Als dokumentarischen Stop-Motion-Animationsfilm erzählt der italienisch-französische Filmemacher Alain Ughetto die Geschichte seiner Großeltern. Hunde und Italiener verboten wurde dieses Jahr beim MyFrenchFilmfestival (19. Januar bis 19. Februar 2024) gezeigt.
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Hunde und Italiener verboten (Interdit aus chiens et aux Italiens)
alternativ: No Dogs or Italians Allowed (internationaler Titel)
Animation/Dokumentation Frankreich, Belgien, Italien, Portugal, Schweiz 2022. 70 Minuten.
Originalsprecher*innen: Ariane Ascaride (Cesira), Alain Ughetto (Alain/Erzähler), Stefano Paganini (Luigi), Diego Giuliani (Antonio), Christophe Gatto (Giuseppe), Laurent Pasquaier (Vincent) u.v.a. Drehbuch: Alain Ughetto, Alexis Galmot, Anne Paschetta. Regie: Alain Ughetto.
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Was die Großmutter noch wusste
Die Großeltern väterlicherseits von Künstler und Regisseur Alain Ughetto (geboren 1950) stammten aus Norditalien, er selbst wurde in Frankreich geboren und ist dort aufgewachsen. Seinen Großvater Luigi lernte er nie kennen, dafür aber Großmutter Cesare. Deren Lebensgeschichte zwischen Armut, Weltkriegen und einfachem Glück adaptierte Ughetto zum vorliegenden Animationsfilm.
Um 1900 herrscht in Norditalien Armut. Der talentierte Bauarbeiter Luigi (Stefan Paganini) reist für diverse Arbeiten immer zwischen Norditalien und Südfrankreich hin und her. Eines Tages trifft er die junge Cesira (Ariane Ascaride). Die beiden heiraten und haben zusammen sieben Kinder, darunter auch den späteren Vater ihres Enkels Alain. Trotz einer florienden Bauwirtschart an unterschiedlichen Orten ist das Leben der Familie Ughetto von Armut, Krankheit, Tod, den Schrecken des Faschismus und zweier Weltkriege geprägt. Doch ihr Streben nach Glück lässt Cesira und Luigi weitermachen…
Oft trennen Großeltern und ihre Enkel*innen allein aufgrund des Alters- und Generationenunterschieds Welten, oft auch in Zusammenhang mit der fortschreitenden technologischen Entwicklung. Keine meiner Großeltern besaß jemals einen Computer und nur die beiden langlebigsten unter ihnen in ihren späten Jahren ein Mobiltelefon. Und doch gibt es generationenübergreifend immer etwas Gemeinsames. Im Falle der Familie Ughettos ist es die Arbeit mit den eigenen Händen. Großvater Ughetto war am Bau des Simplontunnels zwischen der Schweiz und Tunnel, eines Staudamms sowie anderer Bauwerke in Frankreich maßgeblich beteiligt. Enkel Alain Ughetto wiederum ist ein Künstler, der im Bereich Stop-Motion arbeitet.
Nicht nur bildet Hunde und Italiener verboten einen kuriosen Hybrid zwischen Dokumentation und Trickfilm, sondern zelebriert durch die Interaktion des Regisseurs mit den fiktionalen Versionen seiner Verfahren, etwa wenn seine übergroße Hand direkt ins Geschehen eingreift oder im Gespräch mit seiner Großmutter. Die ersten Filmminuten widmen sich auch den Vorbereitungen Alains auf die Produktion. Aus Kürbissen werden Häuser, aus Würfelzuckern Mauern und aus Karton Wände. Man kann also die mühevolle Arbeit der Stop-Motion-Animation fast hautnah miterleben. Die „toten“ Materialien erwachen vor den Augen der Zuschauer*innen auf magische Art zum Leben, als putziges Work in Progress. Erzählt wird die Geschichte überwiegend von Ariane Ascaride (Marius und Jeanette) als Sprecherin der Großmutter, deren Vorbild starb als Alain Ughetto etwa zwölf Jahre alt war.
Hunde und Italiener verboten ist aktuell als kostenpflichter Stream bei Amazon, Apple, Google und Youtube verfügbar.
Fazit: Alain Ughetto erzählt die Geschichte seiner Großeltern als liebevollen, ernsten und bewegenden Stop-Motion-Film. 8 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 3. März 2024. Bilder: Vivement Lundi.
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