Liebe) als fiese Liliane, Lukas Watzl (Luden – Könige der Reeperbahn) als Makler Mario, Laura Hermann (3 Freunde 2 Feinde) als patente Valentina und Michou Friesz (Totenfrau) als Lilianes High-Society-Freundin Adelheid sorgen für Kurzweil und Unterhaltungswert. Und das alles mit einem Budget von 35.000 Euro!
Bei der Vorstellung von Die Vermieterin am 28. Januar 2024 beim Filmwochenende in Würzburg konnte Sebastian Brauneis wegen des Bahnstreiks nicht persönlich anwesend sein, war allerdings nach dem Film per Videocall auf der Leinwand zugeschaltet, wo er von seiner entspannten neuen Wohnungssituation berichtete.
Fazit: Köstliche und treffende Satire über den realen Irrsinn auf dem Wohnungsmarkt. 8 von 10 Punkten.
—
—
Marius Joa, 9. Februar 2024. Bilder: Studio Brauneis.
Schreibe einen Kommentar