42 Jahre nach Mel Brooks‘ Historienklamotte Die verrückte Geschichte der Welt (1981) gibt es tatsächlich eine Fortsetzung als Serie. Die verrückte Geschichte der Welt, Teil II hat der mittlerweile 97jährige Filmemacher gemeinsam mit Nick Kroll, Wanda Sykes und Ike Barinholtz geschaffen.
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Die verrückte Geschichte der Welt, Teil II (History of the World, Part II)
Sketch-Comedy-Serie USA 2023. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 220 Minuten.
Mit: Nick Kroll, Wanda Sykes, Ike Barinholtz, Colton Dunn, Jay Ellis, Nick Robinson, J.B. Smoove, Kym Whitley, Pamela Adlon, Tim Baltz, Zazie Beetz, Ronny Chieng, Dove Cameron, Richard Kind, Charles Melton, Zahn McClarnon, Tyler James Williams u.v.a. Idee: Mel Brooks, Nick Kroll, Wanda Sykes, Ike Brainholtz. Nach dem Film Die verrückte Geschichte der Welt von Mel Brooks.
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Die Geschichte der Menschheit – Leidlich lustig
Es gehörte seit jeher zu den Running Gags von Kultparodist Mel Brooks (geboren 1926), dass in manchen seiner Filme eine Fortsetzung angekündigt wird, die allerdings nie zustandekommt. Während es zur Star Wars-Persiflage Spaceballs (1987) 2008 eine animierte Nachfolge-Serie gab, welche allerdings nie in Deutschland veröffentlicht wurde, blieben Die verrückte Geschichte der Welt (1981) und Robin Hood – Helden in Strumpfhosen (1993) vorerst ohne Sequel. Doch in Zeiten, wo man in Hollywood statt neuen, kreativen Stoffen lieber alte aufwärmt oder recycelt, war es dann wohl nur eine Frage der Zeit bis Mels Historienfilm-Klamotte aus meinem Geburtsjahr irgendwie weitergeführt wird. Auch wenn ich dann doch einigermaßen überrascht war.
1865 steht der amerikanische Bürgerkrieg zwischen dem industriell geprägten Norden und dem Süden mit seinen Plantagen und Sklaven vor dem Ende. Unionspräsident Abraham Lincoln (Timothy Simons) beauftragt General Ulysses S. Grant (Ike Barinholtz), den Mentor für seinen jungen Sohn Robert Todd „RT“ Lincoln (Nick Robinson) zu spielen. Grant wiederum kämpft mit seiner Alkoholsucht, welche ihn und RT schon bald in Schwierigkeiten bringt. Doch drei Offiziere (Tim Baltz, Tyler James Williams, Zahn McClarnon) werden zur Rettung geschickt. Zur Zeiten der Russischen Revolution 1918 versuchen der jüdische Bäcker Schmuck Mudman (Nick Kroll) und seine Ehefrau Fanny (Pamela Adlon) für sich ein besseres Leben zu erkämpfen. Der erwachsene Sohn Joshy (Charles Melton) trifft unterdessen auf eine junge Frau namens Anastasia (Dove Cameron).
William Shakespare (Josh Gad) begrüßt einen jungen Nachwuchsautor (Lauren Lapkus) in seinem Writer’s Room. Den Ideen seiner Mitarbeiter kann Will allerdings wenig abgewinnen. Um 30 nach Christus beklagt sich Judas (Nick Kroll) bei seinem Jünger-Kollegen Lukas (J.B. Smoove) über die ständigen Fußwaschungen und die radikalen Ideen von Jesus (Jay Ellis). Die Römer bieten Judas viel Geld, um seinen Meister zu verraten. Jesus erlebt unterdessen eine kleine Romanze mit Maria Magdalena (Zazie Beetz). Petrus (Richard Kind) organisiert schließlich die Aufnahmen für das letzte Album von Jesus und den Aposteln. Etwa dreihundert Jahre später entschließt sich das Konzil von Nicäa die Darstellung Jesu und andere Details den eigenen Vorstellungen anzupassen. Astronom Galileo Galilei (Nick Kroll) versucht beim sozialen Netzwerk Ticci Tocci mehr Follower zu gewinnen. Das Leben der ersten weiblichen schwarzen Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus, Shirley Chisholm (Wanda Sykes), wird als Sitcom erzählt…
Diese und andere Stories bilden den Inhalt der acht etwa halbstündigen Episoden mit einer Gesamtlaufzeit von ca. drei Stunden und 40 Minuten, welche ich komplett an einem Tag gesichtet habe. Im Gegensatz zum Kino-Vorgänger von 1981 werden die einzelnen Vignetten nicht nacheinander, sondern abwechselnd präsentiert. So richtig überzeugend wirkt die späte Serien-Fortsetzung allerdings nicht. Denn dazu erweist sich die historische Anthogie-Comedy als zu unausgegoren.
Strukturell erinnert Die verrückte Geschichte der Welt, Teil II klar an ähnliche Formate wie Drunk History (2013-2019), die ZDF-Produktion Sketch History (2015-2019) oder die Zapping-Clipshow Switch – TV gnadenlos parodiert (1997-2000) sowie deren Ableger Switch Reloaded (2007-2012) und Binge Reloaded (2020-2022). Zwar gibt es die in Mel Brooks 42 Jahre alten Film-Vorläufer angeteaserten Sequenzen „Hitler on Ice“ und „Jews in Space“ auch wirklich zu sehen (wenn auch nur sehr kurz), doch ansonsten haben sich das kreative Team um die Schauspieler*innen und Komiker*innen Wanda Sykes (Das Schwiegermonster, Bad Moms), Nick Kroll (Big Mouth, Don’t Worry, Darling) und Ike Barinholtz (Bad Neighbours, Suicide Squad) überwiegend andere historische Figuren und Begebenheiten vorgenommen. Mel Brooks fungiert als Erzähler in der Originalfassung und wird außerdem als Co-Autor und einer der Executive Producer geführt, dürfte allerdings aufgrund seines hohen Alters wahrscheinlich nicht die zentrale treibende Kraft gewesen sein. Hätte der Persiflage-Altmeister die Weiterführung seiner Veralberung großer Monumentalschinken vor fünfzehn oder zwanzig Jahren gemacht wäre das Ergebnis vermutlich durchgehend witziger ausgefallen.
Von der Papierform liest sich die Show auch durchaus vielversprechend. So wird etwa analog den vier Evangelien die Geschichte von Jesus in vier unterschiedlichen „Varianten“ erzählt, als jüdische Comedy Curb your Judaism à la Curb your Enthusiasm (auf deutsch als Lass es, Larry! erschienen), als Liebesgeschichte nach Wie ein einziger Tag (Originaltitel: The Notebook) oder in Form einer Meta-Parodie auf die von Peter Jackson produzierte Doku-Serie The Beatles: Let It Be (2021), welche sich um die Aufnahmen des letzten Studioalbums der Fab Four 1970 dreht. Gegen Ende gibt es dann noch eine Version mit White-Washing im Stile dämlicher US-Patriotismus-Vehikel-Actionstreifen. Jesus wird übrigens vom Afro-Amerikaner Jay Ellis verkörpert und erst nach leichten „Modifikationen“ des Konzils von Nicäa plötzlich als Inkarnation weißer Hegemonie-Ansprüche dargestellt. Solche subtilen Spitzen gegen Rassismus und engstirnige Intoleranz gehören zu den wenigen Stärken der Comedy-Show.
Recht gut funktioniert auch der Ansatz, die Biographie der Politikerin Shirley Chisholm als klassische Sitcom im Stil der 1970er zu vermitteln, inklusive Lacher des Live-Publikums. Aber ansonsten krankt es der ganzen Veranstaltung am Timing und am Sinn dafür, welche Szenarien es sich weiter auszubreiten lohnt und welche nicht. Es fehlt hier defintiv daran, dass ein weniger betriebsblinder Showrunner/Ptoduzent nochmal einen prüfenden Blick auf die Skripts oder wenigstens die abgedrehten Szenen geworfen hat. Sonst wäre nämlich das Endprodukt nicht so halbgar. Die ganzen Schelmereien, welche das Judentum selbstironisch karikieren, haben wir bei früheren Brooks-Werken schon besser gesehen. Auch die gelegentlich eingestreuten Musical-Nummern pendeln zwischen Hit and Miss. Die zu zahlreichen besonders niveauarmen Gags hätte man sich auch sparen können.
Durch die deutsche Synchronisation geht sicherlich auch Einiges an Dialogwitz verloren. Der Fokus liegt zwar nur teilweise auf amerikanischer Geschichte, doch bezüglich der Referenzen richtet sich der Humor definitiv an ein US-Publikum. Neben den in diversen Rollen agierenden Kroll, Sykes und Barinholtz bietet die Serie auch den ein oder anderen prominenten Gaststar auf, etwa Jack Black (School of Rock, King Kong [2005]) als Josef Stalin, Josh Gad (Die Schöne und das Biest [2017], Avenue 5) als William Shakespeare und Taika Waititi (5 Zimmer, Küche, Sarg; Jojo Rabbit) als Sigmund Freud. Am Schluss der achten Folge wird natürlich eine zweite Staffel angekündigt. Doch selbst wenn diese wirklich kommen sollte, werde ich nicht einschalten.
Dieser Text wurde präsentiert von „Karlsestry“, dem Service, um herauszufinden, ob man wie so viele andere Leute von Karl dem Großen abstammt.
Die verrückte Geschichte der Welt, Teil II ist seit dem 26. April 2023 Teil des Angebots von Disney Plus.
Fazit: Ein paar potenzialträchtige Ideen machen noch keine gute Comedy-Show. Kein kompletter Reinfall, aber doch über weite Strecken eher wenig lustig, 5 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 15. Oktober 2023. Bilder: Disney Plus/Hulu.
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