Escape from the 21st Century

Trotz widriger Umstände habe ich es dennoch wenigstens für einen Film zur diesjährigen Hauptreihe des Fantasy Filmfest geschafft. In der schrägen chinesischen Scifi-Comedy Escape from the 21st Century von Regisseur Li Yang erleben drei 18jährige Jungs Zeitreisen in die Zukunft.

Escape from the 21st Century (Cong 21 Shi Ji an Quan Che Li)
Science-Fiction-Komödie China 2024. 98 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Song Yang, Zhang Ruoyon, Leon Lee, Elane Zhong, Wen Zhengrong, Wu Xiaoliang, Li Zhuozhao, Chen Yichen, Kang Qixuan, Zhu Yanmazi, Ma Fanding u.v.a. Drehbuch und Regie: Li Yang.



Per Nieser in die Zukunft

1999. Chengyong (Li Zhuozhao), Whang Zha (Chen Yichen) und der dickliche Pao Pao (Kang Qixuan) sind drei 18jährige, die kurz vor ihrem Schulabschluss stehen. Trotz ihrer Unterschiede rauft sich das Trio immer wieder zusammen und prügelt sich mit anderen Jungs. Nach einer dieser Prügeleien auf einer großen Industrieanlage landen alle drei in einem Becken mit buntem Abwasser. Das unfreiwillige Chemikalienbad bleibt nicht ohne Folgen. Denn jedesmal wenn Chengyong, Wang Zha und Pao Pao fortan niesen, reisen sie zwanzig Jahre in die Zukunft, ins Jahr 2019 bzw. wieder zurück. Das Leben in der Zukunft entpuppt sich allerdings nicht als das tolle Erwachsenenleben, welches sich die drei als Männer (Song Yang, Zhang Rouyon, Leon Lee) erhofft hatten. Denn nicht nur Chengyongs Beziehung zur beliebten Yang Yi (Ma Fanding bzw. Zhu Yanmazi) steht unter keinem Stern mehr, auch die Welt wird durch die finsteren Pläne eines gnadenlosen weiblichen Gangsterbosses (Wen Zhengrong) und ihres unzerstörbaren Handlangers Han Guang (Wu Xiaoliang) bedroht. Während Chengyong als patenter Mediziner in die Organhandel-Machenschaften des Bosses gerät, die Journalist Wang Zha und seine schlagkräftige Kollegin Liu Lianzhi (Elane Zhong) aufzudecken versuchen, stellt Pao Pao zu seiner Überraschung fest, dass er zum athletischen Kerl herangereift ist…  

Das Fantasy Filmfest im September (sowie seine Nebenreihen Fantasy Filmfest White Nights im Februar und Fantasy Filmfest Nights im April) gehört seit ein paar Jahren zu den Highlights meines Kinojahres. Doch mit meinem Wohnort Würzburg liege ich ziemlich genau zwischen den Spielorten Frankfurt und Nürnberg und das sorgt immer für Frust, besonders dieses Jahr. Da ich keinen Urlaub für das Festival nehmen konnte, zudem keine horrenden Preise für Übernachtung(en) ausgeben möchte, und fast alle Filme, die ich sehen wollte, zu den wirklich ungünstigsten Zeiten (nach 21 Uhr) gelaufen sind, musste ich schweren Herzens meine Präsenz stark einschränken. Den preisgekrönten Body-Horror-Streifen The Substance von Coralie Fargeat konnte ich immerhin beim regulären Kinostart im heimischen Programmkino mitnehmen. Ansonsten hat es nur zum Besuch von einem Film in Frankfurt gereicht: Escape from the 21st Century von Li Yang, der wenige Wochen nach der Welturaufführung beim Toronto International Film Festival seine Europa-Premiere beim FFF feierte.

Im Gegensatz zu anderen Zeitreise-Produktionen wie der kultigen Zurück in die Zukunft-Reihe von Robert Zemeckis reisen die drei Protagonisten hier nicht einfach in die Zukunft, wo sie dann „doppelt“ existieren, sondern landen mit jeweils dem 18jährigen Bewusstsein in ihren zwanzig Jahre älteren Körpern. Gleichsam wie seine drei unfreiwlligen Helden wirft Regisseur Li Yang (Nuts [2018]), der auch das Skript verfasste, in seinem zweiten Langfilm auch die Zuschauer*innen gleich mitten rein ins Geschehen. Was folgt ist ein unterhaltsamer Trip über zwei parallele Zeitebenen mit vielen lustigen Einfällen und Slapstick-Action à la Jackie Chan.

Vielleicht liegt es auch ein wenig an der Sprachbarriere (der Film wurde in der Originalfassung in Mandarin mit englischen Untertiteln gezeigt), aber ich hatte immer wieder etwas Schwierigkeiten der sehr turbulenten Story zu folgen. Das Gesamtpaket entpuppt sich wie eine kunterbunte Wundertüte, bei welcher nicht alle Elemente wirklich zünden oder halbwegs ausreichend entwickelt wurden, z.B. die Sache mit dem Planeten K. Was den Anschein erweckt, dass Escape from the 21st Century vor der Veröffentlichung massiv gekürzt wurde. Denn eigentlich hätte der Stoff durchaus für eine Laufzeit von zwei Stunden und nicht lediglich 98 Minuten gereicht. Vielleicht hat Li Yang sich vor lauter sprudelnder Kreativität einfach erzählerisch ein wenig übernommen.

Dennoch kann man mit dieser kurzweiligen Komödie seinen Spaß haben, vor allem weil die Gags nicht selten eher überraschend kommen. Dazu werden die knalligen Actionszenen durch herrliche Animationen stilisiert oder Details auf diese Weise vermittelt. Das Nebeneinander der beiden Zeitebenen erinnerte mich auch etwas an den koreanischen Blockbuster-Zweiteiler Alienoid. Kurzum: die Reise zum kurzweiligen Zeitreise-Abenteuer hat sich durchaus gelohnt. Hatschi!            

Fazit: Rasante, spaßige Zeitreise-Komödie aus China, inhaltlich leider etwas unausgereift. 7 von 10 Punkten.




Marius Joa, 29. September 2024. Bilder: Fortissimo Films.


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