The Great: Staffel 3

Nach dramatischen Wendungen sieht sich Zarin Catherine von Russland (Elle Fanning) mit großen neuen Herausforderungen konfrontiert. Ihr Ehemann (Nicholas Hoult) ist da meist keine große Hilfe. Mit Staffel 3 wird die von Tony McNamara erschaffene und überwiegend geschriebene Historiensatire The Great leider vorzeitig beendet.

The Great: Staffel 3 (The Great: Season 3)
Historiendrama/Satire UK, USA, Australien 2023. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 10 Folgen. Gesamtlänge: ca. 550 Minuten.
Mit: Elle Fanning, Nicholas Hoult, Phoebe Fox, Belinda Bromilow, Gwilym Lee, Charity Wakefield, Adam Godley, Douglas Hodge, Bayo Gbadamosi, Florence Keith-Roach, Freddie Fox, Grace Molony, Henry Meredith u.a. Idee: Tony McNamara.



Chaos und Fortschritt

Nachdem Catherine (Elle Fanning), Zarin von Russland, mitbekam, dass ihr Ehemann Peter (Nicholas Hoult) etwas mit dem Tod ihrer Mutter zu tun hatte, reagiert sie voller Zorn. Nun hat das ungleiche Paar die Konsequenzen erst einmal zu verdauen. Zudem muss die junge, ambitionierte Monarchin weiterhin lernen, was es heißt ein riesiges Reich zu beherrschen. Dabei sind ihr vor allem Peters Tante Elizabeth (Belinda Bromilow) und Erzbischof Archie (Adam Godley) behilflich. Im Bestreben, aus Russland ein modernes, fortschrittliches Land zu machen, hat Catherine das Nakas ins Leben gerufen, eine Versammlung zur Gesetzgebung, in welcher jeder Mensch aus dem Volk angehört werden soll. Diese und andere Pläne der Zarin sorgen am Hof für Unmut. Unterdessen schmieden einige Adelige Pläne gegen die Herrscherin. Und auch das vor Ort im Exil lebende schwedische Königspaar Hugo (Freddie Fox) und Agnes (Grace Molony) hofft mit russischer Hilfe das eigene Land aus den Händen der Revolutionären zurückzuerobern…

Mit dem Titelzusatz bzw. der Tagline „An Occasional True Story“ hatte der australische Dramatiker, Autor, Produzent und Regisseur Tony McNamara (u.a. Drehbuchautor der von Yorgos Lanthimos inszenierten Filme The Favourite [2018] und Poor Things [2023], Kinostart: 18. Januar 2024) seine Historiensrie The Great versehen, um unmissverständlich klarzumachen, dass die Produktion des US-Streamingdienstes Hulu keinerlei Wert auf geschichtliche Genauigkeit legt. Vielmehr stehen hier die absurden Verhältnisse in einem absolutistischen Großreich und die Versuche einer aufgeklärten Herrscherin, diese Reich in einen modernen Staat umzubauen, im Mittelpunkt. Mit beißender Satire begegnen McNamara und sein Autor*innenteam den degenerierten Auswüchsen des dekadenten Zaren sowie der verzogenen Adeligen und ihrem auf dem Rücken anderer ausgelebten Luxus auch in Staffel drei.

Zu Anfangs bezog die Serie natürlich ihren Humor aus den klaffenden Gräben zwischen den aufgeklärten, aber romantisierten Vorstellungen der jungen Zarin und den niederschmetternden tatsächlichen Zustand in Russland. Catherines Kampf für die Transformation eines besseren Staates für alle bildete den roten Faden der Handlung. Am Ende des dritten Jahres ist dieser noch lange nicht zu Ende, auch wenn das Szenario in den Folgen 21 bis 30 iinhaltlich stark vorangetrieben wird. Da erscheint es umso ärgerlicher, dass Hulu den Stecker gezogen hat. Dass hinter The Great keine kostengünstige, sondern eine überaus hochwertige Produktion steckt sieht man vor allem an der detailreichen Ausstattung von Francesca Di Mottola und den opulenten Kostümen von Sharon Long.

Davon abgesehen brilliert die Serie mit einem komplexen und spannenden Figurenensemble, verkörpert von starken Schauspieler*innen. Elle Fanning (Maleficent: Die dunkle Fee, The Neon Demon, Mary Shelley) macht als Catherine in Season 3 fast die gesamte Bandbreite an Emotionen durch und überzeugt als nimmermüde Reformerin am Minenfeld des russischen Zarenhofes. Ihr kongenialer Gegenpart Nicholas Hoult (X-Men-Filme, Tolkien, Renfield) vollbringt das Kunststück, seinen Zar Peter sowohl hassens- als auch liebenswert zu gestalten. Auch die weiteren Akteure können das hohe Schauspielniveau der ersten beiden Jahre halten, vor allem Belinda Bromilow (McNamaras Gattin) als scheinbar verrückte, aber gleichzeitig intelligente Tante Elizabeth, die über viel politisches Kalkül verfügt. Ähnlich stark agieren Gwilym Lee (Bohemian Rhapsody) als Peters loyaler bester Freund Grigor, Adam Godley (A Young Doctor’s Notebook) als von seinen niederen Bedürfnissen zerrissener Erzbischof, Phoebe Fox (The Aeronauts) als Catherines in Ungnade gefallene Vertraute Marial, Douglas Hodge (Penny Dreadful) als versoffener General Velementov und Charity Wakefield (Wölfe) als Georgina, die scheinbar vom Geist der Aufkllärung transformiert wurde. In den Vordergrund spielen kann sich auch der junge Henry Meredith als Marials 11jähriger Cousin Maxim.

Inhaltlich pendelt Staffel 3 zwischen sich allmählich herausbildendem Fortschritt bei Catherines Bemühungen und totalem Chaos. Für letzteres ist auch der ebenfalls von Nicholas Hoult verkörperte Peter-Doppelgänger Pugachev verantwortlich, der eine Revolte gegen die Zarin anführt. Ein schockierendes Ereignis in der Mitte der Season bringt den Charakteren ein unerwartetes Tief und mischt die Karten neu. Das macht die Tatsache, dass es nicht weitergeht, umso schmerzlicher. Dennoch ist und bleibt The Great  aus meiner Sicht eine der besten Serien der noch jungen Dekade.        

Die komplette dritte Staffel von The Great ist seit dem 14. Juli 2023 Teil des Angebots der Streaminganbieter MGM+ (über Amazon Prime Video) und Apple TV+.

Fazit: Auch im dritten und bedauerlicherweise letzten Jahr erweist sich The Great als überaus abwechslungsreiches, schwarzhumorig-makabres, absurd-komisches und brillant gespieltes Historien-Lustspiel. 9 von 10 Punkten.



Elizabeth, Catherine und Lehrerin Katya
Winter in Russland
Georgina und Grigor



Marius Joa, 9. Dezember 2023. Bilder: Hulu/MGM/Paramount.


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