Killing Eve: Staffel 1

Fast fünf Jahre nach der Erstaufführung hat es Killing Eve ins deutsche Free-TV und die ZDf-Mediathek geschafft. Die auf Büchern von Luke Jennings basierende Agentenserie handelt von einer gnadenlosen Auftragskillerin und einer Geheimdienstmitarbeiterin, welche ihre Spur verfolgt.

Killing Eve: Staffel 1 (Killing Eve: Series 1)
Agentenserie UK 2018. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 340 Minuten.
Mit: Sandra Oh, Jodie Comer, Fiona Shaw, Kim Bodnia, Darren Boyd, Sean Delaney, David Haig, Kirby Howell-Baptiste, Owen McDonnell u.v.a. Nach Codename Villanelle von Luke Jennings. Adaption: Phoebe Waller-Bridge.



Jägerin und Gejagte

London. Die Amerikanerin Eve Polastri (Sandra Oh) arbeitet beim britischen Inlandsnachrichtendienst MI5, als Assistentin von Bill Pargrave (David Haig), in einer Abteilung, welche für Personenschutz ausländischer Gäste zuständig ist. Eve und Bill erhalten von ihrem Vorgesetzten Frank Haleton (Darren Boyd) den Auftrag, eine junge Polin zu beschützen, die Freundin eines vor kurzem ermordeten russischen Politikers, der in Menschenhandel und Prostitution verwickelt war. Eve stellt die kühne These auf, dass es sich bei dem Attentäter um eine Frau handeln muss. Heimlich unternimmt Eve eigene Nachforschungen. Unterdessen erhält die in Paris lebende Auftragskillerin Villanelle (Jodie Comer) von ihrem Kontaktmann Konstantin (Kim Bodnia) den Auftrag, die junge Polin zu töten, nachdem sie zuvor deren Freund ermordet hat. Nach einer zufälligen Begegnung mit Eve führt Villanelle ihren Auftrag aus. Eve und Bill werden daraufhin von Frank gefeuert.

Plötzlich erhält Eve, welche mit dem Mathematiklehrer Niko (Owen McDonnell) verheiratet ist, Besuch von Carolyn Martens (Fiona Shaw) vom Auslandsgeheimdienst MI6. Carolyn engagiert Eve, um die unbekannte Auftragskillerin aufzuspüren. Außerdem werden der Ex-Hacker Kenny Stowton (Sean Delaney) sowie Bill und Eves Assistentin Elena Felton (Kirby Howell-Baptiste) in das neue Team geholt, welches inoffiziell agiert. Eve entwickelt zunehmend eine obsessive Faszination für die mysteriöse Hitwoman, welche in der Folge weitere Auftragsmorde begeht. Und auch Villanelle bekommt irgendwann mit, dass Eve ihr langsam auf die Spur kommt. Ein gefährliches Katz- und Maus-Spiel zwischen den beiden Frauen entwickelt sich, mit hohen Einsätzen auf beiden Seiten.

Fast fünf Jahre nach der Premiere in den USA bei BBC America hat Killing Eve vor Kurzem den Weg ins frei empfangbare deutsche Fernsehen gefunden, nämlich zu ZDF Neo und in die ZDF-Mediathek. Die Serie stand schon länger auf meinem Zettel und so wurde die achtteilige erste Staffel in wenigen Tagen gebingt. Spannende Spionage-Stories sowie die Hatz auf Auftragskiller, die wie ein Phantom immer wieder verschwinden und Ähnliches, das gab es in Filmen und auch Serien schon öfter. Doch Killing Eve betrachtet das Szenario aus einer weiblichen Perspektive und vermeidet allein dadurch ausgetretene Pfade.

Die Prämisse der Serie basiert auf Codename Villanelle, einer Sammlung von vier zwischen 2014 und 2016 veröffentlichten Novellen um die titelgebende Auftragskillerin vom britischen Schriftsteller und Journalisten Luke Jennings, welche erstmals 2017 in einem Band erschienen. Jennings lehnte die Figur Villanelle an Idiola López Riaño an, welche als Hitwoman für die baskische Separatistenorganisation ETA tätig war und 23 Menschen getötet hat. Für die Adaption als Serie engagierte BBC America (der US-Kabelableger der britischen Rundfunkanstalt) Phoebe Waller-Bridge, vor allem als Autorin und Hauptdarstellerin der derben Comedyserie Fleabag bekannt, als Showrunnerin.  

Villanelle scheint gleichsam wie ihr reales Vorbild völlig empathielos und weist definitiv psychopathische Züge auf. Am liebsten sieht sie den Opfern beim Sterben zu. Als überaus effektive Tötungsmaschine verdient sie natürlich viel Geld und gibt dies am liebsten für teure, schicke Klamotten und Champagner aus. Während sukzessive ihre Vergangenheit teilweise enthüllt wird, fragt man sich als Zuschauer*in, ob Villanelle schon immer so war oder sie durch traumatische Erfahrungen zu dem wurde, was sie ist.

Das komplette Gegenteil verkörpert Eve Polastri, die immer wieder schusselig wirkt, nicht selten emotional reagiert und es doch schafft, der mysteriösen Auftragsmörderin gegen anfängliche Widerstände von oben allmählich auf die Spur zu kommen. Denn Eve besitzt eine besondere Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis. Wie eine Profilerin versucht sie sich in ihre anfangs noch völlig unbekannte Kontrahentin hineinzuversetzen und entwickelt dadurch eine stärker werdende Faszination für Villanelle, welche von dieser später auch auf deren eigene Art erwidert wird. Rein von der Physis her hätte die Ermittlerin keine Chance gegen die Berufskriminelle, dennoch gestaltet sich das „Duell“ der beiden Protagonistinnen auf Augenhöhe.

Killing Eve lebt natürlich auch von seinen beiden starken Hauptdarstellerinnen. Auf der einen Seite Sandra Oh (Grey’s Anatomy) als Innendienst-Mitarbeiterin beim MI5 bzw. MI6, die durch die Jagd nach Villanelle nicht nur aus ihrer Wohlfühlzone, sondern auch ihrem engen Büro geholt wird, und in schwierigen Momenten über sich hinauswächst. Auf der anderen haben wir Jodie Comer (The White Princess) als psychopathische Villanelle, deren Figur zu Beginn dem Klischee der gefühlskalten russischen Agentin zu entsprechen scheint, durch das nuancierte Spiel sowie die guten Drehbücher von Waller-Bridge und Co aber mit der Zeit immer mehr an Konturen gewinnt. Als dritte spannende Frauenfigur gibt es noch Fiona Shaw (Harry Potter-Filmreihe) als undurchsichtige, einflussreiche Geheimdienst-Führungskraft Carolyn Martens.      

Ich bin wahrlich kein Fan von Serien mit einer Episodenlaufzeit von knapp über 40 Minuten, auch weil es sich dabei meistens um überraschungsarme US-Network-Serien mit formelhaften Plots handelt. Nicht so bei Killing Eve. Die acht Folgen der ersten Season dauern alle nur 42 bis 43 Minuten. Doch dank der überaus schnörkellosen und effektiven Erzählweise erweist sich die Zeit als ausreichend. Die Handlung spielt sich zwar in Paris und London sowie anderen prominenten Schauplätzen ab, doch bleiben die bekannten Sehenswürdigkeiten der Metropolen immer außen vor, und es stattdessen in Seitenstraßen und weniger bekannten Orten zur Sache geht, was für eine Spionage-Story auch viel mehr Sinn ergibt.

Trotz der Thematik und einer hohen Mortalitätsrate hält man sich beim Gewaltlevel eher zurück. Villanelle geht natürlich brutal zu Werke, doch verkommen ihre Untaten nicht zum überbordenden Splatterfest. Zudem serviert die Serie eine gehörige Portion schwarzen Humor, nicht selten geht dieser von einer der beiden Hauptfiguren aus, was deren Eigenwilligkeit und die Besonderheit der ganzen Geschichte noch hervorhebt.   

Die erste Staffel von Killing Eve ist noch bis 25.04.2023 kostenlos in der ZDF-Mediathek abrufbar. Außerdem gibt es die komplette Serie mit allen vier Staffeln als Stream bei Apple TV, Magenta TV und Lionsgate+ sowie auf DVD. Die Staffeln zwei, drei und vier sind voraussichtlich ab 01.04.2023, 14.04.2023 bzw. 21.04.2023 in der ZDF-Mediathek verfügbar.

Fazit: Schnörkellos erzählte, düster-schwarzhumorige Agentenserie mit zwei komplexen Frauenfiguren im Mittelpunkt. 8 von 10 Punkten.  



Villanelle liebt teure Mode
Eve nimmt die Fährte der Killerin auf
Konstantin, Villanelles Kontaktmann
Carolyn Martens, Eves neue Chefin



Marius Joa, 31. März 2023. Bilder: BBC America/Universal.


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