Das Jahr 2041. Eine bahnbrechende neue Technologie sorgt dafür, dass Menschen, die durch Unfall oder Verbrechen ums Leben kommen, eine zweite Chance erhalten, sofern regelmäßig ein Backup der Erinnerungen gespeichert wird. Dann wird der Chef-Wissenschaftler des Instituts ermordet und Polizistin Em stößt auf eine Verschwörung, im tschechischen Science-Fiction-Krimi Restore Point, der kürzlich beim Fantasy Filmfest gezeigt wurde.
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Restore Point (Bod obnovy)
Science-Fiction-Thriller Tschechien, Slowakei, Polen, Serbien 2023. 111 Minuten.
Mit: Andrea Mohylová, Matĕj Hádek, Václav Neužil, Milan Ondrik, Karel Dobrý, Kataryzna Zawadzka, Iveta Duksová, Jan Vlasák u.a. Drehbuch: Tomislav Cecka, Robert Hloz, Zdenek Jecelin. Regie: Robert Hloz.
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Heute schon gebackupt?
Mitteleuropa im Jahr 2041. Das „Restoration“-Institut ermöglicht es allen Menschen, die durch einen Unfall oder ein Verbrechen getötet werden, wieder ins Leben zurückzukehren. Vorausgesetzt man sichert wenigstens alle 48 Stunden seine Erinnerungen auf einem Speichermedium. Bis zum betreffenden Punkt kann so das Bewusstsein wiederhergestellt werden. Eine Terrorgruppe namens „River of Life“ lehnt jedoch diese Technologie als unethisch ab und verübt Anschläge, bei welchen die Opfer so getötet werden, dass man sie nicht zurückholen kann. Das von Leiter Rohan (Karel Dobrý) geführte Institut soll privatisiert werde. Wenig später werden der Chefwissenschaftler Dr. David Kurlstat (Matĕj Hádek) und seine Ehefrau Kristina (Kataryzna Zawadzka) ermordet aufgefunden. Ein Backup ihrer Erinnerungen gibt es kurioserweise nicht. Polizistin Emma „Em“ Trochinowska (Andrea Mohylová) übernimmt den Fall, soll aber bald nur noch dem Europol-Agenten Mansfeld (Václav Neužil) zuarbeiten. Auf eigene Faust ermittelt Em weiter. Die Spur führt zu dem gesuchten Verbrecher Viktor Toffer (Milan Ondrik), der eine Affäre mit Kurlstats Ehefrau hatte. Stecken möglicherweise die Terroristen von „River of Life“ hinter dem Doppelmord? Da erhält Em unerwartete Hilfe…
Zwei Science-Fiction-Filme habe ich dieses Jahr bei der Hauptveranstaltung des Fantasy Filmfest gesehen, den französischen Animationsfilm Mars Express von Jérémie Périn und den tschechischen Near-Future-Krimi Restore Point von Robert Hloz. In beiden Werken ist es dank massiven Fortschritten technologischer Art möglich, nach dem Tod weiterzuleben, zumindest unter gewissen Voraussetzungen. Bei erstgenanntem Film, der 2200 spielt, kann das Bewusstsein eines Menschen nach seinem Ableben in einen Androiden-Körper übertragen werden. Hlozs Regiedebüt spielt dagegen 2041 und damit nicht einmal zwanzig Jahre in der Zukunft, in welcher die Leute ein Backup ihrer Erinnerungen regelmäßig abspeichern um im Falle eines frühzeitigen Todes durch Fremdeinwirkung wieder zum Leben erweckt werden können. In beiden Streifen steht zudem eine eigenbrötlerische Ermittlerin im Mittelpunkt der Handlung, die einen mysteriösen Fall aufzuklären versucht.
In Bod obnovy, so der tschechische Originaltitel, will Polizistin Em einen Mord aufklären, der im Zusammenhang mit dem „Restoration“-Institut und dessen Privatisierung steht. Fast könnte man die Co-Produktion von Produktionsfirmen und Geldgebern aus Tschechien, der Slowakei, Polen und Serbien als osteuropäische Near-Future-Variante einer Tatort-Folge kategorisieren, nur eben ohne den biederen Anstrich des deutschen Fernsehens und den entsprechenden Limitierungen. Vom Handlungsverlauf her bietet das Skript von Regisseur Hloz sowie den Co-Autoren Tomislav Cecka und Zdenek Jecelin jetzt nicht unbedingt viel Neues, wartet aber doch mit eher unerwarteten Wendungen auf.
Restore Point überzeugt vielmehr durch seine kalte Zukunftswelt à la Blade Runner, die von unserer Gegenwart nicht weit entfernt scheint. Selbstfahrende Autos und ausgefeilte Hologramm-Technologie, wie man sie als Zuschauer*in hier zu sehen bekommt, gibt es im Grunde heute schon. Doch welche Auswirkungen hätte die Möglichkeit eines Backups und somit das Weiterleben nach tödlichem Unfall oder Mord? Diese und andere Fragen schwingen bei der Story mit und die Möglichkeiten der Restorations-Technologie bedeuten eben keine rein positive Entwicklung für die Gesellschaft. Solche Aspekte und die düstere Farbgebung der Bilder (selbst bei Tageslicht) machen Hlozs Film zu einer Dystopie und keiner Utopie.
Gedreht wurde für wenig Geld in Tschechien, der Slowakei und Polen. Vor allem die dezent durch CGI ergänzten Großstadtpanoramen bieten Genre-Goldstandard und quasi die Noir-Variante zu der bunten Metropole in Mars Express. Daneben besitzt Restore Point auch ein mehr als soldies Ensemble, angeführt von Kino-Debüttantin Andrea Mohylová als geprägte, aber starke Ermittlerin Emma Trochinowska. Mit Karel Dobrý (u.a. Mission: Impossible [1996], Carnival Row) als Rohan und Jan Vlasák (u.a. Hostel, Der Rote Baron) als Polizeichef sind zudem zwei recht bekannte tschechische Schauspieler dabei, die beide auch schon wichtige Nebenrollen bei der in den Prager Barrandov Studios gedrehten Miniserie Dune – Der Wüstenplanet (2000) bekleideten.
Robert Hlozs Erstling als Regisseur wirkt alleine schon deswegen interessant, weil es in den letzten Jahren wenig (nennenswerte) Science-Fiction-Produktionen aus Mittel- oder Osteuropa gegeben hat. Die deutschen Verleihrechte hat sich Plaion Pictures gesichert. Ein deutscher Starttermin für Kino oder Heimkino ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht bekannt.
Fazit: Inszenatorisch hochwertiger und erzählerisch schnörkelloser Scifi-Krimi aus Tschechien über das Leben nach dem Tod durch Backup. 8 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 27. September 2023. Bilder: Film Kolektiv/Plaion Pictures.
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