Agatha All Along

Das Marvel Cinematic Universe beherrscht längst nicht mehr nur die Leinwände, sondern hat nimmt mit diversen Serien-Produktionen auch Platz bei Disney+ ein. Agatha All Along von Jac Schaeffer, unter anderem mit Kathryn Hahn und Aubrey Plaza, dreht sich um die Abenteuer eines Hexenzirkels.

Agatha All Along
Horror/Fantasy/Miniserie USA 2024. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 9 Folgen. Gesamtlänge: ca. 380 Minuten.
Mit: Kathryn Hahn, Joe Locke, Sasheer Zamata, Ali Ahn, Patti LuPone, Aubrey Plaza u.v.a. Nach Comics von Marvel. Idee: Jac Schaeffer. Regie: Jac Schaeffer, Rachel Goldberg, Gandja Monteiro.



(Witches) Road to Nowhere

Vor Jahren wurden der hinterhältigen Hexe Agatha Harkness (Kathryn Hahn) von der übermächtigen Wanda „Scarlet Witch“ Maximoff ihre Kräfte genommen. Seitdem lebt Agatha in einer Art simulierter Scandi-Noir-Krimiserie innerhalb der Stadt Westview und hält sich für die Polizistin Agnes O’Connor. Durch ihre alte Gefährtin Rio Vidal (Aubrey Plaza) und einen mysteriösen Goth-Teenager (Joe Locke) wird Agatha allerdings aus ihrem magischen Gefängnis befreit. Mit einem neuen Hexenzirkel, bestehend aus der Zaubertrank-Expertin Jennifer Kale (Saheer Zamata), der Hellseherin Lilia Calderu (Patti LuPone), der Musikerin Alice Wu-Gulliver (Ali Ahn) und Agathas ahnungsloser Nachbarin (Deborah Jo Rupp), machen sich Agatha und der Teenager auf, die gefährlichen Pfade des Hexenweges zu bestreiten. Finstere Mächte sind ihnen auf den Fersen…

Mit Avengers Endgame (2019) erhielt das Marvel Cinematic Universe nach 22 Filmen (von denen ich 21 im Kino gesehen hatte) ein gelungenes Ende. Nur bekamen die Bosse der Marvel Studios irgendwie den Hals nicht voll und seitdem sind bisher ein Dutzend weitere Superhelden-Streifen nach Figuren aus den Comics des bekannten Verlages erschienen. Die Flut an Kinofilmen und Serien beim Streaminganbieter Disney+ führte im letzten Jahr zu einem Abflauen des Zuschauer*innen-Interesses so dass Ant-Man and the Wasp: Quantumania (2023) und The Marvels (2023) floppten. Auch wenn man in der Studioetage von Marvel mittlerweile vermutlich etwas eingesehen hat, dass Quantität statt Qualität auf Dauer keine gute Idee sein kann so reißt der Veröffentlichungsrhythmus kaum ab. Die MCU-Inhalte und der ganze neue Star Wars-Kram gehören also eher nicht zum interessanten Teil des Angebots von Disney+. Dennoch habe ich mich auf die dunkle Seite der Macht gewagt und ein vorübergehendes Abo abgeschlossen, aus personellen Gründen. Diese hören auf den Namen Aubrey Plaza, die in der neuen MCU-Serie Agatha All Along eine der wichtigen Rollen bekleidet.

Agatha öffnet die Tür zum Hexenweg

Agatha All Along ist ein Spin-Off von WandaVision (2021). Letztere Miniserie von Autorin/Produzentin/Regisseurin Jac Schaffer drehte sich um die von Elizabeth Olsen gespielte mächtige Scarlet Witch. Im Mittelpunkt der neuen Show, ebenfalls von Schaeffer geschaffen, mitproduziert und -inszeniert, steht die titelgebende Hexe Agatha Harkness. Diese kann sich aus dem Bann ihrer verstorbenen Widersacherin befreien und strebt nun danach, ihre Zaubermächte wieder zu erlangen. Für diese Mission trommelt Agatha eine Gruppe weiterer magiekundiger Frauen zusammen, die ihr gemeinsam mit dem unbekannten Teenager auf den Hexenweg folgen. Das klingt in der inhaltlichen Ausgangssituation durchaus vielversprechend. Gleiches gilt für die hohe Frauenquote vor und hinter der Kamera, heutzutage alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Doch insgesamt kann Agatha All Along zumindest meine Erwartungen nicht erfüllen.   

