Auch nachdem sie ihr Leben eigentlich völlig umgekrempelt hatten treffen Geheimdienstmitarbeiterin Eve und Auftragskillerin Villanelle wieder aufeinander, in der dritten Staffel von Killing Eve.
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Killing Eve: Staffel 3 (Killing Eve: Series 3)
Agentenserie UK 2020. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 340 Minuten.
Mit: Sandra Oh, Jodie Comer, Fiona Shaw, Kim Bodnia, Harriet Walter, Turlough Convery, Steve Pemberton, Danny Sapani, Gemma Whelan u.v.a. Nach Büchern von Luke Jennings. Adaption: Suzanne Heathcote.
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Neuanfang und Aufstieg
Sechs Monate nach den Ereignissen in Rom hat Auftragskillerin Villanelle (Jodie Comer) in Spanien neu angefangen und steht kurz davor zu heiraten. Doch da taucht mit der früheren Olympia-Turnerin Dasha Duzran (Harriet Walter) ihre alte Lehrmeisterin auf und überredet Villanelle wieder für„The Twelve“ zu arbeiten. Villanelle möchte allerdings innerhalb die Geheimorganisatio aufsteigen und soll sich daher beweisen. Eve Polastri (Sandra Oh) hat sich von ihrer Verletzung erholt, den MI6 verlassen und arbeitet nun in einem koreanischen Restaurant. Von ihrem Eve Ehemann Niko (Owen McDonnell) wurde Eve verlassen.
Auch der IT-Experte Kenny (Sean Delaney), Sohn von Eves früherer Chefin Carolyn Martens (Fiona Shaw), hat dem Geheimdienst den Rücken gekehrt und arbeitet nun für das Online-Rechercheportal „Bitter Pill“. Bevor er Eve von seinen weiteren Nachforschungen bezüglich „The Twelve“ erzählen kann, stürzt Kenny allerdings vom Dach eines Gebäudes in den Tod. Ein Selbstmord? Eve kann es nicht glauben. Carolyn ist durch den Verlust ihres Sohnes am Boden zerstört, kann im Gegensatz zu ihrer Tochter Geraldine (Gemma Whelan), ihre Trauer nicht wirklich zum Ausdrucken bringen. Zudem erhält Carolyn beim MI6 in Person von Paul Bradwell (Steve Pemberton) einen neuen „Aufpasser“ vor die Nase gesetzt. Eve und Carolyn entschließen sich mit Kennys Chef Jamie (Danny Sapani) und Kollegen Bear (Turlough Convery) Informationen zu teilen, umso herauszufinden, was Kenny über die Machenschaften von „The Twelve“ erfahren hat und somit Hinweise für den möglichen Mord an ihm zu erhalten. Konstantin (Kim Bodnia), Villanelles früherer Kontaktmann und langjähriger Bekannter Carolyns, hat unterdessen seine eigenen Probleme.
Die verspätete Free-TV-Premiere bei ZDF Neo und die anschließende Verfügbarkeit in der ZDF-Mediathek ermöglichten meine Sichtung der ersten und zweiten Staffel der britischen Agentenserie Killing Eve innerhalb von kurzer Zeit, nachdem die Produktion von BBC America ohnehin schon seit Jahren auf meiner Watchlist gestanden hatte. Eine schusselige Geheimdienstmitarbeiterin aus dem Innendienst und eine psychopathische, kosmopolitische Auftragskillerin, die eine Faszination bzw. Obsession füreinander entwickeln. Das klingt nicht nur auf dem Papier spannend, sondern interpretiert gängige Genre-Zutaten aus weiblicher Sicht auf erfrischende Art neu. In Staffel 3 sind Eve und Villanelle mehr oder minder zurück im Business, doch nicht mehr ganz die gleichen Personen wie vorher.
Im dritten Jahr übernahm Suzanne Heathcote (Fear the Walking Dead) die Rolle der Showrunnerin, welche zuvor von Phoebe Waller-Bridge (Season 1) und Emerald Fennell (Season 2) ausgeübt wurde. Dass es in der kreativen Führungsposition nach jeder Staffel zum Wechsel kam, war von vorneherein so geplant. Auf diese Weise lässt es sich wohl am besten vermeiden, dass sich die Storylines im Verlauf der Serie allzu sehr wiederholen. Daher bietet auch die dritte Staffel eine gekonnte Mischung aus bewährten Motiven und neuen Elementen.
Wie schon im Finale der ersten Season kam es am Ende der zweiten zu einer Auseinandersetzung mit blutigem Ausgang. Eigentlich wollte Villanelle mit Eve durchbrennen. Nun haben beide Frauen die sechs Monate danach genutzt, um neu anzufangen. Villanelle an der Seite einer Frau in Spanien, Eve mit einfachen Küchenjob und einer kleinen, hässlichen Wohnung. Doch schon bald werden die ungleichen Protagonistinnen wieder zurück in altbekannte Kreise gezogen. Obwohl sie immer noch absolute Gegensätze bilden so sind die Auftragskillerin und die Geheimdienstanalystin hin- und hergerissen zwischen der alten Tätigkeit und einem kompletten Tapetenwechsel. Villanelle möchte von der rein ausführenden Hitwoman zur Drahtzieherin bei ihrem Arbeitgeber wechseln. Eve wird durch den Tod Kennys in ihre alte Rolle als Ermittlerin zurückgedrängt.
Auch die weiteren Hauptcharaktere wie Carolyn, Konstantin und Neuzugang Dasha müssen sich mit bitteren Wahrheiten befassen und/oder spekulieren auf ein Entkommen aus alten Strukturen. Harriet Walter (The Crown), die Nichte von Leinwandlegende Christopher Lee, überzeugt als herrlich überzeichnete, zerknitterte, Ex-Olympia-Turnerin und frühere KGB-Killerin, die sich von ihrem neuerlichen Verhältnis zu ihrem früheren Schützling Villanelle eine lang ersehnte Rückkehr in die Heimat wünscht. Einen Abstecher in heimatliche Gefilde unternimmt Villanelle in der fünften Folge der Staffel, als sie ihre Mutter samt alter und neuer Familie trifft. Hierbei brechen natürlich alte Differenzen und Wunden auf, doch diese Episode bildet nicht unbedingt deswegen das Highlight des dritten Jahres, sondern vielmehr durch die lakonisch-absurde, und überspitzte Darstellung des Hinterlandes von „Mütterchen Russland“. Nicht der einzige Seitenhieb gegen die Nachkommen der Sowjetunion.
Die weiteren Machenschaften (und wer darin alles verstrickt ist) wirken in Season drei leider nicht mehr ganz so überzeugend. Zudem scheinen sich Charaktere, wie von Kim Bodnia etwas verletzlicher gespielte Konstantin oder eben Dasha, ohne die Beschränkungen von Raum und Zeit, quer durch Europa zu bewegen, wie man es sonst eher nur von Game of Thrones kennt. Der ein oder andere Handlungsstrang bleibt etwas unterentwickelt. Durchaus schade, aber auch in Staffel 3 bleibt sich Killing Eve mit wendungsreichen Plots sowie absurdem und schwarzem Humor treu. Mit der darauffolgenden letzten Season ging die Serie 2022 zu Ende.
Alle vier Staffeln von Killing Eve sind aktuell kostenlos in der ZDF-Mediathek verfügbar sowie Teil des Angebots von Netflix. Die Komplette Serie gibt es außerdem auf DVD.
Fazit: Rasante dritte Staffel der eigenwilligen Agentenserie, die inhaltlich etwas weniger überzeugt als die ersten beiden Seasons. 8 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 12. Mai 2023. Bilder: BBC America/Universal.
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