Christoph Waltz als Hauptdarsteller in einer Serie? Das muss man doch gesehen haben, wird sich der geneigte Filmfan denken. Und in der Tat: Die genauere Betrachtung lohnt. Mit kleinen Einschränkungen.
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The Consultant
Staffel 1
Thrillerserie, USA 2023. 8 Folgen à 35 Minuten. Seit 24.03.2023 bei Prime Video.
Mit: Christoph Waltz, Nat Wolff, Brittany O’Grady, Aimee Carrero u.a. Nach dem Roman von Bentley Little. Adaption: Tony Basgallop.
Na wer ist der denn nun?!?
Der Firmeninhaber eines Herstellers für Smartphone-Spiele wird erschossen. Wie geht es mit dem Unternehmen weiter? Erbt es die Mutter des Toten? Die Mitarbeitenden stellen sich viele Fragen, bis schließlich Regus Patoff (Christoph Waltz) auftaucht. Aber statt dass er die Firma abwickelt, führt er unorthodoxe Arbeitsmethoden ein, krempelt das Team um und arbeitet nicht gerade mit den modernen Methoden, die hier bisher bekannt waren. Kreativdirektorin Elaine Hayman (Brittany O’Grady) und Programmierer Craige Horne (Nat Wolff) haben besonders viel Kontakt zu Patoff, und entwickeln jeweils ihre eigene Beziehung zu ihm. Und natürlich wollen sie herausfinden, was ihn antreibt und wer er wirklich ist. Die Nachforschungen sind zunächst weniger erfolgreich, Richtung Ende der achten Folge wird aber mehr und mehr klar, wer Patoff wirklich ist.
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Den Zuschauer oder die Zuschauerin mitnehmen. In eine Welt, die er / sie so vielleicht nicht kennt. In eine Arbeitswelt, in der es locker und flockig zugeht, wo Arbeit eher eine Nebensache ist und scheinbar alle auf die Inspirationen ihres Chefs warten. Hierhinein entführt die Amazon-Serie „The Consultant“ die Zuschauerinnen und Zuschauer. In wenigen Minuten wird die Spielefirma CompWare vorgestellt, sicher kommt da der Gedanke: So würde auch ich gerne arbeiten. Ein lauter Knall reißt dann aus diesen Phantasien heraus, als der Chef erschossen wird. Und an ein Aufatmen ist ebenfalls nicht zu denken, als Christoph Waltz durch die Glastür das Unternehmen betritt, denn klar ist bei der Wahl dieses Schauspielers sofort: normal wird’s nicht.
Dass mit Regus Patoff irgendetwas nicht so ganz stimmt, darf an dieser Stelle als einziger echter Spoiler verraten werden, denn eine Szene ist schon relativ am Anfang zu sehen, nicht lange, nachdem sich Patoff vorgestellt hat. Die Kamera schwenkt auf eine Kiste, auf der an der Seite „Reg. U.S. Pat. Off.“ zu lesen ist. Die Abkürzung steht für „Registered in the United States Patent and Trademark Office“ und findet sich auf den verschiedensten Gütern, die über ein in der Patentbehörde der Vereinigten Staaten eingetragenes Patent verfügen. Ein zufällig ausgedachter Name also?
Kreativdirektorin Elaine Hayman (Brittany O’Grady) und Programmierer Craige Horne (Nat Wolff)
Viele Anzeichen gibt es, dass Patoff kein gewöhnlicher Mensch sein kann. Warum mag er die Treppe nach oben nicht laufen? Und wenn er es doch tut: Warum knirschen die Glasplatten unter ihm im modernen Bürobau? Wieso verschwindet er immer im Keller der Softwarefirma? Und wieso nutzt er, bis auf ein Smartphone, eigentlich keine moderne Technik, die Personalakten sind Schreibmaschinen-getippt.
Über die schauspielerischen Qualitäten von Christoph Waltz muss an dieser Stelle sicher nichts zusätzlich erwähnt werden. Es dürfte kaum einen Schauspieler geben, bei dessen Auftritten sehr schnell ein zumindest leichtes Schaudern bei Betrachterin oder Betrachter auftreten kann. Somit lebt „The Consultant“ insbesondere von den weiteren Rollen. Zwar läuft hier viel Personal herum, lediglich vier Darsteller aber wären für das Kammerspiel eigentlich nötig. Neben den bereits genannten, die ihre Sache sehr gut machen, ist noch Aimee Carrero dabei, die Patti spielt, die Freundin von Programmierer Craig Horne. Die um sie herum konstruierte Geschichte, dass Craig unbedingt für die geplante Heirat zum Katholizismus konvertieren soll, nervt zunächst, macht aber vom Ende her betrachtet schon Sinn.
Regus Patoff (Christoph Waltz) auf der Treppe.
Ja, das Zuschauen macht echt Spaß. Und natürlich wird am Ende erwartet, dass eine Auflösung kommt. Das die Theorien, die sich sieben Folgen lang im eigenen Gehirn etabliert haben, endlich bestätigt werden. Leider, und das ist das große Manko der Serie, bleibt gerade das aus. Die Macherinnen und Macher trauen sich nicht, vollständig aufzulösen. Dabei liegt alles eigentlich auf der Hand. Dennoch wären zumindest ein paar Erklärungen wünschenswert und nötig gewesen.
Fazit: „The Consultant“ ist eine Satire auf das moderne Büroleben. Kleinere Lacher, aber auch ein bisschen Nervenkitzel inklusive. Die Besetzung passt, kaum eine Rolle konnte Christoph Waltz bisher derart gut ausfüllen. Wäre da nicht Folge 8, die der Serie eine absolute Top-Bewertung kostet. Dennoch: sehenswert! 8 von 10 Punkten.
Johannes Michel, 4. April 2023. Bilder: Amazon Studios.
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