Die Miniserie krankt vor allem an etwas, was ich „Michael-Burnham-Problem“ (nach der Hauptfigur aus Star Trek: Discovery) nenne. Denn bedauerlicherweise erweist sich die Hauptfigur im Zentrum der Geschichte als langweilig und nervtötend. Nicht gerade besser wird die Sache durch das beschränkte Schauspiel von Kathryn Hahn (Glass Onion: A Knives Out Mystery) als Agatha Harkness, die vor allem durch Grimassieren auffällt. Über weite Strecken stehen die weiteren, potenziell interessanten Charaktere hinter der egomanen Titelfigur an. Doch abgesehen von der von Patti LuPone (Beau Is Afraid), bereits in Penny Dreadful als Hexe zu sehen, gespielte Lilia und Joe Locke (Heartstopper) als zu Beginn noch namenloser, magieinteressierter Teenager, erhalten immerhin einigermaßen Raum zur Entfaltung.
  
Die Abenteuer des Zirkels auf dem mythischen Hexenweg gestalten sich als Mischung aus Live-Action-Rollenspiels und Escape-Room-Szenario leider recht formelhaft. Die Figuren kommen in ein Haus, in welchem sie eine möglicherweise lebensgefährliche Prüfung bestehen müssen. Richtig ausbrechen kann die Handlung aus diesem Schema nur in den Folgen sechs (in welcher die Vorgeschichte des Teenagers erzählt wird), sieben und neun. Überhaupt schafft es nur die siebte Episode mit ihrem gekonnt geschriebenen und montierten Geflecht aus mehreren Zeitebenen wirklich herauszustechen.

Irgendwie kurios, dass Agatha All Along auch gerne nach acht Folgen hätte enden können. Durch Episode 9 erhält die ganze Serienhandlung im Nachhinein nochmals einen abgründigen Twist. Sympathien für die emotional gebeutelte, aber im Grunde ziemlich bösartige Titelfigur konnte ich dennoch nicht aufbringen. Auch dass die ein oder andere Figur ihr Leben lassen muss hat mich ziemlich kalt gelassen. Ich wollte die Miniserie wirklich mögen, auch weil die überwiegend mit echten Sets und praktischen Effekten erschaffenen surrealen Szenerien durchaus überzeugen können. Auch durften sich Kostüm- und Make-Up-Abteilung bei den wechselnden Settings und Epochen ordentlich austoben. Aubrey Plaza, die ihr Hexen-Potenzial schon vor ein paar Jahren während der Promo für ihr Buch The Legend of the Christmas Witch bewiesen hat, liefert hier eine düster-genüssliche Performance inklusive herrlich-irrem Lachen. Nur leider taucht sie als Rio Vidal nur in zwei Drittel der Episoden auf.    


Am Ende ist Agatha All Along dann auch nur wieder das Serien-Äquivalent eines Nummernfilms. Die Veröffentlichungsmaschinerie muss um jeden Preis weiter Stoff liefern und von der Grundidee klingt das hier nicht schlecht, aber für eine wirklich stimmig-auserzählte Geschichte und Charaktere, bei welchen man mitfiebert, hat es nicht gereicht. Und ich weiß jetzt wieder warum ich beim MCU ausgestiegen bin.  

Die komplette neunteilige Miniserie Agatha All Along ist seit dem 30. Oktober 2024 Teil des Angebots von Disney+.

Fazit: Stimmungsvolle Sets, ein illustres Ensemble und eine starke siebte Folge können eine nervtötend-langweilige Hauptfigur und weitgehend formelhafte Plots leider nicht kompensieren. 5 von 10 Punkten.


Gewohnt stark: Aubrey Plaza
Schrille Gestalten im Tonstudio
Lilia kann die Zukunft sehen



Marius Joa, 11. Dezember 2024. Bilder: Marvel/Disney+.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner