House of the Dragon: Staffel 2

Fast zwei Jahre nach der ersten Staffel startete endlich Season 2 von House of the Dragon. Der Konflikt um die Herrschaft über Westeros innerhalb der Targaryen-Dynastie nimmt weiter seinen Lauf.

House of the Dragon: Staffel 2 (House of the Dragon: Season 2)
Fantasy-Drama-Serie USA 2024. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 500 Minuten.
Mit: Emma D’Arcy, Matt Smith, Olivia Cooke, Fabien Frankel, Steve Toussaint, Eve Best, Ewan Mitchell, Tom Glynn-Carney, Harry Collett, Bethany Antonia, Phoebe Campbell, Phia Saban, Sonoya Mizuno, Matthew Needham, Gayle Rankin, Simon Russell Beale u.v.a. Nach Fire & Blood von George R.R. Martin. Adaption: Ryan Condal und George R.R. Martin.



Die unvollendete Staffel

Entgegen seines ausdrücklichen Wunsches wurde nach dem Tod von König Viserys Targaryen nicht seine Tochter, Prinzessin Rhaenyra (Emma D’Arcy), zur Herrscherin der Sieben Königslande ernannt. Stattdessen haben Viserys’ Witwe, Königin Alicent (Olivia Cooke), ihr Vater Otto Hightower (Rhys Ifans) und ihre Gefolgsleute dafür gesorgt, dass Alicents und Viserys’ ältester gemeinsamer Sohn Aegon (Tom Glynn-Carney) in der Hauptstadt King’s Landing zum König gekrönt wurde. In der Folge erklärte sich Rhaenyra wiederum zur rechtmäßigen Königin und scharte Verbündete in Dragonstone um sich. Nach einem Besuch bei den Baratheons in Storm’s End ist Rhaenyras zweiter Sohn Lucerys bei einem Luftkampf mit Aegons Bruder Aemond (Ewan Mitchell) und ihren Drachen ums Leben gekommen. Der Konflikt zwischen den beiden Parteien, den „Schwarzen“ um Rhaenyra und den „Grünen“ um Aegon, brach endgültig aus.

Geschockt vom Verlust ihres Sohnes will Rhaenyra Rache. Mithilfe seiner ehemaligen Geliebten Mysaria (Sonoya Mizuno) schleust Rhaenyras Ehemann und Onkel Daemon (Matt Smith) zwei Männer in den königlichen Palast der Hauptstadt ein, allerdings nicht mit dem erhofften Ausgang. Alicent versucht das Temperament ihrer Söhne im Griff zu behalten und ihrer traumatisierten Tochter Helaena (Phia Saban) beizustehen. Im Auftrag Rhaenyras haben Viserys’ Cousine, Rhaenys (Eve Best), und ihr Gemahl Lord Corlys Velaryon (Steve Toussaint) eine Seeblockade um King’s Landing aufgebaut. Um die Lords der Flusslande für seine Ehefrau zu rekrutieren, macht sich Daemon auf den Weg nach Harrenhal, wo er auf den Kastellan der alten Burg, Ser Simon Strong (Simon Russell Beale), und die geheimnisvolle Heilerin Alys Rivers (Gayle Rankin) trifft. Die Grünen versuchen unterdessen mit ihren Truppen unter Ser Criston Cole (Fabien Frankel), dem Lord-Kommandanten der Königsgarde, die Wege der Schwarzen auf dem Land einzuengen.

Von Visionen verfolgt: Prinzgemahl Daemon

Der gigantische Erfolg von Game of Thrones (2011-2019), einer TV-Adaption der leider weiterhin unvollendeten Fantasy-Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer (OT: The Song of Ice and Fire; die bisherigen fünf Originalbände erschienen zwischen 1996 und 2011) des amerikanischen Schriftstellers und Drehbuchautors George R.R. Martin (geboren 1948), ließ einige potenzielle Spinoff-Produktionen aus dem Boden sprießen, allerdings erlebten bisher nur wenige eine wirkliche Umsetzung. Mit Bloodmoon wurde ausgerechnet das aus meiner Sicht spannendste Projekt, welches Jahrtausende vor der GoT-Haupthandlung spielen sollte, nach dem Dreh einer Pilotfolge (u.a. mit Naomi Watts) eingestampft. Stattdessen holte man das Konzept über den als „Tanz der Drachen“ bezeichneten Nachfolgekrieg etwa 170 Jahre vor den Geschehnissen in Game of Thrones wieder aus der Versenkung. Ryan Condal entwickelte gemeinsam mit Martin die Serie House of the Dragon, basierend auf Feuer und Blut (Fire and Blood; 2018), einem fiktionalen Geschichtsbuch über die Jahrhunderte lange Targaryen-Herrschaft in Westeros.

Trotz anfänglicher Skepsis konnte mich die erste Staffel überzeugen und offenbarte sich bei der Wiederholungssichtung aus Anlass des Reviews direkt vor dem Start von Season 2 sogar als noch nochklassiger, trotz teils verwirrender Zeitsprünge. 21 Monate nach Erstausstrahlung von Season eins wurde ab dem 17. Juni und bis 5. August 2024 die zweite Staffel bei Sky und WOW veröffentlicht. Nach den eine Zeitspanne von über zwanzig Jahren umfassenden ersten zehn Folgen kommen die neuen acht Episoden ohne wirkliche Zeitsprünge aus. Was aber nicht bedeutet, dass die zweite Runde der Serie dadurch erzählerisch rund wirkt.

Die lange Wartezeiten zwischen den Staffeln ist sicherlich einerseits darauf zurückzuführen, dass die Dreharbeiten überwiegend im Frühling und Sommer stattfinden (Season 2 wurde vom 11. Mai bis 29. September 2023 in England und Spanien gefilmt), weil sich die Handlung auch fast ausschließlich in den eher sommerlichen südlichen Regionen des Kontinents Westeros abspielen. Außerdem dürfte die Nachbearbeitung durch die unzähligen CGI-Effekte, vor allem bei den nicht selten sehr präsenten Drachen, einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Diesbezüglich hat sich die lange Wartezeit absolut gelohnt. Wie schon im ersten Jahr sieht die ganze Produktion wieder komplett hochwertig aus, auch in Bezug auf die detailreichen Kostüme, Kulissen und die realen Schauplätze.

Unter Druck: Königin Rhaenyra

HotD-Miterfinder Ryan Condal, nach dem Abgang seines Mitstreiters aus Staffel 1, des GoT-erfahrenen Regisseurs Miguel Sapochnik, alleiniger Showrunner und sein Autor*innen-Team standen bei Season 2 vor der erneuten Herausforderung, die in Form fiktionaler Geschichtsschreibung existierende Vorlage Martins hinsichtlich der Leerstellen zu füllen und in eine funktionierende Dramaturgie zu bringen. Im Großen und Ganzen ist ihnen das auch recht gut gelungen. Die Folgen 11 bis 18 bringen den Drachentanz ordentlich voran. Aber insgesamt präsentiert sich die zweite Staffel in inhaltlicher Hinsicht immer wieder als unrund. So verbringt mit Daemon Targaryen eine der zentralen Hauptfiguren weite Teil der neuen Season in Harrenhal, wo er von zahlreichen Visionen (inklusive Gastauftritten von Paddy Considine als Viserys und Milly Alcock als junger Rhaenyra) geplagt wird und eher nebenbei eine Armee aufzustellen versucht. Diesen Storyarc hätte man einfach kürzen müssen. Doch wollte man die Zuschauer*innen möglichst lange über die wahren Absichten des unberechenbaren Targaryen-Prinzen im Dunkeln lassen.

Irgendwie empfand ich einige dramatische Wendungen als zu prosaisch abgehandelt. Die fehlende Zeit, welche man vor allem mit dem oben erwähnten Visionen in Harrenhal verschwendet hat, macht sich negativ bei anderen Handlungssträngen bemerkbar, wenn normalerweise über einen längeren Zeitraum geschmiedete Pläne in aller Kürze Früchte tragen, was sehr überhastet wirkt, aber sich natürlich als sehr zweckdienlich erweist. Das erinnert dann doch mitunter an die überhasteten beiden Finalstaffeln der Mutterserie. Der zugebenermaßen geniale, modifizierte Vorspann (statt durch Gemäuer fließendes Blut sehen wir nun die Stationen des Drachentanzes als animierte Stickereien) listet über zwei Dutzend Schauspieler*innen, die zur Hauptbesetzung gehören. Doch zu viele von ihnen bzw. ihre Charaktere bekommen eher wenig zu tun oder kommen kaum über Stichwortgeber-Rollen hinaus, was eine Unterscheidung bei dem üppigen Figurenpersonal für das Publikum recht schwer macht.                       

Am besten funktioniert die zweite Staffel wenn eine der beiden zentralen Frauenfiguren Rhaenyra, rechtmäßige Königin von Westeros, und Alicent, ihre ehemals beste Freundin und zwischenzeitliche Stiefmutter, im Mittelpunkt stehen. Obwohl sich beide Frauen in Machtpositionen befinden werden sie immer wieder von den Männern in ihrer Umgebung zurückgesetzt oder nicht für voll genommen. Doch beiden Königinnen ist klar, dass ein flachendeckender Einsatz der als Analogie zu Atombomben fungierenden Drachen zur Vernichtung vieler unschuldiger Leben führen würde. Diese Skrupel, welche nicht alle ihrer Mitstreiter*innen teilen, sorgen dafür, dass der Tanz der Drachen zumindest für eine gewisse Zeit nicht voll ausbricht. Schauspielerisch kann erneut Emma D’Arcy als Rhaenyra, eine Herrscherin zwischen Trauer, Rachedurst und dem Gefühl von Machtlosigkeit, glänzen. Bei den zahlreichen Neuzugängen habe ich mich besonders über das Mitwirken von Sir Simon Russell Beale (Orlando, Penny Dreadful) als Ser Simon Strong gefreut.

König Aegon und seine Mutter Alicent

Trotz der genannten inhaltlichen Schwächen bleibt House of the Dragon im zweiten Jahr eine recht gute Fantasyserie und es besteht die Hoffnung auf eine bessere Ausarbeitung. Denn es wäre schade, wenn sich auch die bereits georderte dritte Staffel am Ende anfühlen würde, als habe man irgendwie eine Folge vergessen. Während weitere Spinoffs noch in frühen Entwicklungsstadien schlummern ist A Knight of the Seven Kingdoms, basierend auf der Novellensammlung Der Heckenritter von Westeros, über die Abenteuer des jungen Ritters Duncan und seines Knappen Egg, bereits in Produktion gegangen und wird im nächsten Jahr seine Premiere feiern.   

Staffel 2 von House of the Dragon ist seit dem 5. August 2024 Teil des Angebots von Sky/WOW sowie als kostenpflichtiger Stream bei diversen weiteren Anbietern verfügbar. Auf DVD und BluRay wird die Staffel am 21. November 2024 veröffentlichen. Eine dritte Season wurde bereits bestellt und wird voraussichtlich 2026 erscheinen. Enden soll die Serie nach insgesamt vier Staffeln.  

Fazit Hochwertig produzierte, teils stark gespielte und spannende zweite Staffel, die erzählerisch aber weniger rund und eher unfertig wirkt. 7 von 10 Punkten.



Ein Drache erwacht
Baela und Prinz Jacaerys
Aegons Bruder Aemond
Corlys und Prinzessin Rhaenys



Marius Joa, 11. August 2024. Bilder: HBO/Sky.

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